Timber Timbre
29. Juli 2024 • ZAKK, Düsseldorf
Es ist lange her, dass ich die kanadische Band Timber Timbre um Mastermind Taylor Kirk in Köln live gesehen habe. Um genau zu sein: am 14. April 2017 spielte das Trio im Luxor und hatte das aktuelle Album „Sincerely, Future Pollution“ im Gepäck. Eine Art verlangsamter Rock’n’Roll mit Spuren von Folk, Country und Blues – schön düster und verschleppt. Denn Kirk ist der Meinung, dass „man die aufrichtigsten Songs dann findet, wenn man an den Rand der Dunkelheit vorstößt.“ Ich habe es eigentlich als ein gutes Konzert abgespeichert, obwohl das Röhrensystem in dem Club bei den basslastigen Songs damals nahezu unerträglich schepperte. Jetzt besteht die Gelegenheit zu überprüfen, ob die Kanadier auch heute noch überzeugen, wobei ihr aktuelles Album „Lovage“ ein wenig uninspiriert daherkommt und sich mir noch nicht so richtig erschlossen hat. Der Ausschlag doch hinzugehen, kommt letztlich von Urs. Ich betrachte es also mehr als soziales Event und live kommen die Tracks ja immer anders als aus der Konserve. Also stehen Urs, Thomas, Axel und ich pünktlich um 20 Uhr im ZAKK.
Sounds aus dem Roadhouse
Als Support haben sich die Lokalmatadoren „Cat & Mauss“ angekündigt. Torsten Mauss kennt man auch als Solo-Künstler TG Mauss. Das Duo — bestehend aus Romana Lezaic und Torsten Mauss, die auch im echten Leben ein Paar sind — startete sein musikalisches Projekt in Zeiten des Lockdowns und hat mittlerweile seinen ganz eigenen Style gefunden. Der ist zwar nicht ganz neu, aber die lässige, nonchalante Version ihrer Interpretation von psychedelischem Americana ist einfach umwerfend. Sie präsentieren Tracks aus ihrem aktuellen Album „Tales from the desert, tales from the sea“ und wurden kurzfristig für diesen Act gebucht. Zumeist kommen die zarten Vocals von Romana Lezaic, aber auch Mauss übernimmt gelegentlich den Gesang wie bei dem unglaublichen „Stay All Night“, das sich ganz leicht in die Gehirnwindungen einschleicht und dort mit seinem ganz eigenen Vibe und Flow noch auf dem Nachhauseweg nachhallt. „The Lioness and the Serpent“ ist ein weiterer wunderbare Americana-Slowcore. Es sind verträumte sehnsüchtige Songs, die direkt aus der trockenen Wüste New-Mexicos zu uns rüberwehen. Irgendwann meint Urs, er fühle sich wie im Roadhouse von Twin Peaks, es fehle nur der rote Vorhang. Und trifft damit die Stimmung in dem kleinen Club auf den Punkt. Leider gewährt man einer Support-Band keine Zugabe. Das Publikum hätte es gern gesehen.
Vocals aus der Gruft
So aber wird die Bühne um die beiden vorderen Podeste verkleinert und wenig später begeben sich Bassist und Sänger Taylor Kirk, Drummer Trottier und Mika Posen an den Keyboards an ihre Plätze und werden diese auch fortan nicht mehr verlassen. Denn, wie gesagt, die Bühne wurde verkleinert und gewährt keinen Raum für größere oder kleinere Moves. Es wird eine statische, eintönige Performance. Auch auf große Lichteffekte wird gänzlich verzichtet. Die Bühne bleibt eingetaucht in ein blutrotes Licht und echt dunkel ist es da vorne auf der Bühne. Aber das passt zum tiefdüsteren Sound. Timber Timbre spielen ihr neues Album „Loveage“ fast komplett, wobei sie erwartungsgemäß mit dem instrumentalen Präludium „800 Pristine Corpses“ ihr Set beginnen. Leicht stampfend folgt „Mystery Street” und düster geht es weiter, wenn Kirk mit dem nächsten Song „Ask the Community“ fragt „Don’t you wanna see a dead body?“. Im Live-Set wirken ihrer Songs dringlicher und dichter, sind aber deutlich sparsamer instrumentiert als in ihren Studioversionen. Auch das zynische „Sugar Land“ – ein pervertiertes Cover des Ronettes-Klassikers „Be My Baby“ – darf in diesem Reigen nicht fehlen. Wichtigstes Instrument bleibt bei allem Kirks sonore Stimme. Irgendwann stelle ich fest, dass ich allein in der Menge stehe. Urs und Thomas sitzen draußen vor der offenen Club-Tür und trinken genüsslich ihr Bier. Ich setze mich dazu und gemeinsam lauschen wir der Musik und genießen den lauen Abend. Nein, es ist nicht wirklich schlecht, was da gut hörbar zu uns rüber schallt – aber der berühmte Funke will einfach nicht überspringen, geschweige denn zünden.
Ende gut, alles gut
War’s also ein misslungener Konzertabend? Mitnichten! Wir sind uns einig: Wir haben uns bestens unterhalten und fühlen uns auch musikalisch nicht betrogen… Später auf dem Fahrrad taucht wieder diese unverschämt leichte Melodie in meinem Hirn auf. „Stay All Night“ – ich denke, das wird sie auch tun.