Das Originalfoto der mysteriösen Gestalt auf dem Cover von Led Zeppelin IV tauchte in einem alten Fotoalbum auf — auch die Identität des Mannes wurde gelüftet.
Heute am 8. November – also vor genau 52 Jahren – veröffentlichten Led Zeppelin ihr viertes Album. Auf dem Cover tauchte weder der Name der Band noch ein Albumtitel auf. Das damalige Label der Band, Atlantic Records, befürchtete, dass sich ein solches Album nur schwer verkaufen läßt. Schließlich war auf dem Cover nur das merkwürdige Bild eines alten, Haselnussruten tragenden Mannes zu sehen, aufgehängt an einer Wand, von der die Tapete abblättert. Die Band wollte beweisen, dass sich ihre Platten auch ohne einen direkten Hinweis auf die Urheber verkaufen lassen. Inoffiziell bekam das Album den Titel „Led Zeppelin IV“, da es die vierte Veröffentlichung der Band war.
Eine Ikone der Rockmusik
Die Band sollte Recht behalten: Das Album verkaufte sich über 37 Millionen Mal und wurde damit zur erfolgreichsten Veröffentlichung des britischen Quartetts – auch der auf dem Album gelistete Track „Stairway to Heaven“ avancierte zu dem wohl bekanntesten Led-Zeppelin-Song. Das Cover selbst ist heute ebenfalls eine Ikone der Rockmusik. Über die Gestaltung und Bedeutung des Covers wurden indes viele Vermutungen angestellt, selbst von Okkultismus war die Rede. Eines der größten Rätsel aber bliebt die Identität des gebeugten Mannes auf dem Titelbild.
Schlangenfänger oder okkulte Figur
Zunächst hieß es, Robert Plant hätte das Bild in einem Second-Hand-Laden in Reading, Berkshire gefunden. Einige behaupteten, der alte Mann sei Henry „Brusher“ Mills, ein bekannter Schlangenfänger aus der viktorianischen Zeit, der in Hampshires New Forest lebte. Jimmy Page stellte angeblich eine Ähnlichkeit der Figur mit „Old George“ Pickingill fest — er war der erste Lehrmeister in okkulten Dingen für Aleister Crowley. Ansonsten hielt sich Page äußerst bedeckt. Gegenüber der Times bemerkte Page 2010: „Das Cover sollte etwas sein, das andere Leute genießen können, anstatt dass ich alles genau ausführe. Das würde die ganze Sache auf der Ebene des persönlichen Abenteuers mit der Musik eher enttäuschend machen.”
Ein Strohdachdecker aus Wiltshire
Nun wurde das Geheimnis gelüftet: Das Originalfoto, auf dem das Gemälde basiert, wurde bei Recherchen für eine bevorstehende Ausstellung im Wiltshire Museum in Devizes gefunden und entstammt einem alten Fotoalbum aus viktorianischer Zeit. Brian Edwards, Gastdozent an der University of the West of England und großer Led-Zeppelin-Fan, erkannte das Foto bei seinen Recherchen sofort und forschte weiter. Unter dem betreffenden Foto befand sich auch eine Beschreibung: „Ein Strohdachdecker aus Wiltshire.“ Sehr wahrscheinlich war der Mann der Dachdecker Lot Long (oder Longyear), der von 1823 bis 1893 in dem Örtchen Mere lebte. Fotograf war Ernest Howard Farmer, der erste Direktor der Schule für Fotografie an der Regent Street Polytechnic, die genau zu jener Universität of Westminster gehört, in der die geplante Ausstellung mit eben jenem Foto gezeigt werden soll. Im Innenteil des Gatefold-Covers sieht man übrigens die Wand eines Abbruchhauses, an der das Bild hängt, und im Hintergrund ein Hochhaus. Laut Interpretation soll hier der Verlust, der mit Fortschritt einhergeht, angedeutet werden. Oder wie Jimmy Pages es 2008 in einem Interview formulierte: „Wir wollten die Gegensätzlichkeit von Stadt und Land ausdrücken. Und sagen: Wir müssen uns um die Erde kümmern und dürfen sie nicht vergewaltigen und plündern.“ Ein Anliegen, das heute aktueller denn je ist.