Montreal in Kanada hat eine ganz eigene, außergwöhnliche Musikszene mit einer sehr florierenden Underground-Kultur. Leslie Feist kommt aus Montreal, Chille Gonzales und Backxwash ebenso, und eben auch Broken Social Scene und Godspeed You! Black Emperor. Aus den beiden letzteren setzt sich das äußerst faszinierende Duo All Hands_Make Light zusammen – namentlich aus Ariel Engle (La Force, Patrick Watson, Broken Social Scene) und Efrim Manuel Menuck (Godspeed You! Black Emperor, Thee Silver Mt. Zion). Beide sind langjährige Freunde und Urgesteine der Montrealer Post-Punk-Gemeinde. Mit AH_ML vereinen diese beiden einzigartigen Stimmen ihre gemeinsamen musikalischen Wurzeln zu einer Art elektronischem Shoegaze: Weird-Folk trifft auf kosmische Musik, Darkwave auf Post-Industrial und gebiert ein ganz eigenes, genresprengendes Songwriting.
All Hands_Make Light
Darling The Dawn
Veröffentlicht: 21. April 2023
Label: Constellation Records
Lie Down In Roses Dear
Lie Down In Roses Dear
„Darling The Dawn” ist ein fesselndes Album zwischen ambientem Minimalismus, Traditionals und schwebenden Drones mit sphärischen, entrückten Klanglandschaften. Auf dem Album gibt es keine erkennbaren Gitarren oder akustischen Instrumente. Warme, verzerrte Synthesizer, zusammen mit der durch Effektgeräte gejagten Geige von Jessica Moss, die das Duo unterstützt, bestimmen den weichen, wabernden Sound. Und während die Instrumentierung außerhalb jeglicher Zeit schwingt, scheint der Gesang tief in alt bekannten Traditionals verwurzelt zu sein. Engle sagt über ihre Musik, sie sei von ihren Vorfahren inspiriert — wörtlich: „Seemannslieder für Meere, die wir nie befahren haben”. Die gewaltigen 10-Minuten-Hauptstücke, „We Live On A Fucking Planet And Baby That’s The Sun” und das motorisch getriebene „The Sons And Daughters Of Poor Eternal”, gehören auch dank des großartigen Schlagzeugspiels von Gastmusiker Liam O’Neil (Suuns) zu den stärksten Tracks des Albums, wobei mir persönlich auch der mäandernde, meditative Drone-Song „Lie Down In Roses Dear“ mit Engles — verzeiht dieses Wortspiel — engelhaft entrücktem Gesang und der wunderbar sägenden Geige besonders gut gefällt. Und ja, „Darling The Dawn” klingt tatsächlich wie die Summe aller guten Bands, an denen Engle und Menuck beteiligt waren und sind — Post-Rock, Drone, Shoegaze, Freak Folk, Krautrock, Ambient und was auch immer. Dabei ist dieses Album bei Weitem nicht beliebig, sondern in sich sehr homogen und rund. Schade, dass es wahrscheinlich nur in einem kleinen, bescheidenen musikalischen Zirkel Anerkennung finden wird. Es hätte größere Aufmerksamkeit verdient.