SUMAC & Moor Mother

Durch­schnitt­li­che Lese­dauer 3 Minu­ten


SUMAC ist eine ame­ri­ka­nisch-kana­di­sche Post-Metal-Super­group, die 2014 gegrün­det wurde. Sie besteht aus Nick Yacys­hyn aus Van­cou­ver, Bri­tish Colum­bia, Brian Cook aus Seat­tle, Washing­ton und Aaron Tur­ner aus Vashon, Washing­ton. Die Band steht für eine beson­ders rohe, schwer­fäl­lige und zugleich expe­ri­men­telle Form von Metal, die Doom, Sludge und freie Impro­vi­sa­tion auf radi­kale Weise ver­schmilzt. Ihre Musik ist weni­ger Song als Pro­zess: dichte, zäh flie­ßende Gitar­ren­schich­ten tref­fen auf unvor­her­seh­bare Dyna­mik­wech­sel und erup­tive Noise-Aus­brü­che. Ihr Debüt­al­bum The Deal“ wurde 2015 über Pro­found Lore Records ver­öf­fent­licht. Bekannt ist die Band auch für ihre Zusam­men­ar­beit mit dem japa­ni­schen Avant­garde-Musi­ker Keiji Haino.

Die ame­ri­ka­ni­sche Künst­le­rin, Musi­ke­rin und Akti­vis­tin Moor Mother, eigent­lich Moor Mother God­dess („mau­ri­sche Mut­ter­göt­tin“), wurde am 19. Novem­ber 1976 in Aber­deen (Mary­land) als Camae Ayewa gebo­ren. Unter ihrem Pseud­onym macht sie einen pun­kig-elek­tro­ni­schen Rap, den sie selbst mit so unter­schied­li­chen Begrif­fen wie Black Ghost Songs“, Witch Rap“ Cof­fee Shop Riot Gurl Songs“ bezeich­net. Ihre Arbeit bewegt sich zwi­schen Spo­ken Word, Noise, Free Jazz und expe­ri­men­tel­lem Hip-Hop – poli­tisch auf­ge­la­den, poe­tisch ver­dich­tet und klang­lich unbe­re­chen­bar. Mit Pro­jek­ten wie Fetish Bones, Ana­log Fluids of Sonic Black Holes oder dem gefei­er­ten Kol­la­bo­al­bum Brass (mit billy woods) hat Ayewa sich als eine der inno­va­tivs­ten Stim­men der afro-dia­spo­ri­schen Avant­garde eta­bliert. In ihren Tex­ten ver­han­delt sie Geschichte, Trauma, Flucht, Befrei­ung – oft aus einer afro­fu­tu­ris­ti­schen Per­spek­tive. Zusam­men mit ihrer Part­ne­rin Ras­hee­dah Phil­lips bil­det sie das lite­ra­ri­sche und künst­le­ri­sche Kol­lek­tiv Black Quan­tum Futu­rism mit Sitz in Philadelphia.

SUMAC & Moor Mother, The Film

SUMAC & Moor Mother 
The Film

Ver­öf­fent­licht: 25. April 2025 
Label: Thrill Jockey


What do we return to?
Demolished homes?
Our live bombed realities
Blood thirst realities
I was running
I was running out of myself as fast as I could

Text­aus­schnitt aus Scene 2: The Run“

The Film“ ist ein radi­ka­les Album – aber das dürfte bei einer Kol­la­bo­ra­tion der Doom-Jazz-Metal-Impro­vi­sa­to­ren von SUMAC und der Spo­ken-Word-Künst­le­rin und Hip-Hop-Dekon­struk­ti­vis­tin Moor Mother ohne­hin erwart­bar sein. Und so ist The Film“ auch kein Album im her­kömm­li­chen Sinn, son­dern ein erup­ti­ves Gesamt­kunst­werk, das struk­tu­relle Strenge mit chao­ti­scher Intui­tion vereint.

Ein Album wie ein Film

Das Album ist als eine fil­mi­sche“ Geschichte mit ein­zel­nen Sze­nen kon­zi­piert, die aber als ein­zelne Songs für sich ste­hen. Moor Mother nennt es ent­spre­chend einen Film“ statt ein Album: Die Idee ist, einen Moment außer­halb der Kon­ven­tion zu erschaf­fen. Dies ist ein Kunst­werk. Ich betrachte es als Film, nicht als Album oder eine Samm­lung von Songs. Diese Auf­gabe ist in einer Indus­trie, die alles in eine Schub­lade des Kon­sums zwän­gen will, unmög­lich.“ Und tat­säch­lich ent­fal­tet sich der Sound wie ein fil­mi­scher Strom aus Frag­men­ten, Sze­nen, Epi­so­den. Die The­men sind ele­men­tar: Ver­trei­bung, Kli­ma­kol­laps, Wider­stand, Über­le­ben. Die Umset­zung? Ein fie­ber­haf­tes Wech­sel­spiel zwi­schen zer­stö­re­ri­scher Laut­stärke, noi­si­gen Flä­chen und ritu­el­ler Spo­ken-Word-Inten­si­tät. Und so klingt das Album, als würde hier die Rea­li­tät selbst ver­tont – eine Rea­li­tät vol­ler Gewalt, Wider­stand und apo­ka­lyp­ti­scher Energie.

Kollision als künstlerische Strategie

SUMACs Gitar­ren krei­sen und sägen, bre­chen in mas­sive Dro­nes ein, ver­har­ren im Sludge, wäh­rend Ayewa Sätze schleu­dert wie: I want my breath back.“ Kein State­ment wirkt pla­ka­tiv – und doch hallt jeder Satz nach. Moor Mothers Texte sind poe­tisch, pro­vo­kant und erschüt­ternd zugleich – voll düs­te­rer Meta­phern („Ame­rica pissed and shit its­elf. No dia­per“) bis zu end­zeit­li­chen Sze­nen („Seems like every time there’s a bomb there’s a round of applause.“). Und SUMAC fin­den das pas­sende Klang­ge­wand – eine klang­li­che Total­ent­gren­zung, die an Free Jazz ebenso erin­nert wie an Noise, Doom und Hard­core. Tracks wie Scene 2“ oder Scene 5“ bie­ten keine klas­si­schen Song­struk­tu­ren, son­dern emo­tio­nale Zustände: Druck, Flucht, Offenbarung.

Zwischen Wucht und Stille

Kurz­stü­cke wie Hard Truth“ und The Truth Is Out There“ füh­ren näher an Moor Mothers Indus­trial-Wur­zeln heran, wäh­rend Gast­stim­men wie Sovei oder Can­dice Hoyes sanfte Kon­tra­punkte zum lodern­den Sound bil­den. Der monu­men­tale Schluss­track mit über 16 Minu­ten wirkt wie eine letzte Hoff­nung auf Erlö­sung – eine Vision von Über­le­ben und Neu­be­ginn. Und wenn der Track schließ­lich in dunk­lem Ambi­ent aus­klingt und Ayewa sagt: We keep sur­vi­ving“, bleibt nur Stille – und der Ein­druck, etwas wirk­lich Gro­ßem begeg­net zu sein. The Film“ ist keine Platte zum Neben­bei­hö­ren. Es ist eine künst­le­ri­sche Pro­vo­ka­tion, eine Grenz­über­schrei­tung, eine Uto­pie in Klang­form zwi­schen Free-Jazz, Noise, Spo­ken Word und Doom – vol­ler Zorn, Trauer, Schön­heit und spi­ri­tu­el­ler Wucht.