Hendrik Otremba, geboren 1984 in Recklinghausen, ist sehr umtriebig. Man kennt ihn als Schriftsteller, bildenden Künstler und vor allem Sänger der Gruppe Messer, außerdem arbeitet er als Dozent für kreatives Schreiben. Damit nicht genug: Als freier Journalist schreibt er sporadisch über Musik, und seine Malereien gestalten u.a. die Cover von Künstlern wie Holger Czukay (CAN) und Michael Rother (NEU!). Sein neuestes Projekt: Er veröffentlichte ein Album als Solo-Künstler. Ein „riskantes Manöver“? So nennt er jedenfalls sein Debüt-Album. „Riskantes Manöver“ war übrigens auch der Titel seiner Einzelausstellung in Mainz bei der Emde Gallery (2021), die einen Überblick über sein malerisches Schaffen präsentierte.
Hendrik Otremba
Riskantes Manöver
Veröffentlicht: 31. März 2023
Label: Trocadero/Indigo
„Riskantes Manöver“ versteht sich als loses Konzeptalbum, in dem eine Figur namens „’66“, auf dem Cover mit bandagiertem Gesicht abgebildet, zu seufzenden Filmstreichern, sanften Klavierkompositionen und harten Gitarrengewittern die Apokalypse und den Niedergang beschreibt und das sich als wilder Referenz-Parcours entpuppt. Ganz stark: „Nektar Nektar“, das sich lärmend und verjazzt über sieben Minuten erstreckt. Der morbide Track „Der Gräber“ hingegen schleppt sich träge und schwer dahin, bis gegen Ende ein jaulendes Saxophon eine wüste Kakophonie einleitet, in „New York II“ schwelgen die Streicher und eine zarte Melodie deutet Bowies „Space Oddity“ an. Schwer und bedeutungsschwanger auch die Klavierballade „Fremdes Gebäude”. Otremba mimt auf seinem Debütalbum den schwermütigen Crooner, der auch keine Schlager scheut und damit nur knapp am Kitsch vorbeisegelt. So zum Beispiel der Song „Smog in Frankfurt“, eine Cover-Version des gleichnamigen Michael Holm-Schlagers. Dieser Song ist ein Duett zwischen Otremba und Stella Sommer (Die Heiterkeit), das mich mich ein wenig an die wunderbare Ballade „Stella Maris“ der Neubauten erinnert. Am Ende des Albums kreischt eine Babystimme „jajajaja“. Gibt es bei aller Düsternis doch noch ein wenig Hoffnung? Produziert hat Hendrik Otremba das Album zusammen mit Christoph Bartelt (Kadaver) und Alan Kassab, mit denen er auch die Musik eingespielt hat, unterstützt werden sie von einer illustren Schar weiterer Gäste, Freund*innen und Familienmitglieder, u.a. Alex Zhang Hungtai (Saxophon), Gregor Schwellenbach (Klavier) und wie gesagt Stella Sommer.