Großer, subversiv dilettantischer Spaß

Der Plan • Geri Reig (Lieblingsplatte)

13. Dezember 2023 • ZAKK, Düsseldorf

Zunächst vie­len Dank an das ZAKK in Düs­sel­dorf für das schon seit vie­len Jah­ren statt­fin­dende Lieb­lings­plat­ten-Fes­ti­val – es ist zwar nicht immer meins, was da so statt­fin­det, aber die­ses Fes­ti­val ist defi­ni­tiv eine Berei­che­rung für die Kon­zert­land­schaft in NRW. Heute steht eine Band auf dem Pro­gramm, die mich durch die 80er beglei­tet hat: Der Plan spielt sein sehr expe­ri­men­tel­les Debüt­al­bum „Geri Reig“ von 1980. Die Ein­flüsse von Kraft­werk und The Resi­dents sind unver­kenn­bar. Der Plan selbst nannte seine Musik damals „elek­tro­ni­sche Schla­ger“. Ich bin jeden­falls gespannt, ob das Ganze heute noch funk­tio­niert oder nur ein nost­al­gi­sches Nach­be­ben hervorruft.

Vor Kon­zert­be­ginn gibt es eine kurze, char­mante Anmo­de­ra­tion, die nicht nur eini­ges über den Fes­ti­val-Ver­lauf zu berich­ten weiß, son­dern die auch noch ein­mal dar­auf hin­weist, dass zwei der drei Musi­kern – näm­lich Frank Fens­ter­ma­cher und Kurt Dah­lke (aka Pyro­la­tor) – auch bei den Düs­sel­dor­fer Fehl­far­ben spie­len. Die hat­ten im Erschei­nungs­jahr von „Geri Reig“ mit „Mon­ar­chie im All­tag” eben­falls ein Debüt­al­bum, wohl eines der wich­tigs­ten deutsch­spra­chi­gen Alben. 

Adrenalin lässt das Blut kochen

Die Set­liste des heu­ti­gen Abends ist gesetzt: Es geht strin­gent nach der­Track­ab­folge des Albums. Die drei Band­mit­glie­der Kurt Dah­lke, Frank Fens­ter­ma­cher und Moritz Rei­chelt star­ten also mit dem Song „Adre­na­lin lässt das Blut kochen”. Und schnell wird klar, dass hier live nicht die Qua­li­tät des Albums­ounds erreicht wird. Auch die Instru­men­tie­rung ist deut­lich redu­zier­ter. So ver­misse ich beim zwei­ten Track „Geri Reig“ vor allem das wun­der­bar nudelnde Akkor­deon. Auch text­lich bleibt man nicht skla­visch am Ori­gi­nal, so ist Hans am Ende von „Hans und Gabi“ als Bun­des­wehr­sol­dat auf Aus­lands­mis­sion in Afgha­ni­stan. Aber sonst ist alles sowas von 80er: Es gibt keine Com­pu­ter auf der Bühne – es wird aus­schließ­lich mit ana­lo­gem Syn­the­si­zer musi­ziert. Gele­gent­lich wird mal ein Becken oder Tam­bu­rin geschla­gen. Aber das tut dem Gan­zen kei­nen Abbruch. Die Ver­bin­dung die­ser Dada-Poe­sie mit den skur­ri­len Sound­einfäl­len und ein­gän­gi­gen Melo­dien und dazu die bewusst dilet­tan­ti­sche Büh­nen­show mit ihren vie­len phan­ta­sie­vol­len, selbst­ge­bau­ten Papp­kos­tü­men machen immer noch rie­si­gen Spaß. Irgend­wann in der Mitte des Kon­zerts, um genau zu sein nach „Hans Und Gabi“, dem letz­ten Track der A‑Seite des Albums, erklärt Moritz Rei­chelt, der auch einen Groß­teil der Kulisse erschaf­fen hat, dass die Band damals die „schrägste, obskurste, kaput­teste und krankste Platte“ machen wollte – „Ist euch gelun­gen!”, ertönt es aus dem Publi­kum – und dass dann doch alles anders kam: „Geri Reig“ wurde damals von der deut­schen Musik­presse hoch­ge­lobt. Und heute? Ver­strömt der schräge Elek­tro-Schun­kel-Sound immer noch eine Atmo­sphäre hei­te­rer Glück­se­lig­keit, auch wenn es sicher­lich nicht mehr so auf­re­gend klingt wie damals. Ein­zig­ar­tig bleibt es dennoch.

Noch ein paar Hits zum Schluß

In der ers­ten Zugabe geht es dann mit „Da vorne steht ’ne Ampel“ und „Alte Pizza“ tat­säch­lich ein wenig schla­ger­haft zu, wobei der Pizza-Song zu einem Exten­ded-Dance­f­loor-Track mutiert. Bei so viel guter Laune las­sen sich die drei dann tat­säch­lich noch zu einer wei­te­ren klei­nen Zugabe mit zwei expe­ri­men­tel­le­ren Tracks aus dem Jahr 79 bewe­gen. Spä­ter am Merch-Stand will ich mir dann noch ein Band-T-Shirt kau­fen – gibt’s lei­der nur noch in Größe S, teilt man mir mit. Damals, in den 80ern bei mei­nem ers­ten Plan-Kon­zert, hätte ich noch gesagt „Genau meine Größe“. Heute, gut 40 Jahre spä­ter, muss ich dann kon­sta­tie­ren: Man ist nicht nur deut­lich älter, auch figür­lich hat sich so eini­ges geän­dert. Dann geh ich eben ohne T‑Shirt, aber mit guten Vibes nach Hause.

Elias Rafael hat ein klei­nes Video auf You­Tube. Cool — vie­len Dank!