Ein Team von Künstlern und Wissenschaftlern verwendet die Gehirnzellen des verstorbenen Komponisten Alvin Lucier, um neue Musik zu schaffen.
In der Art Gallery of Western Australia in Perth findet derzeit eine Ausstellung statt, die die Grenzen zwischen Kunst, Wissenschaft und Philosophie neu auslotet: Revivification. Im Zentrum steht ein faszinierendes Experiment, bei dem der verstorbene Avantgarde-Komponist Alvin Lucier posthum neue Musik komponiert – mithilfe eines im Labor gezüchteten Mini-Gehirns.
Lucier, bekannt für seine experimentellen Werke, in denen er die physikalischen Eigenschaften von Klang erforschte, spendete 2020 – bereits an Parkinson erkrankt – dem Projekt weiße Blutkörperchen. Aus diesen wurden Stammzellen gewonnen, die sich zu sogenannten zerebralen Organoiden entwickelten – einfachen neuronalen Strukturen, die grundlegende Funktionen des menschlichen Gehirns nachahmen. Diese Organoide sind mit 20 handgefertigten Messingplatten verbunden, die an den Wänden der Galerie angebracht sind. Die Platten reagieren in Echtzeit auf die neuronalen Signale der Organoide und erzeugen so eine ätherische Klanglandschaft.
Eine neue Form der Kreativität
Das Projekt wurde von den Künstlern Guy Ben-Ary, Matt Gingold und Nathan Thompson in Zusammenarbeit mit dem Neurowissenschaftler Stuart Hodgetts von der University of Western Australia entwickelt. Es ist nicht nur eine künstlerische Innovation, sondern wirft auch tiefgreifende Fragen zur Natur von Kreativität und Bewusstsein auf. Während einige Experten die fehlende Intention der neuronalen Strukturen kritisieren, sehen andere in der Zusammenarbeit von Kunst und Wissenschaft eine völlig neue Form kreativen Ausdrucks.
„Revivification“ ist mehr als eine Ausstellung – es ist ein lebendiges Experiment, das die Vorstellungskraft herausfordert und die Möglichkeiten posthumer künstlerischer Ausdrucksformen neu denkt. Für Musikliebhaber und Interessierte an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft bietet sich hier eine einzigartige Gelegenheit, die Zukunft der kreativen Schöpfung zu erleben. Lucier selbst kann dies nicht mehr erfahren – er verstarb 2021 im Alter von 90 Jahren. Seine Tochter Amanda kommentierte das Projekt mit den Worten: „Das ist so was von meinem Vater. Kurz bevor er gestorben ist, hat er dafür gesorgt, dass er für immer spielen kann.“
Weitere Informationen sind auf der Webseite des Museums verfügbar.