Osees ist eine amerikanische Garage-Punk-Rockband, die 1997 in San Francisco, Kalifornien, gegründet wurde und heute in Los Angeles beheimatet ist. Hervorgegangen ist die Band aus dem einstigen Freak-Folk-Soloprojekt von John Dwyer. Im Laufe der Jahre hat sich das Bandprojekt nicht nur musikalisch immer wieder neu orientiert, neben zahlreichen Besetzungsänderungen wechselte die Band auch ständig ihren Namen, von Orinoka Crash Suite über OCS zu Thee Oh Sees, Oh Sees und nun Osees. Einzige Konstante bleibt Frontmann Dwyer. Die aktuelle Besetzung besteht aus den langjährigen Mitgliedern Tim Hellman (Bass), Dan Rincon (Schlagzeug), Paul Quattrone (Schlagzeug) und Tomas Dolas (Keyboards). Bei all diesen Veränderungen ist es schwer, einen Überblick über alle Veröffentlichungen der Formation(en) zu behalten. Es werden so um die 28 Studioalben, zwei Live-Mitschnitte und acht EPs sein, dazu kommen einige Compilations und zahlreiche Singles. Zu dem Spiel mit dem Bandnamen bemerkte Bandchef Dwyer einmal: „Es scheint die Presse zu ärgern, was ich großartig finde. Ich habe nichts als Verachtung für die Musikpresse.“ 2006 gründet er, um noch unabhängiger vom Musikbusiness zu sein, zusammen mit Matt Jones und Brian Lee Hughes das eigene Label Castle Face Records.
A psychovision / Terrify
Textausschnitt aus „Drug City“
I believe ‚em / Sometimes
Sacrifice / So far
Slow death / I’ll show you how
I get dizzy all the time, yeah
Am 9. August 2024 veröffentlichen die Osees mit „Score 80“ ein weiteres experimentelles Album, wirken dabei aber überraschend zugänglich. Es enthält, und auch das überrascht, ausschließlich Tracks, die komplett ohne Gitarre auskommen. Mastermind John Dwyer lässt also sein eigentliches Instrument links liegen, nimmt stattdessen zu Hause etliche Synthie-Sounds auf 4‑Spur-Tapes auf und überträgt diese zusammen mit Tom Dolas auf ein Roland SPD-SX-Sampling-Pads, um sie anschließend per Drumsticks aufzurufen. Zusammengehalten werden diese komplexen Lo-Fi-Sounds von der versierten Rhythmus-Gruppe bestehend aus dem Bassisten Tim Hellman sowie den beiden Schlagzeugern Dan Rincon und Paul Quattrone. Zusätzlich verstärkt wird das Ensemble von Cansafis Foote am Bariton- und Brad Caulkins am Tenor-Saxofon, die mit ihren Saxofonen zumeist herrlich verzerrte Drones verbreiten oder im Geist des No-Wavers James Chance ihre Instrumente quietschen, stöhnen und nörgeln lassen. Das alles klingt außergewöhnlich und enorm aufregend. John Dwyer beschreibt es selbst als „eine Art Dexy’s Midnight Runners trifft auf Von LMO trifft auf The Flesh Eaters trifft auf die Screamers, eine Art Punk-Müll. Poppig und eingängig, manchmal schwer. Irgendwie leer und vielleicht ein bisschen sci-fi im Sound. Also ziemlich heiß und roh.“ Die Texte basieren ähnlich wie der Sound aus Schnipseln und Ausschnitten. Dwyer läßt sich von dem inspirieren, was er im Vorbeigehen von Anderen aufschnappt und ihn zum Nachdenken gebracht hat, und schraubt daraus hintersinnige, humorvolle oder auch schlicht kryptische Lyrics.
Wahrscheinlich nicht alles Ernst gemeint
Das Album startet mit dem Track „Look at the Sky“ – eine überdrehte, satirische Reminiszenz an die klassischen „One, two, three, four“ Punknummern im Stile der frühen Ramones, gefolgt von „Pixelyted Moon“ mit New-Wave Grooves und punkigen Vocals im Stile Devos, und auf „Drug City“ heulen die Saxophone im Free-Jazz-Style. Das perkussive, verdrehte „Also the Gorilla“ ist mit gut vier Minuten der längste Track und gibt sich obskur: „Who don’t give a fuck? Gorilla … What do I think they really know?“ Und so hetzt man mit funky Grooves und punkigen Vocals spielfreudig durch die dreizehn Tracks dieses ungewöhnlichen Synthie-Punk-Albums. Der Wahnsinn endet sehr catchy mit „Neo-Clone“, das mit den schönen Zeilen „Staring at the bars again / Crawling on the ground again / Kicking at the gods again“ endet — was immer man sich darunter vorstellten mag. Zum Schluß noch ein Zitat von Dwyer, das einem Interview mit dem Flood-Magazin entnommen ist: „If people don’t want to listen to it, I don’t give a shit. This shit isn’t going to stop unless I’m murdered in the street or something.” Wir dürfen also auf weiteren Output des kalifornischen Musikers und seiner Mitstreiter*innen hoffen – unter welchem Namen auch immer. Die Osees bleiben eine Band, die sich ständig verändert und neue Dinge ausprobiert. Mal schauen, was da noch so kommt….
Die Osees haben zu diesem Album wieder einmal einer ihrer beliebten Live-Sessions aufgenommen, bei der die Band das gesamt Album live performt. Statt in der Wüste wie bei etwa ihren Levitation Sessions wählten sie als Location dieses Mal einen Hubschrauberlandeplatz auf einem Wolkenkratzers irgendwo in Downtown, LA. Leider fehlen dabei die beiden Gast-Saxofonisten, die auf dem Studioalbum zu hören sind. Sehenswert ist das Video, das von Delaney Schenker gedreht wurde, dennoch – nicht zuletzt wegen der hervorragenden Soundqualität und der dynamischen Inszenierung der Band.