God Save the Weird“

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Punkpionier und Frontmann der Bollock Brothers Jock McDonald kam bei einem tragischen Badeunfall ums Leben.

Am 26. Juli 2025 kam der exzen­tri­sche Front­mann der Bol­lock Brot­hers, Jock McDo­nald, bei einem Bade­un­fall in Bun­do­ran, Irland, ums Leben. Eine Nach­richt, die sich über die sozia­len Medien wie ein Lauf­feuer ver­brei­tete – über­bracht vom Band­kol­le­gen und lang­jäh­ri­gen Weg­ge­fähr­ten Pat Pat­tyn, des­sen nüch­ter­ner Face­book-Post unter Fans wahre Schock­wel­len aus­löste. Laut einem Bericht des Done­gal Daily wurde in der nord­iri­schen Küs­ten­stadt ein Not­fall gemel­det. Auf­grund rauer See und eines bis zu drei Meter hohen Wel­len­gangs war die Sicht stark ein­ge­schränkt. Im Bereich eines Sprung­bretts zogen Ret­tungs­schwim­mer McDo­nald aus dem Was­ser; er wurde in ein nahe­ge­le­ge­nes Kran­ken­haus gebracht, wo er sei­nen Ver­let­zun­gen erlag.

Jock, bür­ger­lich Patrick Joseph O’Don­nell, wurde 1956 in Done­gal gebo­ren und wuchs zwi­schen Irland und dem schot­ti­schen Cly­de­bank auf. Schon früh zog es ihn hin­aus aus dem pro­vin­zi­el­len Regen – hin­ein ins Herz des Chaos: die Lon­do­ner Punk-Szene der spä­ten 1970er Jahre. Dort ver­suchte er sich als Plat­ten­la­den­be­sit­zer und Pro­mo­ter, traf auf Gestal­ten wie Johnny Rot­ten, Jaz Cole­man von Kil­ling Joke und andere Iko­nen jener wil­den Zeit. Durch seine Kon­takte orga­ni­sierte er auch das erste Kon­zert von John Lydons Post-Pis­tols-Band PIL.

Ein Cover-Clown mit Mission

1980 grün­dete er die Bol­lock Brot­hers – mit dabei: Jimmy Lydon, der jün­gere Bru­der von Johnny Rot­ten, sowie Kil­ling Joke-Bas­sist Youth. Bekannt wurde die Band vor allem durch ihre eigen­wil­li­gen Cover­ver­sio­nen – etwa eine eng­li­sche Über­set­zung von Serge Gains­bourgs Har­ley David (Son of a Bitch)“ oder eine syn­th­ge­tränkte Ver­sion von God Save the Queen“, gesun­gen von Michael Fagan, jenem Mann, dem es 1982 tat­säch­lich gelang, in das Schlaf­zim­mer von Köni­gin Eli­sa­beth II. ein­zu­drin­gen – bizar­rer geht’s kaum.

In NRW verwurzelt

Wir woll­ten immer sein wie ein wüten­der David Bowie mit kaput­tem Casio-Key­board“, sagte Jock in einem Inter­view mit dem bel­gi­schen Maga­zin Gonzo Cir­cus im Jahr 2016. Mit dem Alex-Har­vey-Cover The Faith Hea­ler“ gelang der Band ein Ach­tungs­er­folg in den kon­ti­nen­tal­eu­ro­päi­schen Indie-Charts. Deutsch­land ent­wi­ckelte sich dabei zu einer zwei­ten Hei­mat – auch aus fami­liä­ren Grün­den: Jocks Sohn lebte im Raum Müns­ter, was zu zahl­rei­chen Kon­zer­ten in den ein­schlä­gi­gen Clubs Nord­rhein-West­fa­lens führte. Kurios am Rande: Zwi­schen 2001 und 2007 gehörte auch Radio­kult­mo­de­ra­tor Klaus Fiehe zur Band – als Saxo­pho­nist mit ordent­lich Druck auf dem Kes­sel. Ent­spre­chend fiel seine Sen­dung am 27. Juli 2025 aus: Eine groß­ar­tige Remi­nis­zenz an sei­nen ehe­ma­li­gen Bandkollegen.

Trunkenheit und Therapie

Auch wenn ihre Plat­ten nie Pla­tin gin­gen – live waren die Bol­lock Brot­hers eine Insti­tu­tion. Jocks Auf­tritte waren eine Mischung aus Thea­ter, Trun­ken­heit und The­ra­pie. Mal im Pries­ter­ge­wand, mal mit Leder­peit­sche, oft mit dop­pel­tem Boden. In einem Inter­view mit der taz beklagte er 2018 den Brexit mit bit­ter­sü­ßer Nost­al­gie: Der EU-Aus­stieg schickt uns zurück in die alten Tage, als wir an der deutsch-deut­schen Grenze aus­har­ren muss­ten – umzin­gelt von rus­si­schen Pan­zern, alber­nen Tem­po­li­mits und stun­den­lan­gen Zollkontrollen.“

Comeback-Tour war geplant

Abseits der Bühne arbei­tete McDo­nald als DJ, Pro­mo­ter und Mana­ger. Er unter­stützte andere Bands beim Boo­king, orga­ni­sierte wilde Nächte in Lon­do­ner Kel­lern und bel­gi­schen Indus­trie­hal­len und legte auf Fes­ti­vals auf, bei denen er manch­mal selbst nicht mehr wusste, ob er nun Host oder Head­li­ner war. Gerade war eine Come­back-Tour­nee durch Deutsch­land und Bel­gien geplant – eine Tour, die nun zur Geden­k­reise wer­den könnte. Jock McDo­nald wurde 69 Jahre alt. Er hin­ter­lässt Kin­der, Fami­lie, Freunde – und eine treue Fan­ge­meinde, die ihn über sei­nen Tod hin­aus ver­eh­ren werden.