Ehrenhof Open
6. August 2023 • Ehrenhof, Düsseldorf
Was war das denn für ein Festivaltag? Die ganze Woche gibt es gefühlt jede Stunde sprichwörtlich Wasserstandsmeldungen zu den Vorgängen in Wacken, am frühen Nachmittag stehe ich bei Regen im Ehrenhof und am Abend liege ich auf der Couch und lausche Klaus Fiehe auf EinsLive, der über Haldern Pop berichtet.
Aber zum eigentlichen Konzert: Ich habe fest vor, auf den Ehrenhof Open die Bands Lawn Chair, Love Machine und vor allen Dingen wieder einmal Die Nerven zu sehen. Lawn Chair spielen um 18.00 Uhr. Aus dem letzten Jahr weiß ich, dass die Zeiten korrekt eingehalten werden und große Umbauzeiten nicht zu erwarten sind, da es im Ehrenhof zwei Bühnen gibt. Ich bin also rechtzeitig vor Ort. Vor Lawn Chair spielte übrigens Christin Nichols, und die Berliner Deutsch-Britin ist mit ihrem Elektronik- und Post-Wave, der stark NDW beeinflußt ist, „einfach nur grottig“, wie Thomas mir später mitteilt. Nun denn, die in Köln ansässige deutsch-amerikanische Indie-Punk-Band Lawn Chair hingegen ist absolut überzeugend. Schöne krachige Punkgitarren, galoppierende Drums und ein wunderbar hüpfender Bass, dazu eine extrem lebendige Performance, die vor allen Dingen von der aus Seattle stammenden Sängerin Claudia Schlutius vorangetrieben wird. Mit ihrer sehr variablen Stimme oszilliert sie zwischen Riot Grrrl und Indie-Pop. Zwischendurch gesteht sie ihre Schwäche für Beck und widmet ihm eine kleine, schrammelige Indie-Perle, für die es noch keinen Titel gibt. Am Ende der Show mischt sie sich tanzend und singend unters Publikum. Cooler Auftritt!
Macht eigentlich Lust auf mehr, wenn dieser verdammte Regen nicht wär. Die nächste Band ist PDOA (Public Display of Affection). Die gebürtige Australierin Madeleine Rose ist die Frontfrau und Sängerin des internationalen Berliner Quartetts und auch sie steht auf der Bühne eindeutig im Zentrum, bewegt sich exzentrisch tanzend und theatralisch über das Parkett. Musikalisch bewegen sie sich zwischen Postpunk und noisigem Indie-Rock mit New-Wave-Anklängen. Es ist eine explosive und neue Form von Crossover — eigentlich ein Sound, der mir sehr liegt, und auch die Show macht richtig Spaß. Es liegt also sicher nicht an der Band, dass ich nicht so ganz bei der Sache bin. Aber ich bin einfach nicht in der Stimmung, habe auch keine Lust auf noch mehr Regen und verlasse unbefriedigt und nörgelig das Festivalgelände. Vielleicht ergibt sich die Gelegenheit, PDOA noch einmal in einem Club zu sehen, um mir wirklich ein Urteil bilden zu können. Love Machine und Die Nerven sehe ich jedenfalls nicht mehr. Wobei letztere wieder einmal eine tolle Performance hinlegen, vielleicht sogar noch etwas aufgekratzter als sonst, wie mir Klaus später versichert. Er trotzt dem Regen und kommt eigens für die Stuttgarter in den Ehrenhof (ich bin doch sowas von einem Wimp). Die Nerven spielen an diesem Abend auch zwei neue, noch unveröffentlichte Songs und lassen das Publikum abstimmen, ob diese auf das nächste Album kommen sollen. Ergebnis: Sie kommen!
Am späten Abend liege ich dann auf der Couch und lausche der EinsLive-Sendung Fiehe. Klaus Fiehe plaudert hier von 22:00 bis 1:00 Uhr über seine Erlebnisse beim gerade zu Ende gegangenen Haldern Pop Festival — in seiner ganz eigenen, humorigen und leicht verstrahlten Art. Herrlich. Seine Playlist ist wie immer extrem breit gefächert und macht ebenfalls Spaß. „Die Nerven“ spielt er dabei dann auch noch — aber mal ehrlich: Wer möchte denn „Bella Napoli“ von Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys hören? Aber bei Fiehe muß man mit so was rechnen. Auch damit, dass er dann gegen 0:00 Uhr wieder seiner Drum’n’Bass-Leidenschaft frönt – auch so gar nicht meine Tasse Kaffee. Am Ende – zu meiner Versöhnung – legt er den großartigen Track „The Trench Coat Museum“ von Yard Act auf. Super — hört mal rein, es wird euch gefallen. Der Link steht unten. Am Ende war’s dann doch ein ganz OKer Festivaltag.