Die Quellen
Musikalische Inspirationen
Keine Frage, die Art des Musikhörens hat sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch verändert. Die digitale Transformation hat auch hier wie in allen anderen Lebensbereichen zu grundsätzlichen Veränderungen geführt. Dieser Wandel fand nicht nur in der Musikindustrie statt, sondern hat auch zu komplett neuen Konsumgewohnheiten geführt: Musik wird nicht mehr physisch erworben und auf stationären Geräten abgespielt, sondern aufgrund der neuen Distributionswege digital beschafft und über entsprechende Player abgespielt oder eben direkt über Streamingportale in Echtzeit wiedergegeben. Das führt dazu, dass nur noch selten ganze Alben gehört werden, der einzelne Song rückt in den Vordergrund. Dabei wird das Hörverhalten zunehmend von Algorithmen bestimmt. Schließlich bekommt man ja gleich ähnliche Songs und Artists bei der digitalen Beschaffung angeboten. Das kann ganz hilfreich sein, man bewegt sich aber zunehmend in eine Richtung.
Eine meiner Quellen für musikalische Neuerscheinungen und spannende Sounds ist tatsächlich noch ganz oldstyle das moderierte, lineare Radio. Hier erfährt man Hintergründe und Zusammenhänge. Das ist nicht nur interessant, sondern kann je nach Art der Moderation sehr unterhaltsam sein. Läuft dabei mal ein Track, der nicht gefällt, kann man ihn nicht einfach skippen. Da muss man dann durch — und so hört man einiges, auf das man sonst nicht stoßen würde.
Absoluter Favorit: ByteFM
ByteFM ist ein deutschsprachiger Internetradiosender mit Sitz in Hamburg-Sankt Pauli. In Hamburg ist er auch über UKW (91,7 und 104,0 MHz) zu erreichen. Hier gibt es keine computergesteuerte Musikrotation, sondern musikbezogenes Autorenradio mit mehr oder weniger bekannten Moderator*innen. Sie stammen zum Teil aus dem Umfeld der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten oder arbeiten als Musikjournalist*innen. Die meisten Mitarbeiter*innen arbeiten dabei ehrenamtlich und nur eine Kernbesetzung erhält ein Honorar. Der Sender bekommt keine Gebühren und strahlt auch keine Werbung aus, sondern finanziert sich ausschließlich über die Mitgliedschaft im Förderverein „Freund*in von ByteFM“. Die Mitgliedschaft kostet 60 Euro im Jahr, dafür bekommt man den Stream in einer besseren Klang-Qualität und hat Zugang zum Archiv, so dass man seine Lieblingssendungen jederzeit abrufen kann. Meine persönlichen Favoriten sind dabei „Was ist Musik“ (Klaus Walter), „Karamba“ (Klaus Fiehe), „Die Welt ist eine Scheibe“ (Götz Adler), „ Schraubenzieher“ (Marius Magaard), Schliemanns Soundbox (Gregor Kessler) und nicht zuletzt „Von Bullerbü nach Babylon (Jan Möller). Ihr seht schon: Das Angebot ist sehr breit und bunt gefächert, wobei die Sendungen zum Teil nur einmal im Monat ausgestrahlt werden. Aber hört mal selbst:
Der John Peel des deutschen Radios
Klaus Fiehe ist schon seit 1996 Moderator beim Radiosender 1 Live und dürfte damit der absolut Dienstälteste bei diesem Jugendsender sein. Er genießt dort Artenschutz und hat seinen festen Sendeplatz. Von 22 bis 1 Uhr führt er jeden Sonntag durch sein Programm 1 Live Fiehe (bis 2006: Raum und Zeit). Er ist damit noch einer der wenigen, die im deutschen Radio eine Autorensendung moderieren. Die Musik wird nicht durch eine Redaktion bestimmt, sondern von Fiehe selbst. Genreübergreifend führt er dabei charmant und witzig durch ein extrem abwechslungsreiches Programm von Krautrock über Post-Punk, Jazz und Fusion bis zu Drum’n’Bass, Dubstep und Grime. Das ist nicht immer meine Tasse Kaffee, aber ich werde meist oft gut unterhalten und es gibt in jeder Sendung immer wieder die eine oder andere musikalische Überraschung. Der Musikliebhaber Klaus Fiehe soll übrigens rund 40.000 Schallplatten sein eigen nennen.
Henry Rollins
… und dann gibt es neben den unzähligen Podcasts und Webradios noch den KCRW-Podcast von Henry Rollins, in dem er jeden Samstag aufs Neue Musik vorstellt. Alle Episoden sind noch online.
TAZ: die tageszeitung
Die taz kennt man als überregionale deutsche Tageszeitung, die oft als als links-grün und systemkritisch beschrieben wird. Aber unabhängig von der tagespoliltischen Berichterstattung und den Kommentaren, die ich auch sehr schätze, hat die taz auch eine hervorragende Kulturredaktion — sowohl in Sachen Literatur, Theater und Film als auch — und darum geht es hier ja — in Sachen Musik. Zumeist in der Freitagsausgabe findet man hier Texte zur Musik der Zeit, in einer Vielfalt der Themen und einer Tiefe, die sonst so in keiner Tageszeitung zu finden ist. Einen Wochenüberblick über die Kulturthemen der taz kann man sich übrigens im taz.mixtape, moderiert von Klaus Walter, verschaffen — siehe oben.
Abgehört
Die meisten von euch werden die Rubrik „Abgehört“ kennen, die jeden Freitag auf Spiegel Online erscheint. Hier rezensiert Andreas Borcholte die seiner Meinung nach wichtigsten Rock- und Pop-Neuerscheinungen der Woche. Da ist oft auch die eine oder andere Perle dabei.