Laibach unerwünscht

Eigentlich sollte die slowenische Kunstgruppe Laibach Ende März in Kiew spielen. Aufgrund von Protesten wurde das Vorhaben schnell wieder abgesagt.

Kaum ver­kün­det, war es auch schon wie­der vor­bei. Kurz bevor sich der rus­si­sche Angriffs­krieg gegen die Ukraine jährte, kün­dig­ten die Musi­ker des Lai­bach-Kol­lek­tivs für den 31. März ein Kon­zert in der ukrai­ni­schen Haupt­stadt Kiew an. Titel der Ver­an­stal­tung: „Euro­vi­sion“. So sollte der „Euro­vi­sion Song Con­test“ sym­bo­lisch wie­der zurück in die Ukraine gebracht wer­den. Auf­grund des rus­si­schen Angriffs­krie­ges wurde die­ser ja bekannt­lich nach Liver­pool ver­legt. Tat­säch­lich wäre die Ukraine als Gewin­ne­rin der Euro­vi­sion 2022 die eigent­li­che Gast­ge­be­rin für 2023. Soweit die Idee. Kurz nach Bekannt­gabe des geplan­ten Auf­tritts wurde aller­dings eine der­art hef­tige Kon­tro­verse in den „Sozia­len Medien“ los­ge­tre­ten, dass Lai­bach kur­zer­hand wie­der aus­ge­la­den wurde. Der Vor­wurf: Lai­bach hatte in frü­he­ren Aus­sa­gen gegen­über der Presse den Krieg als „einen zyni­schen Stell­ver­tre­ter­krieg für die geo­stra­te­gi­schen Inter­es­sen“ der Welt­mächte bezeich­net. Viele Ukrainer*innen setz­ten dar­auf­hin Posts auf Face­book ab, die Laib­achs Aus­sage mit rus­si­scher Staats­pro­pa­ganda ver­gli­chen, die die Inva­sion als Kon­flikt mit der NATO dar­stellt und die Ukraine zu einem Mario­net­ten­staat des Wes­tens redu­ziert. Ich selbst habe Lai­bach in den 80ern live gese­hen. Es war eine sehr inten­sive, aber auch ver­stö­rende Per­for­mance. Die Gruppe bediente sich — und tut dies immer noch — einer extrem tota­li­tä­ren, mili­ta­ris­ti­schen Ästhe­tik ohne jeg­li­che Iro­nie, ähn­lich wie es auch Ramm­stein spä­ter abge­kup­fert haben. Mich hat ihre Kunst danach nicht mehr groß inter­es­siert, ich hatte die Künst­ler­gruppe aber den­noch immer irgend­wie auf dem Schirm (nicht zuletzt dei­net­we­gen, Erne). Und natür­lich ver­steht Lai­bach ihre Kunst­per­for­mance nicht als Pro­pa­ganda für eine bestimmte Ideo­lo­gie, son­dern möchte sie bloß­stel­len, indem sie sie imi­tiert. So hat die Band sowohl im lin­ken als auch im rech­ten Lager ihre Anhän­ger gefun­den: Lai­bach wer­den sowohl als Krypto­fa­schis­ten als auch als Kom­mu­nis­ten bezeich­net. Sie selbst haben nach der Kon­zert­ab­sage noch ein­mal deut­lich Putin ver­ur­teilt und als Moti­va­tion ihres Auf­tritts allein die — auch finan­zi­elle — Unter­stüt­zung der Ukraine genannt. Lai­bach hat bereits 1997 und 2013 in Kiew und Char­kiw gespielt und ist dort nicht nega­tiv mit bös­ar­ti­ger Pro­pa­ganda auf­ge­fal­len, aber in die­ser beson­de­ren Situa­tion kann man ver­ste­hen, dass sich die Ukraine gegen einen Auf­tritt des Künst­ler­kol­lek­tivs ausspricht.


Lai­bach hat übri­gens 2015 als erste West­band über­haupt ein Kon­zert im abge­schot­te­ten Nord­ko­rea absol­viert. Anlass für den Auf­tritt in Pjöng­jang war der 70. Jah­res­tag des Endes der japa­ni­schen Besat­zung Nordkoreas.

Laibach posieren in Pjöngjang
Lai­bach posie­ren in Pjöng­jang ©Jørund F. Pedersen

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