Zu kompliziert und theatralisch

Black Country, New Road

29. Oktober 2023 • Kantine, Köln

Black Coun­try, New Road kom­men für drei Ter­mine nach Deutsch­land. In neuer For­ma­tion, denn: Im letz­ten Jahr ver­ließ kurz vor Ver­öf­fent­li­chung ihres zwei­ten, groß­ar­ti­gen Albums („Ants From Up Here“) Sän­ger Isaac Wood seine Band. Ich per­sön­lich liebe die Band nicht zuletzt wegen sei­ner Stimme. Aber sie spie­len auch in Köln in der Kan­tine und es steht außer Frage, dass ich dahin­gehe. Mein Feh­ler, dass ich mir nicht ihr aktu­el­les Album „Live at Bush Hall“ ange­hört habe.

Irgend­wie komme ich ein biß­chen zu spät in der Kan­tine an. Der Sup­port steht bereits auf der Bühne. Die in Los Ange­les gebo­rene Han­nah Hay­den gibt sich die Ehre. Ihr Künst­ler­name: Pla­to­nica Ero­tica. Auch wenn sie bereits ers­tes Kri­ti­ker­lob ein­heim­sen konnte, mir gefal­len weder der Name noch ihre halb­stün­dige musi­ka­li­sche Per­for­mance. Ist also nicht ganz so schlimm, dass ich etwas spät in der Halle bin. Schlim­mer aller­dings, dass ich nur noch einen Platz wei­ter hin­ten neben dem Misch­pult ergat­tern kann und von der Bühne nur wenig mitbekomme. 

Kurz nach neun betre­ten BC,NR die Stage. Und es hätte mich gleich zu Anfang stut­zig machen sol­len, dass die Band mit dem Track „You’re the Voice“ des aus­tra­li­schen Musi­kers John Farn­ham ein­läuft. Denn was nun fol­gen soll, kann lei­der nicht wirk­lich gefal­len. Tat­säch­lich hat sich die neu­for­mierte Band ent­schlos­sen, keine von Wood gesun­ge­nen Songs live zu spie­len, inso­fern bekom­men wir aus­schließ­lich neues Mate­rial vom Album „Live at Bush Hall“ zu hören, mit des­sen ers­ten Track „Up Song“ sie auch ihre Per­for­mance ein­lei­ten. Black Coun­try, New Road haben sich also ein­fach neu erfun­den – und um es gleich vor­weg­zu­neh­men, die „alten“ BC,NR gefal­len mir deut­lich bes­ser. Tyler Hyde, May Kers­haw und Lewis Evans tei­len sich nun die Vocals. Und so ist die gesamte Set­list der Show in der glei­chen Rei­hen­folge wie auf dem aktu­el­len Album, wobei sie nach „The Boy“ den neuen Song „24/7 365 Bri­tish Sum­mer Time“ ein­streuen und statt „The Wrong Trou­sers“ den eben­falls neuen Track „Nancy Tries to Take the Night“ spie­len. Dabei wird schnell klar: Bei allen Betei­lig­ten han­delt es sich um wirk­lich vir­tuose Musiker*innen. Bas­sis­tin Tyler Hyde agiert zumeist auch als her­vor­ra­gende Sän­ge­rin, Lewis Evans spielt nicht nur Saxo­phon und Quer­flöte, son­dern über­nimmt eben­falls gele­gent­lich die Vocals. Char­lie Wayne bear­bei­tet das Drum­set, greift aber auch zum Banjo, wäh­rend May Kers­haw Key­board und Akkor­deon spielt und eben­falls mit ihrer Stimme zu über­zeu­gen weiß – und dann sind da noch Gei­ge­rin Geor­gia Ellery und Gitar­rist Luke Mark. Lewis Evans stellt auch jede/n der Musiker*innen ein­zeln vor. Lei­der bekomme ich, wie gesagt, vom Büh­nen­ge­sche­hen nicht wirk­lich viel mit — gele­gent­lich erschei­nen aber gerade die Gesangs­pas­sa­gen auch allzu thea­tra­lisch. In den bes­ten Momen­ten erin­nern die instru­men­ta­len Pas­sa­gen des eigent­lich abwechs­lungs­rei­chen Spek­ta­kels ein wenig an gut gelaunte God­speed You! Black Emperor oder an die alten Arcade Fire (um einen gern bemüh­ten BC,NR-Referenzpunkt zu ver­wen­den). Ins­ge­samt fehlt es aber an wirk­lich begeis­tern­den, mit­rei­ßen­den Höhe­punk­ten, ent­spre­chend unbe­weg­lich ist auch das Publi­kum. Dem Applaus nach zu urtei­len, gefällt es aber den meis­ten. Das letzte Stück bekomme ich auch schon nicht mehr kom­plett mit, da gehe ich lie­ber schon ein­mal zur Garderobe…

Auf dem Heim­weg trös­tet mich zumin­dest Klaus Fiehe mit sei­ner klei­nen sonn­täg­li­chen Radio­show. Wäh­rend ich Rich­tung Düs­sel­dorf durch die Nacht fahre, spielt er einen wun­der­ba­ren Song der düs­te­ren Dark-Wave-Band „In Let­ter Form“ aus San Fran­cisco. Die Köl­ner Band „Smile“ sowie die Kana­dier „La Secu­rité“ sind mir eben­falls im Gedächt­nis geblie­ben. Muß ich unbe­dingt mal rein­hö­ren, wenn ich zu Hause bin…