Black Lips
24. Juni 2024 • Vier Linden, Düsseldorf
Die Black Lips haben sich angekündigt. Die räudigen Rock’n’Roller spielen auf kleiner Bühne im Vier Linden – also Open Air. Was bedeutet: Garage-Rock am helllichten Tage! Kann das überhaupt funktionieren? Ist die Band doch für ihre exzentrische Bühnenpräsenz bekannt, die eigentlich nur in kleineren Clubs gut gelingt. So wurde schon mal das komplette Equipment demoliert und das Schlagzeug angezündet. Auch öffentliches Urinieren, Erbrechen und Exhibitionismus standen stärker im Vordergrund ihrer Shows als die seinerzeit doch eher musikalisch recht dürftigen Fähigkeiten – aber das hat sich nach 15 Jahren Bandgeschichte nun doch grundlegend geändert. Man gibt sich weniger provokativ und musikalisch deutlich reifer. Relativ kurz entschlossen denke ich „schau es dir doch mal an“. Auch Stefan ist da sehr flexibel: Als ich ihn kurz vor Konzertbeginn frage, ob er mitkommt, sagt er spontan zu. Gegen 19:30 Uhr soll das Ganze starten. Also geht es mit dem Fahrrad bei strahlendem Sonnenschein in den Volksgarten.
Weniger Punk, mehr Country
Ich habe mir im Vorfeld noch schnell online eine Karte besorgt, aber das Konzert ist bei weitem n nicht ausverkauft und so bekommt Stefan ein deutlich günstigeres Ticket vor der Kasse angeboten. Und dann heißt es warten. Habe ich in diesem Blog schon das ein oder andere Mal die neue Pünktlichkeit bei Konzerten gelobt, geben sich die Black Lips in Sachen Konzertbeginn sehr old-style. Mit einstündiger Verspätung betritt das Quintett die kleine Bühne: Neben den Gründungsmitgliedern Cole Alexander (Gitarre) und Jared Swilley (Bass) gehören derzeit noch Schlagzeuger Oakley Munson, Gitarrist Jeff Clarke und Saxophonistin Zumi Rosow, gelegentliches Gucci-Model und bekannt für ihr schrilles Outfit, zur Band. Im Oktober 2022 veröffentlichte die Band ihr 10. Studioalbum „Apocalypse Love“. Ihre Show allerdings eröffnen sie mit „Punk Slice“, einem trägen Swamp-Rocker aus dem Jahr 2005, gefolgt von „Family Tree“ und „Modern Art“, beide aus dem 2011er Album „Arabia Mountain“ – und so langsam springt der Funken auch auf das Publikum über, das sich nun textsicher singend und hüpfend zur Musik bewegt. Die Flower Punker, wie sich die Band gern selbst bezeichnet, schlängeln sich mit viel Spaß durch ihr 17-Song-Set aus altbekannten und neueren Songs und nehmen das Publikum mit auf ihrem wilden Ritt aus Americana, Blues, Country, Punk und Rockabilly – mit wechselndem Lead-Gesang und rock’n’rolligen Saxophon-Instrumentierungen, dazu scheppernde Drums und Becken. Alles sehr abwechslungsreich und tanzbar – eine unterhaltsame Garage-Party unter strahlender Abendsonne. Nach ihrem einstündigen Set beendet die Band die Show mit ihrem Garage-Rock-Smasher „Oh Katrina!“ und die ersten Reihen feiern kräftig mit. Mit dem stark countryesken „Chainsaw“, von dem Zumi Rosow behauptet, es erzähle eine wahre Geschichte, geht es dann in ein kurze Zugabe. Das Konzert geht zu Ende und es herrscht immer noch strahlender Sonnenschein… und tatsächlich der unbedarfte LoFi-Sound der Black Lips funktioniert auch am helllichten Tag – meint auch Stefan, froh über die spontane Entscheidung mitzukommen. Eine gute Show – auch da sind wir uns einig, nicht so aufregend wie gedacht aber gewiss nicht enttäuschend. Auch wenn ihre Show nicht mehr so exaltiert ist und ihre chaotische Punk-Energie von einem milderen Country-Sound abgelöst wird, rocken die Black Lips immer noch recht ordentlich.
Last-Minute-Tor
Der Vorteil eines kurzes Konzerts: Man ist früher zu Hause. Heute besonders erfreulich, denn so sehe ich vor dem heimischen Fernseher noch, wie Italiens Zaccagni mit seinem Last-Minute-Tor in der 98. Minute Kroatien in tiefe sportliche Depression stürzt und damit die Squadra Azzurra in die K.O.-Runde der EM 2024 rettet. Dem 38 Jahre alten kroatischen Fußball-Nationalhelden Luka Modric droht damit ein glanzloser Abgang von der großen Länderspiel-Bühne. Er hätte mehr verdient…