Arab Strap ist eine schottische Indie-Rock-Band, die sich 1995 in Falkirk, Schottland gründet. Im Kern besteht die Band aus Sänger Aidan Moffat und Multiinstrumentalist Malcolm Middleton (u. a. Gitarre, Bass, Piano). Ihr Debütalbum „The Week Never Starts Round Here“ erscheint im Jahr 1996 über Chemikal Underground (Mogwai, Emma Pollock, Roky Erickson). Schon ihre erste Single aus 1996, „The First Big Weekend“, ein Spoken-Word-Abriss über ein verregnetes Frühsommerwochenende und die EM-Niederlage Schottlands gegen England, mausert sich auf der Insel zu einem veritablen Indie-Hit. Später vermarktet Guinness mit diesem Song seine Marke. Wie auf dieser Single trägt Aidan Moffat seine Lyrics zumeist in seinem typisch rhythmischen Sprechgesang vor, sein hervorstechender Akzent wird schnell zum Markenzeichen der Band. Malcolm Middleton beschrieb den Sound der Band einmal als „Popmusik für Menschen, die Popmusik hassen“. 2006 ist dann erst einmal Schluss mit ihrem Projekt. Im Juni 2016 allerdings kündigen Moffat und Middleton ihre Rückkehr anlässlich des 20-jährigen Jubiläums an. Sie absolvieren einzelne Auftritte in London, Manchester und Glasgow, zudem präsentieren sie mit „The First Big Weekend Of 2016“ eine neue Version ihrer Debütsingle, und 2021 kommt tatsächlich mit „As Days Get Dark“ wieder ein neues Studioalbum heraus. Und woher kommt der Name Arab Strap? So bezeichnet man im Allgemeinen ein Penis-Geschirr zur Erektions-Unterstützung oder auch einen Cockring — das waren anfangs auch die Hauptthemen der Band: Liebe, Sex, Alkohol, und Eifersucht zumeist in ihrer negativen, traurigen Konnotation.
Arab Strap
I’m totally fine with it 👍 don’t give a fuck anymore 👍
Veröffentlicht: 10. Mai 2024
Label: Rock Action
Textausschnitt aus „Allatonceness”
They’ve got your attention
The groomers and griftеrs, and they’ve all done thеir own research
They’ve got your attention
Antagonized fanboys, while Nazis and rapists sell merch
Nach ihrem von der Kritik gefeierten britischen Top 20-Album „As Days Get Dark“ veröffentlicht Mogwais Label Rock Action das zweite Album nach dem 16-jährigen Ruhestand der Schotten. Und das muss man erst einmal bringen, einen Albumtitel der lautet: „I’m totally fine with it 👍 don’t give a fuck anymore 👍“. Nicht nur, dass er ungewöhnlich lang geraten ist, auch boomermäßige Emojis sind enthalten. Aber Malcolm Middleton und Aidan Moffat sind schon so lange erfolgreich im Geschäft, da kann man allen mal den ausgestreckten Mittelfinger zeigen. Was die beiden Herren so wütend macht, hat sich allerdings ein wenig verschoben: Nicht mehr jugendliche Themen wie Liebe, Sex und Alkohol führen zur Verzweiflung, man ist von größeren, gesellschaftlichen Themen angepisst. Textlich bleibt auch „ITFWIDGAFA“ düster aggressiv. Gleich im lärmigen, gitarrenlastigen Opener „Allatonceness“ beschimpft man genervt Schwurbler und Nazis, Brandstifter und Trittbrettfahrer und wütet über die bedrohliche Verrohung der Gesellschaft. Der Songtitel spielt auf die Theorie „All-at-once“ von Marshall McLuhan an. Er beschreibt mit dem Begriff „Allatonceness“ den allgegenwärtigen Einfluss des digitalen Zeitalters, aus dem sich die allgemeine Konformität einer Welt ergibt, die mit sich selbst infiziert ist. Als Brandbeschleuniger benennt Moffat das Internet mit seinen Social-Media-Plattformen, auf dem Hater und Trolle genüsslich ihre Kulturkriege entfachen. Das folgende „Bliss“, eine stampfende Elektro-Pop-Nummer, arbeitet sich an der toxischen Männlichkeit ab, der Frauen im Netz permanent ausgesetzt sind. Der Track endet mit der vernichtenden Erkenntnis: „We built another world / But history and hate prevail.“
Nach 28 Jahren immer noch relevant
Und auch der „Sociometer Blues“ mit seinen großartigen Drums und zarten Klavier-Licks nimmt die süchtig machenden sozialen Medien aufs Korn, bestens vernetzt, bleibt man dennoch einsam. Wie die Tote, um die Moffat in der tieftraurigen Ballade „Safe & well“ eindringlich trauert. Trotz Maden im Mietshaus scheint sich niemand für die verwesende Nachbarin zu interessieren: „But my neighbours could see, my neighbours could smell, they flicked away maggots and flies.“ Und so zählt Pessimist Moffat in seinem so typischen, breiten schottischen Sprechgesang all die Dinge auf, die ihn nerven und fertigmachen. Passend endet das Album dann auch mit dem Track „Turn Off the Light“ und sarkastisch heißt es hier „wer braucht Familie, wer braucht Freunde? …Ich habe jetzt meine Leute gefunden” – und er meint damit natürlich all die virtuellen Gestalten, die sich im Netz austoben. Bei aller Düsternis ist das Album voller kleiner Popsongs mit viel Drive und Dynamik, manchmal melodisch genial, immer mit einer gehörigen Portion Melancholie. Dazu kommen die typischen Post-Rock-Soundscapes, subtile Elektronik, klickende Drum-Beats und natürlich Moffats unvergleichlicher halb gesungener, halb gesprochener Gesang. Entstanden ist das ausschließlich von Middleton und Moffat geschriebene und eingespielte Album wieder in Zusammenarbeit mit Produzent Paul Savage (The Delgados). Mit „ITFWIDGAFA“ beweist das Slow-Core-Duo einmal mehr, dass Arab Strap auch 28 Jahre nach ihrem Debüt noch relevant und wichtig sind.