Alternative Rock aus Down Under

Cash Savage And The Last Drinks

24. Oktober 2023 • Bumann & Sohn, Köln

Eigent­lich dachte ich, es würde ein rein aus­tra­li­sches Kon­zert heute im Bumann & Sohn. Cash Savage And The Last Drinks, 2008 in Mel­bourne gegrün­det, sind ange­kün­digt und als Vor­band die Hard­core-Punk-Band Clowns eben­falls aus Mel­bourne. Aber da habe ich wohl etwas miß­ver­stan­den: Die in Köln behei­ma­tete Indie-Combo Cadavre de Schnaps über­neh­men den Sup­port. Auch gut…

Tat­säch­lich betritt aller­dings ein Sin­ger-Song­wri­ter, des­sen Namen ich lei­der nicht ver­stan­den habe, die Bühne. Cadavre de Schnaps haben ihren Auf­tritt krank­heits­be­dingt gecan­celt. Aber die­ser Unbe­kannte erweist sich mit sei­ner mini­ma­len Instru­men­tie­rung als ein sehr unter­halt­sa­mer, ver­sier­ter Enter­tai­ner: E‑Gitarre mit sehr vie­len Peda­len, eine schön schnar­rende Drum­ma­chine, deren Rhyth­mus er immer wie­der zwi­schen den Tracks ver­än­dert, und dazu sein schö­ner, kla­rer Bari­ton. Manch­mal braucht es nicht viel für einen guten Sound. Ins­ge­samt erin­nert er ein wenig an Ste­phin Mer­ritt. Und in der Tat zitiert er auch die Magne­tic Fields und ihr fan­tas­ti­sches Album „69 Love Songs“. Ein gelun­ge­ner, spon­ta­ner Auftritt. 

Als gegen vier­tel vor neun Cash Savage And The Last Drinks die Bühne betre­ten, wird es auch so lang­sam voll im Bumann & Sohn. Und die sie­ben­köp­fige Band legt auch gleich ener­gisch los mit ihrem hörens­wer­ten Mix aus Swamp-Rock, Indie, Punk und Blues. Nicht ganz ein­fach auf der klei­nen Bühne — aber unge­ach­tet des­sen gehen sie gleich mit ordent­li­chem Drive nach vorne. Die Gitar­ris­ten üben sich in wüs­ten Rock­po­sen, Rene Man­cuso häm­mert sto­isch und prä­zise auf sein Drum­set, wäh­rend die fol­kig anmu­tende Vio­li­nis­tin Kat Mear hef­tig ihr Instru­ment bear­bei­tet — im Laufe des Kon­zerts sollte ihr ent­spre­chend noch eine Saite reis­sen. Hin und wie­der erhascht man in die­sem wil­den Rei­gen auch einen Blick auf Key­boar­der Ros­han Khoz­ouei. Abso­lut domi­niert wird das Ensem­ble aller­dings von der cha­ris­ma­ti­schen Cash Savage, die mit ihrem ein­dring­li­chen blues­ge­tränk­ten Organ Ihre Bot­schaf­ten über männ­li­che Domi­nanz, que­ere Men­schen und soziale Unge­rech­tig­keit raus­haut. Wen wundert’s da, dass die Front­frau nach eige­nem Bekun­den musi­ka­lisch stark von ihrem Onkel Con­way Savage geprägt wurde, sei­ner­seits lang­jäh­ri­ger Key­boar­der bei „Nick Cave and the Bad Seeds“. Diese strot­zende, posi­tive Ener­gie auf der Bühne schwappt denn auch sehr schnell auf das Publi­kum über, das die Per­for­mance sicht­bar genießt – bei einem per­fekt aus­ge­steu­er­ten Sound mit irrer Laut­stärke. Trotz der ins­ge­samt inten­si­ven, fast eupho­ri­schen Atmo­sphäre sind mir einige der Songs doch zu klas­sisch (pub-rockig), den­noch komme auch ich voll auf meine Kos­ten, sind die Australier*innen doch extrem facet­ten­reich und haben auch so wuch­tige Punk-Hym­nen wie „Push“, „Pack Ani­mals“ oder auch „Rat-a-tat-tat“ im Gepäck. Deut­lich ruhi­ger geht es bei „Ever­day is the same“ zu. Ein Song, der beschreibt, wie sich Savage im Lock­down 2020 gefühlt hat, als sie und ihre Frau unter psy­chi­schen Pro­ble­men lit­ten und beide in einer „dunk­len Wolke“ steck­ten. Als Aus­tra­li­en­fan höre ich aus vie­len der Songs den Sound des rauen aus­tra­li­schen Alter­na­tive Rocks – wuch­tig und explo­siv. Eben­falls ganz aus­tra­lisch und sym­pa­thisch: Die Musiker*innen geben sich auch recht trink­fest. Alko­hol­kon­sum auf der Bühne habe ich schon län­ger nicht mehr gese­hen… Nach gut 80 Minu­ten wird es keine Zugabe geben, denn warum soll man hin­ter dem Vor­hang ver­schwin­den, nur damit die Leute klat­schen kön­nen. „I think that’s fucked!“, so Savage.

Nach dem Kon­zert bemerkt Katja, dass die Sän­ge­rin sie irgend­wie an Pete Doh­erty erin­nert. Mir kam die­ser Gedanke nicht — aber ja, sie hat tat­säch­lich recht. Einig waren wir uns, einen mit­rei­ßen­den, ener­gie­ge­la­de­nen Auf­tritt gese­hen zu haben, auch wenn uns nicht alle Songs voll­ends über­zeu­gen konn­ten. Ich hoffe indes, auch irgend­wann mal die Clowns aus Mel­bourne zu sehen…