Nebelschwaden und Noisegewitter

A Place to Bury Strangers
9. Februar 2023 • Gebäude 9, Köln

Sie wer­den gerne als „die lau­teste Band New Yorks“ bezeich­net und sie neh­men die­ses Label auch gerne selbst für sich in Anspruch. Tat­säch­lich ist A Place to Bury Stran­gers, die Band um Mas­ter­mind und Hauptf­rick­ler Oli­ver Acker­mann, berüch­tigt für ihren inten­si­ven, atmo­sphä­ri­schen Noi­se­r­ock. In neuer Beset­zung haben sie sich für das Kon­zert in Köln ange­kün­digt: neben Gitar­rist und Sän­ger Acker­mann wird das Trio nun­mehr von dem Ehe­paar San­dra Fedo­witz am Schlag­zeug und John Fedo­witz am Bass ver­voll­stän­digt. Beide sor­gen mit ihrer eige­nen Band „Cerem­ony East Coast“ übri­gens eben­falls für ordent­lich Dis­tor­tion und Lofi-Punk. Doch zunächst eröff­net Clamm, ein Punk-Power-Trio aus Mel­bourne, die­sen Kon­zert­abend. Mit fuz­zi­ger, schwer ange­punk­ter Gitarre und schnel­lem, gepump­tem Bass geht es hef­tig in die har­ten und kur­zen Tracks, in denen Lead­sän­ger Jack Sum­mers hym­nen­ar­tig all die Dinge raus­schreit, die ihn so wütend machen. Dabei geht es um gesun­des Selbst­be­wusst­sein und geis­tige Gesund­heit, um Macht und Unter­drü­ckung. Lei­der bellt und schreit er seine tief­grei­fen­den Texte der­ma­ßen, dass man kaum etwas von den Inhal­ten mit­be­kommt. Das muß man dann wohl nachlesen.

Nach einer erfri­schend kur­zen Umbau­pause geht es dann wei­ter mit dem erwart­bar ent­rück­ten, psy­che­de­li­schen Noise-Rock von APTBS — und es wird ein ech­tes Ganz­kör­per-Erleb­nis: Harte, kör­per­lich spür­bare Sounds, dazu zeit­weise dich­ter Nebel, durch­setzt von grel­len Stro­bo­skop- und Pro­jek­tor-Ein­sät­zen und ein Zere­mo­nien­meis­ter Acker­mann, der wie ein Der­wisch über die Bühne jagt und dabei immer wie­der wild die Gitarre durch die Luft schwingt oder zu Boden wirft. Schlag­zeu­ge­rin San­dra Fedo­witz beob­ach­tet das Ganze nahezu durch­ge­hend mit einem brei­ten Grin­sen im Gesicht (ich übri­gens eben­falls), wäh­rend Ehe­mann John seine fet­ten, wavi­gen Bass­läufe aus den Sai­ten haut. Irgend­wann mit­ten im Kon­zert springt Acker­mann mit einem spa­ci­gen Effekt­ge­rät in den Kon­zert­saal und zele­briert zusam­men mit der Schlag­zeu­ge­rin an ihrer Stand-Up-Drum inmit­ten des ver­dutz­ten Publi­kums die übli­che Jam-Ses­sion. Diese impro­vi­siert klin­gen­den Tracks haben dann schon magi­sche, tri­ba­lis­ti­sche Züge mit tran­ci­gen Voo­doo-Anklän­gen. Erfreu­li­cher­weise ent­hielt die Set­liste nicht nur Tracks des aktu­el­len Albums „See Through You“, son­dern auch eine Reihe älte­res Mate­rial. Alles in allem ein groß­ar­ti­ges, lär­mi­ges Erleb­nis mit hohem Fun Faktor.

Nach dem Kon­zert tref­fen wir dann noch auf einen jun­gen Köl­ner Musi­ker, Gitar­rist bei Ritu­als of the Dark Sun, der uns erklärt, dass Acker­mann Grün­der von Death By Audio und Erfin­der von Stomp-Boxen und visio­nä­ren Instru­men­ten-Effek­ten ist — und jedes die­ser „lau­ten“ Pedals ist auf seine geniale Art beson­ders. Auch noch was gelernt an die­sem Abend… Als ich dann ins Auto steige und mir meine Play­list das wun­der­bare Pink Frost der neu­see­län­di­schen The Chills vor­spielt, weiß ich: dies war ein tol­ler, run­der Kon­zert­abend. Dazu bei­getra­gen haben eben­falls: Die Köl­ner Stadt­re­vue, über deren Ver­lo­sung ich die Kar­ten gewon­nen habe, und vor allen Din­gen Katja, die wie immer eine wun­der­bare und unter­halt­same Beglei­tung war. Vie­len Dank an beide!