Die Band Bodega ist im Stadtteil Brooklyn in New York zuhause. 2018 erschien ihr Debütalbum „Endless Scroll“, das von Austin Brown, dem Sänger ihrer Label-Mates Parquet Courts aufgenommen und produziert wurde. Sänger und Gitarrist Ben Hozie sowie Sängerin Nikki Belfiglio formierten eine Band, die sich am klassischen 80er-Jahre Post-Punk von Bands wie The Fall und Gang Of Four orientiert, ohne dabei irgendwie nach Retro zu klingen. Bodega verdichtet das Ganze zu einem groovigen Postpunksound, der sich musikalisch und textlich unverkennbar im 21. Jahrhundert behauptet. Musikalisch könnte man sie am ehesten mit den jungen Talking Heads, LCD Soundsystem, den B‑52s und einer Prise Lou Reed vergleichen, aber um ehrlich zu sein, sollte man es gar nicht erst versuchen. Sie haben ihren ganz eigenen unverwechselbaren Sound.

Bodega
Broken Equipment
Veröffentlicht: 1. April 2022
Label: What’s Your Rupture?
Textausschnitt aus „NYC (disambiguation)”
By freelance workers and merchants.
Liquidated by the whole English war fleet.
Then the dutch canal we call Broad street
was drained of its water and filled up with concrete.
Bodega kommen nicht nur aus Brooklyn, sondern setzen sich auch textlich immer wieder kritisch mit ihrem Stadtteil und dessen Gentrifizierung auseinander – wie in dem wunderbaren „NYC (disambiguation)“. Überhaupt beschäftigt sich die Band mit komplexen Philosophien und kritischen Theorien, schließlich gründete sie im Vorfeld ihres zweiten Albums einen Buchclub und stellte einen Philosophieprofessor als Bassisten ein. Das alles hört man den Songs nicht an. Sie sind weder verkopft noch verspult – sie sind so fluffig, melodiös und schwungvoll, dass man unwillkürlich mitwippt und tanzt. Auf dem drahtigen, sprechgesangartigen Post-Punk von „Doers“ thematisiert Hozie das zeitgenössische Doom-Scrolling („Ten minutes: Ted talk / Ten minutes: Notepad / Ten minutes: Amazon / Ten minutes : planning my next ten minutes“) und eine Kultur, die zu Non-Stop-Arbeit ermutigt („Innovation waits for no man / Unless I forget my dongle!“) – und ja, der moderne Lebensstil macht einen „Bitter. Harder. Fatter. Stressed out“ (verbittert, härter, fetter, gestresst). Neben Texten über die Entfremdung durch Social Media, selbstkritischen feministischen Betrachtungen und einer „Vorlesung“ über den römischen Stoiker Seneca enthält das Album auch das erste Liebeslied, das Hozie jemals für seine Partnerin Belfiglio geschrieben hat — „Pillar On The Bridge Of You“. Das Album endet mit „After Jane“, einem zarten, herzzerreißenden Akustikstück, das als Gespräch zwischen Hozie und seiner verstorbenen Mutter geschrieben wurde, die etwa zur Zeit des ersten Albums der Band verstarb. Diese kleine Pop-Ballade ist sicherlich nicht das stärkste Stück auf dem Album, aber eine zarte und sehr intime Art ein Album zu beenden, das einen so gut unterhalten hat.