Die britische Pop-Sängerin und Songwriterin Nadine Petra Katarina Shah wird am 16. Januar 1986 in Whitburn geboren. Ihre Mutter hat norwegische Wurzeln, ihr Vater stammt aus Pakistan. Bereits mit 16 Jahren zieht es sie nach London. Zunächst bringt sie ihre Zeit in kleinen, verrauchten Clubs durch und lauscht den dort auftretenden Künstler*innen, aber schon bald erspielt sie sich selbst eine immer größere Fan-Gemeinde in eben jenen Clubs. Dabei trifft sie auch auf den Produzenten Ben Hillier, der bereits mit Industrie-Giganten wie Depeche Mode, Blur und den Smashing Pumpkins zu tun hatte. Gemeinsam nehmen sie eine recht erfolgreiche EP auf. Im Juli 2013 erscheint dann, ebenfalls produziert von Ben Hillier, ihr Debüt-Album „Love Your Dum And Mad“, auf dem sie ihre Trauer thematisiert, nachdem sich zwei Freunde das Leben genommen haben. Das zweite Album „Fast Food“ kommt im April 2015 auf den Markt, damit setzt sie mit Ben Hillier den eingeschlagenen Weg konsequent fort. Kurz zuvor war Shah als Gastmusikerin am Album „Shedding Skin“ von Ghostpoet beteiligt. Ihr drittes Werk „Holiday Destination“ erscheint im August 2017, gefolgt vom vierten Studioalbum „Kitchen Sink“ aus Juni 2020.
Nadine Shah
Filthy Underneath
Veröffentlicht: 23. Januar 2024 Label: EMI/Universal
Knowing that nothing is a better option than me Betrothed and betrayed / Divorced and behaved Cure it, cure me / Poor little Geordie Sink a dagger right through me
Textausschnitt aus „Sad Lads Anonymous”
Auch auf ihrem fünften Album gelingt es der britischen Sängerin, mit ihrem eingängigen Avantgarde-Pop eine ungeheuer dichte, beruhigende und hypnotisierende Atmosphäre zu erzeugen, und dennoch ist es ein eher düsteres Album, bei dem es unter der glitzernden Oberfläche oft ordentlich grummelt und kracht. Kein Wunder, denn die letzten Jahre waren für die Künstlerin entsetzlich: Zusätzlich zu einer globalen Pandemie verlor sie ihre Mutter, die unheilbar an Krebs erkrankte, unternahm einen Selbstmordversuch, ging in die Reha und ließ sich scheiden.
Voller Abgründe und dennoch optimistisch
All das fließt direkt in ihre neueste Platte ein, die wiederum mit Co-Autor und Produzent Ben Hillier entstanden ist. Und dennoch findet man jede Menge Schönheit, Humor und sogar Freude darin – beispielsweise in dem Spoken-Word-Track „Sad Lads Anonymous“, in dem Shah selbstironisch eingesteht „This was a dumb idea, even for you“, um sich dann im Anschluss an Geschichten aus „dem Irrenhaus“ und ihre vorangegangenen Verirrungen zu erinnern. „Topless Mother“ beschreibt den Versuch einer unfähigen Therapeutin, ihr zu helfen. Und auch hier blitzt ihr unerschütterlicher Humor auf, wenn sie singt; „I want to be / Inside your mind / Your topless mother is hidden in mine”. In dem intensiv, stampfenden „Greatest Dancer“ beschreibt sie wohl den Abschied von ihrer sterbenden Mutter: „Terrifying she is shimmying over / I’m scared to look / So sublime, she is towering over / My eyes wide shut”. „See My Girl“ kommt soft, leicht schleppend mit einem trägen Elektro-Beat daher, ihr Gesang steht hier im Mittelpunkt. Die Lyrics beschreiben die Gefühle, die Shah beim Betrachten der Bilder von sich und ihrer Mutter empfindet. Im Schluss-Track „French Exit“ spricht sie offen, aber nicht übermäßig traurig über ihren Selbstmordversuch. So fallen manche Texte düster, wütend oder schmerzerfüllt aus, andere sind bissig, lustig und lebendig, dabei greift sie bei all ihren Songs auf die großartigen Sounds der 80er Jahre zurück. Auf diesem Album findet die Sängerin nach all ihren Schmerzen und Tragödien wieder zu sich selbst.