ZAHN
5. März 2024 • Bumann & Sohn, Köln
Eigentlich wollte ich mir die australische Band Psychedelic Porn Crumpets ansehen, die Berliner ZAHN wäre da die Vorband gewesen. Aber das Konzert war schnell ausverkauft und letztendlich mußten die Crumpets aus Krankheitsgründen dann komplett absagen. Jetzt also drei Tage später spielt ZAHN im Buman & Sohn. Auch gut, ich liebe diesen Club.
Wir brauchen Bass, ’türlich, Digga
Auch ZAHN haben eine Vorband, pünktlich um acht betritt sie Bühne: Sie kommt aus Köln und nennt sich Octo — ist Lateinisch und steht für die Zahl Acht. Schräg, auf der Bühne tauchen nur drei Musiker auf. Schräg auch das Line-Up: Ein Schlagzeuger (Guido Karnstedt) und zwei Bassisten (Torben Feck und Tobias Göbel). Schnell wird auch klar, es wird nicht viel kommuniziert, weit und breit ist kein Mikro zu sehen. Entsprechend der Besetzung geht es auf der Bühne dann brachial und hart zu. Tiefergelegtes, erdiges Metal im Mid-Tempo mit einer kräftigen Ladung Math-Rock – laut, präzise und dynamisch präsentiert. Die Tracks tragen dabei Namen wie „Ihre Idole Sind Lügner“ oder „Kanarienvoegelnerven“ – genau kann ich das aber nicht sagen, wurden ja nicht angekündigt. Nach einer vierzigminütigen Show folgt eine kleinere Umbaupause und dann betreten ZAHN die Bühne.
Reduzierung aufs Wesentliche
Die Musiker von ZAHN sind keine ganz Unbekannten. Schlagzeuger Nic Stockmann und Bassist Chris Breuer kennt man von der Noiserock-Formation Heads, während Gitarrist Felix Gebhard mit Solo-Projekten und als Tour-Keyboarder bei den Einstürzende Neubauten unterwegs ist. Im Bumann wird das Intrumental-Trio sein aktuelles Album „Adria“ vorstellen. So sind auch die ersten beiden Live-Tracks die ersten auf ihrem Album: „Zebra“ und „Zehn“. Fast alle Track sind ähnlich aufgebaut – sie beginnen wunderbar krautig, voller Schönheit und Zerbrechlichkeit pluckern sie dahin, aber unweigerlich, man ist unterschwellig darauf vorbereitet, folgt ein heftiges Noise-Gewitter, gern auch breitbeinig und prollig. „Apricot“, der dritte Track ihres Live-Sets, ist ein Paradebespiel. Anfangs wippt und schwingt man zu sphärisch flirrenden Beats und steht dann nach diesem zarten Intro unvermittelt in einem harten Riffgewitter. So entstehen Assoziationen, die eigentlich nicht zusammenpassen, zum Beispiel NEU! und Melvins oder Tortoise und Metz. ZAHN sind definitiv ungewöhnlich, nicht weil sie komplett auf Vocals verzichten, sondern wegen ihrer eigenartigen Synthese aus klapprigen Elektrobeats und analogen Synthiesounds gepaart mit wunderschönen Gitarrenmelodien und harschen Noise- und Hardrock-Orgien. Dabei sind die Live-Tracks deutlich ausufernder und rauher als auf dem Album. Der Sound ist sauber und fein konturiert, wunderbar abgemischt und geradezu perfekt für diese brachiale Musik.Den Schluss der Show bestreitet „Schmuck“, klagend und sägend beginnend, später um melodische Gitarrenakkorde erweitert, das schließlich im brachialen Kraut-Rock-Stakkato wegfaded. Und bei Post-Rock-Konzerten ja mittlerweile State-of-the-Art, vereinsamt am Ende die Gitarre allein auf dem Bühnenboden zu einem langen Feedback. Zugaben gibt es keine, dafür nimmt Gitarrist Gebhard doch noch ein Mikro in die Hand – für eine freundliche, warme Verabschiedung: „Vielen Dank an Bumann und Sohn und Töchter, dank an euch alle… Kommt gut nach Hause in dieser bestreikten Nacht.“
Für mich ist der Streik der ÖPNVs kein Problem. Gemächlich treibe ich in meinem Auto durch die Nacht zurück nach Düsseldorf. In mäßiger Lautstärke begleitet von Steve Gunns Album „Eyes On The Lines“ – Songs ideal für nächtliche Autofahrten und dann auch noch mit seichten Vocals.