Lass alles los

Die Nerven
31. Januar 2023 • Luxor, Köln

Die Ner­ven haben schon län­ger den Ruf, die beste deut­sche Live­band zu sein, und das nicht zu Unrecht. Ich hatte schon mehr­fach die Gele­gen­heit, mich davon zu über­zeu­gen — unter ande­rem in der wun­der­ba­ren Atmo­sphäre des aus­ver­kauf­ten Bach­saals der Johan­nes­kir­che anläss­lich des New-Fall-Fes­ti­vals in Düs­sel­dorf. Jetzt also das Luxor — natür­lich eben­falls aus­ver­kauft. Auf­grund einer Knie-OP konnte ich mir kei­nen opti­ma­len Platz im über­vol­len Saal erkämp­fen, mit dem Ergeb­nis, dass ich von dem Gesche­hen auf der Bühne zunächst nichts mit­be­kam. „Warum tust du dir das über­haupt an. Zuhause mit Kopf­hö­rer ist wahr­schein­lich bes­ser“, war mein spon­ta­ner Gedanke. Aber schon nach den ers­ten Tak­ten von „Europa“, dem Ein­stiegs­song des aktu­el­len Albums, war mir klar, warum ich im Luxor war. Dem Sog die­ses Sounds zwi­schen Noise-Gewit­tern, Post-Punk-Gebal­ler und wun­der­ba­rem Feed­back-Getöse gehal­ten von Julian Knoths mar­kan­ten Bass­läu­fen kann man sich nur unschwer entziehen.

Mit der Zeit kam auch Bewe­gung ins Publi­kum und so konnte ich auch dem Trei­ben auf der Bühne fol­gen. Hier sah man ein gut auf­ge­leg­tes Trio, das wie im Rausch durch ein tol­les Set des aktu­el­len Albums „DIE NERVEN“ führte — dazu ein paar alte Songs wie „Frei“, „Bar­fuß durch die Scher­ben“ und „Nie­mals“, zwi­schen­durch noch ein klei­ner Hard­core-Aus­flug mit einem Song von Kevin Kuhns eige­ner Band und ein ver­punk­tes in den Saal geprü­gel­tes Motör­head-Cover „Ace of Spa­des“. Das alles mit einer Per­for­mance, die abso­lut über­zeugte. Kevin Kuhn mimte iro­nisch wie eh und je den sym­pa­thi­schen Clown, Max Rie­ger legt die ein oder andere ele­gante Tanz­ein­lage hin und Bas­sist Julian Knoth explo­dierte immer mal wie­der in sei­ner unnach­ahm­li­chen Art. Ein­zi­ger Wer­muts­trop­fen: Bei einem alles in allem her­vor­ra­gen­dem Sound geriet der Gesang von Julian Knoth zu dumpf und leise. Den­noch: Das Trio aus Stutt­gart ist mit sei­nem mäch­ti­gen, aber fein aus­ge­stal­te­ten Post­punk einer der bes­ten deut­schen Live-Acts. Das Kon­zert endete in der zwei­ten Zugabe mit dem letz­ten Song ihres aktu­el­len Albums : „180º” — und damit hatte Klaus unwill­kür­lich für die Rück­fahrt und viel­leicht auch noch für den nächs­ten Tag einen wun­der­ba­ren Ohr­wurm. (Vie­len Dank auch für die Ein­la­dung, Klaus!)

Hier ein klei­ner Aus­schnitt aus dem Kon­zert — von Ed Wal­ker auf You­Tube gestellt. Danke, Ed!