Festival mit gelungenem Genre-Mix

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Approximation Festival

23. bis 25. Mai 2024 • Düsseldorf

An drei Tagen prä­sen­tiert das Appro­xi­ma­tion Fes­ti­val acht Kon­zerte und diverse DJ-Sets. So tre­ten am Sams­tag Peter Gregson, die Islän­de­rin JFDR sowie Mabe Fratti mit Band auf. Als DJs sind AMSL und Tolouse Low Trax ange­kün­digt.

Das Appro­xi­ma­tion Fes­ti­val wurde 2005 im Salon des Ama­teurs in der Kunst­halle Düs­sel­dorf von Vol­ker Ber­tel­mann (HAUSCHKA) und Aron Meh­zion aus der Taufe geho­ben und ver­steht sich als grenz­über­schrei­ten­den Fes­ti­val. Es möchte neue Hori­zonte öff­nen und. prä­sen­tiert Avant­garde, Neue Musik und Jazz genauso wie Lounge, Pop und Expe­ri­ment. Mitt­ler­weile wur­den die Ört­lich­kei­ten gewech­selt. So fin­det das Fes­ti­val vom 23. bis 25. Mai 2024 bereits zum zwei­ten Mal im FFT statt. Ins­ge­samt acht Kon­zerte und einige DJ-Sets ste­hen auf dem Pro­gramm. Tat­säch­lich habe ich Tickets für alle drei Tage (vie­len Dank an Byte​.fm, über deren Ver­lo­sung ich die Kar­ten gewon­nen habe) — kann aber lei­der nur am Samstag.

Cello meets Synthesizer

Der Fes­ti­val­tag am Sams­tag star­tet mit dem Cel­lis­ten und Kom­po­nis­ten Peter Gregson. Er wurde 1987 in Edin­burgh gebo­ren und an der Edin­burgh Aca­demy und der Royal Aca­demy of Music aus­ge­bil­det. Gregson hat sich vor allem mit sei­nen Neu­be­ar­bei­tun­gen von Bachs Cello Sui­ten für die „Recom­po­sed“ Serie der Deut­schen Gram­mo­phon sowie Sound­tracks zu diver­sen Fil­men wie „A Little Chaos“ (2015), „Black­bird“ (2020) und der Net­flix-Serie „Waco“ (2023) einen Namen gemacht. Am Fes­ti­val-Sams­tag zeigt er sich von gänz­lich ande­ren Seite. Hier ent­sprin­gen seine musi­ka­li­schen Ideen aus der Mini­mal Music. In sei­ner Per­fo­mance beglei­tet er sein Cello-Spiel mit einem modi­fi­zier­ten, ana­lo­gen Syn­the­si­zer, wobei er die Cello-Sounds durch den Syn­the­si­zer jagt und modi­fi­ziert. Es plun­kert und knarzt allent­hal­ben. Und genau das macht den Reiz aus, die Gegen­über­stel­lung der war­men, ver­trau­ten Cello-Melo­dien mit den küh­len, elek­tro­ni­schen Schwin­gun­gen. Sämt­li­che Tracks sind noch namen­los, da Gregson sie zum ers­ten Mal auf­führt und sie noch nicht ver­öf­fent­licht hat. Sie gibt es also nicht im Merch, andere Werke von ihm schon, wie er schmun­zelnd anmerkt. Sein Set been­det er mit Track 7 und 8 – und es sind auch seine wuch­tigs­ten und inten­sivs­ten. Nach einer kur­zen Umbau­pause, die man ihm Foyer zu einem DJ-Set ver­bringt, folgt die Islän­de­rin Jóf­rí­ður Ákadóttir.

Sanfte, minimale Soundscapes

Die islän­di­sche Sän­ge­rin, Song­wri­te­rin und Mul­ti­in­stru­men­ta­lis­tin Jóf­rí­ður Áka­dót­tir tritt solo unter dem Kür­zel JFDR auf, sie ist aber auch Grün­dungs­mit­glied der Musik­grup­pen Sama­ris und Pas­cal Pinon. Seit 2017 hat sie eine Hand­voll LPs, eine EP und zwei Par­ti­tu­ren ver­öf­fent­licht. Am heu­ti­gen Fes­ti­val­tag prä­sen­tiert sie ihr Solo­pro­gramm. Ich hatte bis dato noch nie von ihr gehört und bin über­rascht, wel­che erha­bene Aura sie mit nur weni­gen Mit­teln ver­strömt. Allein mit ihrer E‑Gitarre und diver­sen elek­tro­ni­schen Instru­men­ten, die sie per Pedal steu­ert, ent­steht eine warme, intime, fast andäch­tige Atmo­sphäre. Ihre expe­ri­men­tel­len, intro­spek­ti­ven Elek­tro-Folk-Songs ent­fal­ten ihre Schön­heit lang­sam und bedäch­tig — wer­den getra­gen von ihrer fra­gi­len, zar­ten Stimme, die gele­gent­lich in ein Hau­chen oder Flüs­tern über­geht und unwill­kür­lich an ihre Lands­män­nin Björk erin­nern. Ihre leich­ten Gitar­ren­me­lo­dien, gepaart mit dem elek­tro­ni­schen Grund­rau­schen, erzeu­gen sphä­ri­sche Sound­scapes, deren dich­tes­ten Momente dann ent­ste­hen, wenn sie per Loop mit sich selbst im Duett singt. Auch ihr Set dau­ert knapp eine Stunde, in der sie sowohl ältere als auch aktu­elle Stü­cke spielt. High­lights dabei sind „White Sun” von 2016 sowie „Air Unfol­ding“ und der wun­der­bare Schluss­track „The Orchid“, beide vom aktu­el­len 2023er Album „Museum“.

Grenzenüberschreitene Klanglandschaften

Nach einem wei­te­ren kur­zen DJ-Set im Foyer folgt der wohl inter­es­san­teste Act des Abends: Die in Gua­te­mala gebo­rene und heute in Mexico City lebende Mabe Fratti und ihre Band­mit­glie­der spren­gen sprich­wört­lich alle Genre-Gren­zen, erkenn­bar allein schon an der Beset­zung: Neben der Cel­lis­tin gehö­ren ein Saxo­pho­nist, ein Gitar­rist, des­sen Gitar­ren­spiel leicht an Marc Ribot erin­nert, und ein Schlag­zeu­ger zu dem Band­pro­jekt (auch wenn Fratti ihre Band­mit­glie­der alle vor­ge­stellt hat, kann ich mich an keine Namen erin­nern). In einer hyp­no­ti­schen und fes­seln­den Per­for­mance bewegt sich das Ensem­ble zwi­schen Ambi­ent, Folk, Jazz und freier Impro­vi­sa­tion und gele­gent­lich wird es dabei auch rich­tig rockig. Mabe Frat­tis Cello, mal gestri­chen, mal gezupft wie ein Stand-Up-Bass, und ihre berüh­rende Stimme sind Dreh- und Angel­punkt aller Tracks, aber auch die ande­ren Instru­mente haben beein­dru­ckende Momente, sei es das Saxo­phon, das free­jaz­zig die Füh­rung über­nimmt, oder die Gitarre, die auch schon mal psy­che­de­li­sche Sounds ein­streut. Die ganze Per­for­mance strotzt vor musi­ka­li­scher Genia­li­tät und Expe­ri­men­tier­freude – für mich der Höhe­punkt des Festivals.

Die Party bleibt aus

Was nach der groß­ar­ti­gen Dar­bie­tung von Mabe Fratti und Band folgt, ist dann eher ernüch­ternd: Der ehe­ma­lige Kreid­ler-Mit­strei­ter Det­lef Wein­rich aka Tolouse Low Trax, der im Salon des Ama­teurs über viele Jahre seine Home Base hatte, tritt an, das Publi­kum auf den Dance­f­loor zu locken. Wer seine gefei­er­ten DJ Sets kennt, weiß, dass dies eine sichere Bank ist. Beim dies­jäh­ri­gen Appro­xi­ma­tion Fes­ti­vals ist davon nicht viel zu spü­ren. Es groovt ganz gehö­rig, doch der Fun­ken will nicht so rich­tig über­sprin­gen. Viele haben bereits das FFT ver­las­sen und die ver­blei­ben­den Besucher*innen ste­hen in Grüpp­chen zusam­men und wie­gen sich leicht zum Beat. Noch einen letz­ten Drink und dann ver­lasse ich mit Achim das FFT. Andrea und Babsi hof­fen, dass die Party doch noch irgend­wann los­geht, und blei­ben noch.