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BIG|BRAVE

Die kana­di­sche Band BIG|BRAVE wird 2012 in Mont­real, Que­bec, gegrün­det. Ursprüng­lich besteht sie aus Sän­ge­rin und Gitar­ris­tin Robin Wat­tie und Gitar­rist Mathieu Ball, spä­ter stößt Schlag­zeu­ger Tasy Hud­son dazu. Ihr Sound ent­wi­ckelt sich schnell zu einer ein­zig­ar­ti­gen Mischung aus Drone, Doom und Noise Rock, geprägt von kraft­vol­len, repe­ti­ti­ven Riffs und inten­si­ven Vocals. 2014 erscheint ihr Debüt­al­bum „Feral Ver­dure“, bereits ein Jahr spä­ter folgt „Au De La“. Mit jedem Album erwei­tert die Band ihr klang­li­ches Spek­trum. Vor allem ihr Album „A Gaze Among Them“ aus dem Jahr 2019 wird von der Kri­tik hochgelobt.

Big|Brave, A Chaos Of Flowers

BIG|BRAVE

A Chaos Of Flowers

Ver­öf­fent­licht: 19. April 2024
Label: Thrill Jockey

There is a faint glow of eastern blue
Whirring with hues of warmth
The warbling song sparrows
Ignore my mourning

Text­aus­schnitt aus „canon : in canon”

Das aktu­elle Album „A Chaos Of Flowers“ bezieht sich direkt auf den wüst-wil­den Vor­gän­ger „nature morte” aus 2023, doch wäh­rend es dort noch deut­lich hef­ti­ger und lär­men­der zuging, ist der Sound nun etwas viel­schich­ti­ger und lich­ter gera­ten – ergänzt um expe­ri­men­telle Gitar­ren­sounds der Gäste Tashi Dorji und Marisa Ander­son sowie gele­gent­li­che Saxo­phon-Schlei­fen von Patrick Shiroi­shi. Geblie­ben ist der schwe­bende, teil­weise an PJ Har­vey erin­nernde Gesang von Robin Wat­tie. Vor­bei aller­dings die epi­schen Zehn-Minu­ten-Tracks. Es sind eher kür­zere, sich kon­stant zwi­schen drei und sechs Minu­ten bewe­gende, poe­ti­sche Songs, die die Koexis­tenz mit der Natur, die Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit und das Anders­sein erfor­schen. Dabei stützt sich Sän­ge­rin Robin Wat­tie stark auf Gedichte see­len­ver­wand­ter Künst­le­rin­nen, in deren Tex­ten sich ihre eige­nen Erfah­run­gen wider­spie­geln. „Es ist ein Gefühl der Ver­wandt­schaft und sogar des Erstau­nens”, bemerkt Wat­tie, „wie diese Schrift­stel­le­rin­nen unter­schied­li­chen Stan­des und unter­schied­li­cher Epo­chen diese schein­bar ähn­lich inten­si­ven Momente indi­vi­du­el­ler Erfah­run­gen, von Inti­mi­tät und Wahn­sinn zum Aus­druck brin­gen. Wir sind allein, und doch nicht.” So ent­ste­hen unge­mein dichte, melan­cho­li­sche Tracks.

Schwere Sounds für die Nacht

Der dunkle Ope­ner „i felt a fun­e­ral” – eine lyri­sche Adap­tion eines düs­te­ren Emily-Dick­in­son-Gedichts – ist ein unge­mein atmo­sphä­ri­sches Kla­ge­lied mit lang­sa­men Blues-Riffs, trä­gen Drums und sägen­den Feed­back-Schlei­fen. „not spea­king of the ways” kommt als schwe­rer, schlep­pen­der Metal-Slow­core mit durch­ge­hen­der Gitar­ren-Drone-Dis­tor­tion daher, über die Wat­ties ent­rückte Vocals zu schwe­ben schei­nen. Bei „chan­son pour mon ombre” beglei­tet völ­lig unge­wohnt eine Akus­tik­gi­tarre Wat­ties kla­gende Vocals, bevor wie­der Rück­kop­pe­lun­gen, Ver­zer­run­gen und gehetzte Drums ein­set­zen. So ver­bin­det das Trio Ele­mente tra­di­tio­nel­ler Folk-Tech­ni­ken mit der Dekon­struk­tion har­ter Drone-Sounds. Zum trä­gen Doom in „canon: in canon“ gesellt sich Marisa Ander­sons schlie­rige Gitar­ren­be­glei­tung und ver­leiht dem Stück einen Hauch ein­dring­li­cher Schön­heit. Im getra­ge­nen, goti­schen „theft“ legen sich die Saxo­phon­Schlei­fen von Patrick Shiroi­shi sanft über fette Syn­thie-Bass-Flä­chen. Und am Ende schleicht sich mit „moon­set“ schließ­lich noch eine herr­lich blue­sige Gitarre heran, bis auch die­ser Track wie­der in einer mäch­ti­gen Wall of Sound mün­det. So ent­steht bei allem Mini­ma­lis­mus ein viel­schich­ti­ges und reiz­vol­les Album. Big|Brave haben schon mal lau­ter und schwe­rer geklun­gen, aber in enger Zusam­men­ar­beit mit dem Pro­du­zen­ten und Ton­tech­ni­ker Seth Man­ches­ter blüht „A Chaos of Flowers” mit sei­nen dunk­len, unheim­li­chen Har­mo­nien und rie­si­gen Wän­den aus Ver­zer­run­gen und Noise zu einem kolos­sa­len Klang von unge­ahn­ter Kraft — Musik geschrie­ben für die Nacht.