Jeff Parker ist ein US-amerikanischer Gitarrist, Komponist und Produzent, der vor allem für seine Arbeit in den Genres Jazz, Rock und experimentelle Musik bekannt ist. Geboren am 4. April 1967 in Bridgeport, Connecticut, begann Parker früh, Gitarre zu spielen, und entwickelte ein Interesse für improvisierte und experimentelle Musik. Nach seinem Studium am Berklee College of Music in Boston zog Parker nach Chicago, wo er Teil der lebendigen Jazz- und experimentellen Musikszene wurde. Bekannt wurde er vor allem als Mitglied der Band Tortoise, einer Pioniergruppe des Post-Rock-Genres, die Jazz, Elektronik und Rock miteinander verschmolz. Sein Beitrag als Gitarrist und Komponist trug maßgeblich zum einzigartigen Klang von Tortoise bei. Neben seiner Arbeit mit Tortoise verfolgt Parker eine erfolgreiche Solokarriere. So veröffentlichte er 2016 mit „The New Breed“ eine Hommage an seinen verstorbenen Vater, die Jazz, Funk und Soul miteinander verbindet. Eine weitere musikalische Widmung erschien 2020 mit „Suite for Max Brown“, einem Album, das seiner Mutter gewidmet ist. Für die elf Tracks des Albums hat der Multiinstrumentalist Musik aus seiner eigenen Sammlung gesampelt, zerschnitten und geloopt und diese um frisch eingespielte Improvisationen bereichert. Parker ist weiterhin mit Tortoise sowie den innovativen Ensembles Jeff Parker Trio und ETA IVtet aktiv.
Das Live-Album „The Way Out of Easy“ erschien am 22. November 2024 beim Premium-Label International Anthem. Aufgenommen wurde es im Januar 2023 während eines Auftritts seines Quartetts, des ETA IVtet, im ETA Highland Park in Los Angeles. Das Quartett besteht neben Parker aus dem Alt-Saxophonisten Josh Johnson, der Kontrabassistin Anna Butterss und dem Schlagzeuger Jay Bellerose – und ist damit identisch mit der Besetzung des hochgelobten Vorgängeralbums „Mondays at the Enfield Tennis Academy“ vom Oktober 2022. Und auch das musikalische Konzept ist mit dem damaligen vergleichbar: Über leicht variierende Wiederholungen legen die Musiker*innen ihre langen, treibenden Improvisationen.
Minimalistische Klangwelten
Das Album teilt sich in vier improvisierte Jazzstücke auf. In der Doppel-LP der Vinylversion bedeutet das: Pro Plattenseite ein Track – und die haben es in sich. Jazz, Funk, Minimal-Music und Hip-Hop-Elemente werden nahtlos miteinander verbunden. Besonders hervorzuheben ist der 23-minütige Auftakttrack „Freakadelic“ mit seinem stoischen, pumpenden Hip-Hop-Groove. Dieser Groove, unterlegt von angedeutetem Funk, bestimmt den Song und macht ihn zu einem echten Kopfnicker. Saxophon und Gitarre übernehmen die Rhythmik und umschmeicheln den Groove, begleitet von einem fetten Akustikbass. Ganz ähnlich funktionieren auch die folgenden Tracks. Es passiert nicht viel – minimalistisch entwickeln sich die Songs zu leicht wegdriftenden, spacigen Sounds, die immer wieder Raum für zarte, ausladende Solo-Improvisationen bieten. „Late Autumn“ und das mit dem Albumtitel spielende „Easy Way Out“ sind ebenfalls minimalistisch gehalten, geprägt von sich wiederholenden Gitarrenmustern, verwischten Saxophon-Soli und zarten Electronics. „Chrome Dome“ variiert dieses Spiel leicht. Hier prägt ein phänomenaler Dub-Groove den Sound, über den sich herrliche Saxophon-Linien legen.
Unendlicher Spaß
Der Aufnahmeort The Enfield Tennis Academy, in dem Parker mit seinem Quartett regelmäßig an Montagabenden auftrat, ist übrigens benannt nach David Foster Wallaces Roman „Unendlicher Spaß“ (Infinite Jest). Der zentrale Handlungsort des Romans ist die elitäre „Enfield Tennis Academy“ (E.T.A.), ein Internat auf einem Hügel nahe der fiktiven Stadt Enfield bei Boston, in dem Jugendliche zu künftigen Tennisprofis gedrillt werden. Auch wenn Jeff Parker selbst keinen direkten Bezug zu dem Roman hergestellt hat, lassen sich einige thematische Parallelen zwischen Roman und Album erkennen. Sowohl Wallaces Werk als auch Parkers Musik sind tief in einer breiten Palette von kulturellen und philosophischen Einflüssen verwurzelt. Beide Werke sind entsprechend fordernd: Sie vereinen komplexe, improvisierte Strukturen, die nicht immer leicht nachzuvollziehen sind, aber mit unerwarteten Momenten von Schönheit und Klarheit belohnen. Auch neigen beide zu Überlängen: Der Roman umfasst in der gebundenen Ausgabe 1552 Seiten, während die vier Tracks des Albums eine Gesamtlaufzeit von etwa 80 Minuten einnehmen. Doch „Länge“ bedeutet hier nicht „langweilig“, denn in beiden Werken gibt es viel zu entdecken – und beide machen „unendlichen Spaß“.