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Einstürzende Neubauten

Die Ein­stür­zen­den Neu­bau­ten wer­den 1980 in West-Ber­lin von Blixa Bar­geld und N.U. Unruh sowie Gud­run Gut und Beate Bartel, beide von Mania D. gegrün­det. Nach dem Aus­stieg der bei­den letz­te­ren kon­so­li­diert sich die Band 1981 um Bar­geld, Unruh, FM Ein­heit und Mark Chung (beide von der Ham­bur­ger Band Abwärts) sowie Alex­an­der Hacke alias Alex­an­der von Borsig. Ihre frü­hen Werke sind stark von Indus­trial- und Noise-Musik geprägt. Mit ihrem Debüt­al­bum „Kol­laps“ (1981) eta­bliert sich die Band als Pio­niere einer neuen musi­ka­li­schen Bewe­gung. In den fol­gen­den Jah­ren ent­wi­ckelt sie ihre Klang­pa­lette wei­ter, inte­grie­ren melo­di­schere Ele­mente und expe­ri­men­tie­ren mit neuen Pro­duk­ti­ons­me­tho­den. Alben wie „Zeich­nun­gen des Pati­en­ten O.T.“ (1983) und „Haus der Lüge” (1989) zei­gen eine zuneh­mende Viel­falt und Reife in ihrem Schaf­fen. Bei ihren Live-Auf­trit­ten set­zen sie oft unkon­ven­tio­nelle Instru­mente und Per­for­mance­tech­ni­ken ein und schaf­fen so inten­sive und blei­bende Ein­drü­cke für ihr Publi­kum. Als ihr Label Mute an EMI ver­kauft wird und EMI den Ver­trag nicht fort­set­zen will, beginnt die Band, Alben ohne den Rück­halt einer Plat­ten­firma zu pro­du­zie­ren. So star­tet sie das Supporter’s Pro­ject — eine Art Sub­skrip­ti­ons­mo­dell, heute würde man Crowd­fun­ding dazu sagen. Die Band bleibt so unab­hän­gig und kann direkt mit ihren Fans inter­agie­ren. Am 28. Januar 2023 kün­di­gen die Neu­bau­ten auf ihrer Web­seite an, ab Februar 2023 in die soge­nannte Ram­pen-Phase zu star­ten. Dabei bit­tet die Band erneut um die Unter­stüt­zung der Fans. In der Ram­pen-Phase sol­len die auf den ver­gan­ge­nen Live-Kon­zer­ten gespiel­ten „Ram­pen“ zu voll­wer­ti­gen Songs ent­wi­ckelt wer­den. Bei einer „Rampe“ han­delt es sich dabei um eine von der Band erschaf­fene Bezeich­nung für ein impro­vi­sier­tes Stück, das in der Regel ein Mal pro Kon­zert von der Band per­formt wird. Am 5. April 2024 erscheint das erste so ent­stan­dene Album „Ram­pen (apm: alien pop music)“.

Rampen (APM: Alien Pop Music)

Einstürzende Neubauten

Rampen (apm: alien pop music)

Ver­öf­fent­licht: 5. April 2024
Label: Potoma/Indigo

I’m sitting in my chair / Feeling very Pestalozzi 
Feeling very A.S. Neill / I wont slave to the recipe

Text­aus­schnitt aus „Pes­ta­lozzi”

Impro­vi­sa­tio­nen sind schon immer Bestand­teil der Neu­bau­ten-Kon­zerte. Diese Impro­vi­sa­tio­nen vor Publi­kum nennt die Band „Ram­pen“. Das etwas sper­rig beti­telte 2024er Dop­pel-Album „Ram­pen (apm: alien pop music)“ basiert auf Impro­vi­sa­tio­nen der Tour­nee von 2022. Mit dem Zusatz „Alien Pop Music“ will Bar­geld auch gleich ein neues Musik-Genre defi­nie­ren, denn „Pop­mu­sik sollte nicht ein­fach nur die Musik der Mehr­heit sein. Es muss eine Pop­mu­sik der Anders­ar­ti­gen geben“, so Bar­geld in einem Inter­view, in dem er auch andere Musiker*innen ani­miert, die­sen Genre-Begriff für ihre Musik zu ver­wen­den, sofern sie fin­den, dass sie auch außer­ir­di­sche oder fremd­ar­tige Pop­mu­sik machen – Popu­läre Musik für Ali­ens und Außen­sei­ter – Alien Pop eben. Nicht ganz unab­sicht­lich erin­nert das redu­zierte Cover-Art­work von „Ram­pen“ an das iko­ni­sche Lay­out des „Wei­ßen Albums“ von den Beat­les. „Aus­ge­hend von der Idee, dass die Ein­stür­zen­den Neu­bau­ten in einem ande­ren Son­nen­sys­tem ebenso berühmt sind wie die Beat­les in unse­rer Welt”, so Blixa Bar­geld augen­zwin­kernd, sei die Idee zu die­sem Cover-Art­work gekommen.

Zurück in die Zukunft

Das Album star­tet mit dem „Wie lange noch“ und bei dem fort­ge­schrit­te­nen Alter der Neu­bau­ten, muss die Frage erlaubt sein, ob die Band ans Auf­hö­ren denkt. Heißt es doch in dem Song auch: „Alles schon besun­gen / Alles schon pas­siert “. Warum also noch wei­ter­ma­chen? Weil diese Band auch nach 40 Jah­ren noch was zu sagen hat. „Ram­pen” klingt unge­heur frisch, dyna­misch und abwechs­lungs­reich. Das liegt sicher auch am Auf­nah­me­pro­zess: Die Band, wie bei ihren Live­auf­trit­ten erwei­tert um Rudolph Moser und Felix Geb­hard, habt das gesamte Album in gemein­sa­men Takes im eige­nen Stu­dio auf­ge­nom­men, es gibt zwar „Over­dubs“ und Schnitte, aber im Kern sind es quasi „Live“-Aufnahmen. Der indus­tri­elle Lärm, die Geräuschim­pro­vi­sa­tio­nen, die kon­stru­ier­ten Klang­col­la­gen – das alles kennt man von den Neu­bau­ten, doch hier kom­men noch jede Menge unge­wöhn­li­cher Sounds wie Regen­trop­fen, klas­si­sche Instru­mente und warme, orga­ni­sche Klänge hinzu, und egal wie lärm­ge­wal­tig der Sound auch sein mag, über allem schwebt sau­ber abge­mischt der deutsch-eng­li­sche Sprech­ge­sang von Blixa Bar­geld, der auch nicht davor zurück­schreckt, augen­zwi­ckern zu ber­li­nern wie in „Ick weeß nich (Noch nich)“. Das Album ist in gewis­ser Hin­sicht eine Rück­kehr zu den Wur­zeln, ande­rer­seits wei­sen die Sounds und Lärm­kas­ka­den weit in die Zukunft. Als Fan der ers­ten Stunde habe Ich die letz­ten Alben der Band nicht mehr so rich­tig mit­be­kom­men, aber mit ihrem Alien-Pop haben sie mich wie­der. „Isso Isso“.