Wonderful Life
Die aus Berlin stammende Band Voodoo Beach existiert schon seit ein paar Jahren in unterschiedlicher Besetzung. Schlagzeugerin Josephine Oleak und Bassist John‑H. Karsten bleiben dabei konstant als eingespieltes Rhythmus-Duo. Im Jahr 2020 stieß Sängerin und Gitarristin Heike Marie Rädeker zu den beiden, vorher spielte sie bei der deutsch-dänischen Noise-Rock-Band 18th Dye – da sang sie noch auf Englisch und groovte mit ihrem Bass. Zu dritt suchten sie einen Neuanfang, schrieben neue Songs, arrangierten das alte Material um und veränderten so hörbar ihren Stil – die Texte sind nun auf Deutsch und Rädeker spielt die Gitarre so wie damals ihren Bass, mit vielen Rückkopplungen, rhythmisch und schön noisy.
Textausschnitt aus „Fremde Fenster”Alles, was mir lieb und teuer ist / unter Dach und Fach
Ich träume nie / das Gleiche zweimal
Da bleib ich lieber wach
Nun präsentieren Voodoo Beach mit „Wonderful Life” ihr Debütalbum – eine gelungene Mischung aus Indie-Rock, Jangle Pop und Neo-Psychedelia, aber auch jeder Menge NDW. Der Sound klingt dabei schwer nach den düsteren Eighties, entsprechend beklemmend und finster startet das Album mit „Fremde Fenster“ – einem Track, der zunächst mit einer klaren, ruhigen Gitarrenmelodie startet und schon bald von einem treibenden Drum-Rhythmus begleitet wird, ehe sich die schleppende, klagende Stimme von Heike Marie Rädeker rauchig erhebt und sich die Instrumentierung zu einer postpunkigen, melodiösen Kakophonie steigert.
Ein guter, vielversprechender Einstieg! Ruppig-nervös, lauter und drängender geht es mit dem Verweigerungssong „Nein“ in bester NDW-Manier weiter – unweigerlich kommen einem die ganz frühen Ideal in den Sinn. Verweigerung ist auch bei dem dann folgenden Hammertrack „Die Hand“ Thema – ein Song, der durch seine düstere, aggressiv vorgetragene Lyrik und den treibenden, harten Beat besticht. Hierzu gibt es auch ein sehr passendes, komplett in Schwaz-Weiß gehaltenes Video. Klarer Gitarrensound, schlurfender Rhythmus und schwebende Vocals überzeugen bei „Meine Freunde“ – irgendwie ein bißchen Velvet Underground mit einem weiblichen Lou Reed. „Immer Noch“ wirft einen ganz unkonventionellen Blick auf eine Trennung und kommt wunderschön poppig daher.
Songs für die Ewigkeit?
Der Track „23“ überraschst dann als reines Fieldrecording: Fast eine Minute erklingt lediglich Vogelgesang mit zarten Hintergrundgeräuschen, keine Instrumentierung, kein Gesang – eine kurze, kleine Andachtsminute für alle, um gleich danach das „Wonderful Life“ zu beschwören, ein stark NDW-beeinflusstes Duett zwischen Sängerin Rädeker und John Moods, Sänger der Berliner Band Fenster. Ein schiefer, einlullender Refrain verdeutlicht die Ironie und den Sarkasmus, die hinter den Lyrics stecken. Mit Hendrik Otremba von der Band Messer gibt es im Folgenden noch ein weiteres tolles Duett. Ungemütlich und kalt rumpelt es im Song „Meine Seele“: „Es ist alles ganz genau so wie du sagst, ich bin desolat“. Und ganz am Ende heißt es dann im Song „Euphorie“: „Nichts bleibt für die Ewigkeit“ – sicher, aber dieses tolle, wohlklingende Album wird mich noch etwas länger festhalten.
Bleibt zu bemerken, daß Voodoo Beach mit ihrem Bandnamen zunächst ziemlich in die Irre führen, überraschen sie doch mit einer Vielzahl von Einflüssen und traumwandlerischen Melodien. Aber Voodoo ist für seine Anhänger*innen eine gewaltige, lebendige Kraft, die ihr tägliches Leben bestimmt. Und irgendwie passt es dann doch.