Ghost Woman
27. Juni 2024 • ZAKK, Düsseldorf
Das Indie-Rock-Duo Ghost Woman hat sich im Düsseldorfer ZAKK angekündigt. Was 2020 noch als Band-Projekt des kanadischen Musikers Evan John Uschenko in wechselnder Besetzung begann, hat sich sich seit Ende 2022 mit der Schlagzeugerin und Co-Songwriterin Ille van Dessel zu einem reinen Duo etabliert. Im November 2022 sah ich ihre Show im Club Volta in Köln – damals als Support von Dry Cleaning. Natürlich war ich wegen des Hauptacts im Club Volta. aber Ghost Woman überzeugte damals schon auf ganzer Linie. Heute im ZAKK stehen sie also im Mittelpunkt und haben ihren eigenen Support: Suzan Köchers Duo. Natürlich werde ich mir den Gig anschauen, bleibt die Frage: Spielen sie in der Halle oder im kleinen Club? Die Frage ist schnell beantwortet. Scheinbar zieht der Name Ghost Woman noch nicht so richtig. Das Konzert findet also im kleinen, dunklen Club statt. Das passt tatsächlich auch besser zum Sound.
Zu Beginn verspielte Psychedelik
Aber zuerst der Opening-Act: Suzan Köchers Suprafon ist eine psychedelische Folk-Rock-Formation aus Solingen. Heute allerdings zum Duo geschrumpft, wie Frontfrau Suzan Köcher mitteilt. Die Sängerin wird nur unterstützt vom Gitarristen Julian Müller und „Drummachine und Loop“, wie sie ergänzt. Und das funktioniert ganz ausgezeichnet: Verspielte Psychedelik, düstere Krautrock-Anleihen und melancholischer Dream Pop, getragen vor allem von Müllers catchy Gitarrenmelodien. Gesungen wird mal in Englisch, mal in Französisch oder auch Deutsch. Bereits nach einer halben Stunde endet das sehr kurzweilige 8‑Stücke-Set mit dem Track Suprafon, aus ihrem letzten, in Austin/Texas aufgenommen Album. Ein neues wird Mitte Oktober folgen. Erste Tracks davon sind auch schon am heutigen Abend zu hören. Auch wenn das Publikum dies fordert, eine Zugabe gibt es von der Support-Band nicht.
Vernuschelte Vocals
Großer Bühnenumbau ist eigentlich nicht nötig und nach gut einer halben Stunde betritt das Duo Ghost Woman die Bühne und steigt ohne Grußwort mit „Bonehead“, Opener ihres aktuellen Albums „Hindsight Is 50/50“, direkt in das heutige Set ein. Sofort wird klar: Es wird laut, brachial und düster – und die einzelnen Tracks werden deutlich ausgedehnter als auf dem Album, ohne dabei zu zerfasern, denn immer wieder gibt sich Uschenko ausgiebigen, stark verzerrten Noise-Gitarren-Eskapaden hin, während Drummerin Ille van Dessel stoisch und kraftvoll auf ihr Instrument einprügelt – mit aufgrund des hinter ihr stehenden Ventilators wild wehenden Haaren, was die Energie und Kraft ihrer Performance noch verstärkt. Die Vocals kommen wie auf dem Album mit viel Hall daher, wirken aber leider extrem vernuschelt und modulieren mehr den Sound als dass sie etwas mitteilen. Hier hätte ich mir eine präzisere Abmischung gewünscht. Tatsächlich spielt das Duo fast ausschließlich Tracks des aktuellen Albums, wie Uschenko in einer seiner wenigen Hinwendungen zum Publikum betont: „We don‘t play older tracks. Time is moving.“ Mir recht, ich liebe das Album, und so lauschen wir nahezu ohne Übergang den Live-Versionen vom treibenden, repetitiven „Highly Unlikely“, vom melodischen „Alright, Alright”, von „Ottessa“, bei dem beide im Duett singen, von „Juan“, dem titelgebenden „Hindsight Is 50/50“, und wie sie alle heißen. Aber ein paar frühere Tracks gibt es dann doch, wie etwas das poppige, groovende „The End of Gun“ vom Vorgänger „Anne, If“, das einige zum Mitsingen anregt, oder auch „Along“, das in dieser Live-Interpretation viel von seiner Leichtigkeit verliert. Aber wie gesagt: Alle Stücke, die heute gespielt werden, kommen extrem noisig und gewaltig daher. Es ist schon erstaunlich, dass ein Duo eine solche Wall-of-Sound hochziehen kann. Aber als Freund liebevoller Lärmmusik ist das so ganz nach meinem Geschmack. Also alles gut… nur die Vocals hätte ich mir akzentuierter gewünscht. Mit dem Track „Yoko“ beenden sie die reguläre Show, im Nachgang gibt es noch eine kleine Zugabe.