Down There!
Angeblich entstand die Folly Group im betrunkenem Enthusiasmus auf einer nächtlichen U‑Bahn-Fahrt, fortan spielten Sean Harper (Gesang, Schlagzeug), Louis Milburn (Gitarre) und Tom Doherty (Bass) regelmäßig Shows in Veranstaltungsorten wie The Old Blue Last und The Windmill in Südlondon. Irgendwann stieß Perkussionist Kai Akinde-Hummel hinzu und veränderte durch sein Schlagzeugspiel den Sound der Band grundlegend. Gemeinsam mit Sänger und Schlagzeuger Sean Harper schuf er einen vielschichtigen, treibenden Rhythmus, der so prägend für diese Band ist.
Textausschnitt aus „I’ll Do What I Can”Shapes over the tree line scatter shadows on the Earth
Cast a caustic disposition, lasting the cradle to the urn
Nun ist am 12. Januar das Debütalbum „Down There!” via So Young Records erschienen und bekommt auch gleich erste Lorbeeren der Musikkritik. Gelobt wird vor allem – na klar – das komplexe, dynamische Perkussionspiel aber auch die einzigartige Verschmelzung von Post-Punk, Dub und Trip-Hop mit einem Hauch von Jazz und Dance. Und tatsächlich bietet das Album für ein Debüt einen sehr ausgereiften, komplexen Sound: vielschichtig ineinander verwoben mit vielen überraschenden Details. Auch die Texte sind ausgefeilt und thematisieren mal ironisch mal wütend zynisch Alltägliches wie Niedergeschlagenheit, Angst oder finanzielle Unsicherheit, klagen aber auch die soziale Ungerechtigkeit und die konservative Politik an, ohne dabei düster oder allzu verkopft zu klingen.
Die Kraft zweier Schlagwerker
Gleich der Opener „Big Ground“ belegt die oben beschriebene perkussive Komplexität. Prominente Schlagzeugparts bestimmen diesen Song, erinnern an die treibende Kraft und den Funk eines guten Gang-of-Four-Songs. „I’ll Do What I Can“ klingt gehetzt, post-punkig, dabei ungeheuer druckvoll – mit hektischen, treibenden Gitarren, in die sich Harpers düsterer Gesang wohlig einbettet. Und dennoch dominiert auch hier die vielschichtig angelegte Percussion. „East Flat Crows“ mit seinen flirrenden Gitarrenriffs und seinem doppelstimmigen Gesang ist sicher der zugänglichste Track. „Freeze“ beginnt mit zarten, nervösen Drums und sanften Vocals, später gepaart mi eklektischer Elektroakustik und schrillen Gitarren — herrlich. Der Slow Burner „Nest“ schleicht fröhlich und träge dahin, während das zackige „New Feature“ wiederum mit elektronischen Tiefen überrascht.
Nicht einfach Post-Punk
Das Album ist hinsichtlich seiner Vielfalt überragend und auch wenn man geneigt ist, die Folly Group als eine weitere der vielen Post-Punk-Bands aus Südlondon zu kategorisieren, die mit The Windmill in Verbindung gebracht werden, wie Squid, Black Midi oder Goat Girl (die alle Klasse haben), verfolgt sie mit ihren Electro- und Dance-Einflüssen einen anderen Ansatz. Oder wie Harper es ausdrückt: „Es ist so viel einfacher zu erklären, dass wir eine Post-Punk-Band sind, wenn dich jemand im Pub fragt, als sich in Subgenres zu verzetteln. Am Ende des Tages hat das, was wir machen, so viele andere zufällige Einflüsse. Wir wollten etwas machen, das breit genug ist, dass das, was wir in Zukunft tun, keine Kehrtwende ist.“ Und eine Zukunft hat diese Band mit ihrem aufregenden Mix aus Post-Punk, schrägem Alternative und hypnotischer Electronica auf jeden Fall.