Lovebird-Festival
6. bis 8. Juni 2024 • Düsseldorf
Die Düsseldorfer Jazz-Rally ist tot, es lebe das Lovebird-Festival. Mit 35 Events aus Jazz, Hip-Hop und Indie startet ein neues Festival in Düsseldorf. Bei einem Konzert war ich dabei…
Am 6. Juni spielte Chelsea Wolfe in der Kantine in Köln. Ich hatte eine Karte. Aber wie das so ist: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt (wo kommt der bescheuerte Spruch eigentlich her?). Ich bekam jedenfalls eine Einladung zum Auftaktevent des ersten Lovebird-Festivals in Düsseldorf, das man aufgrund der Initiatoren als Ersatz für die eingestellte Düsseldorfer Jazz-Rally betrachten darf, für die ich weit über 20 Jahre gestalterisch tätig sein durfte. Natürlich nehme ich die Einladung — auch wenn diese ebenfalls für den 6. Juni ist — gerne an, zumal Gabi, die ebenfalls eingeladen ist, sich über einen solchen Act besonders freut: Thomas D and The KBCS — zwar nicht gerade meine erste Wahl, aber aus Loyalität und Liebe: Good bye Chelsea Wolfe!
Legendäre Jazz-Cover auf Leinwand gebannt
Der Festivalabend startet zunächst mit einem kurzen Besuch in der Part2Gallery in der Düsseldorfer Altstadt. Hier präsentiert der Düsseldorfer Künstler und Grafik-Designer Dietrich Rünger seine serielle Arbeit unter dem Titel „Painted Jazz“. Sie umfasst die künstlerische Neu-Interpretation von über 50 Blue Note Album-Covern. Seit 1959 beschäftigt sich der Künstler mit dem wohl berühmtesten Jazz-Label der Welt und gibt den zum Teil legendären Alben ein neues Gesicht: mit Fotos, Collagen, Studien und Gemälden sowie einer zeitgemäßen Typografie. Fun-Fact: Der Künstler ist 1939 geboren, dem Gründungsjahr des Plattenlabels Blue Note Records, das von den beiden deutschen Emigranten der NS-Diktatur Alfred Lion und Francis Wolff in New York ins Leben gerufen wurde. Neben dieser Hommage an jene legendären Jazzalben zeigt die Ausstellung auch großformatige Bilder des Künstlers, die er assoziativ nach Jazz-Kompositionen gemalt hat – eine Sichtbarmachung von Tönen in Form und Farbe, wenn man so will. Die Kraft und Leidenschaft des Jazz wird so visuell erlebbar. Begleitet wird die Vernissage von DJ Sven Rünger. Der Sohn des Künstlers legt passend zu den Blue Note Covern seines Vaters Jazzplatten auf und versprüht so den Charme eines Jazz-Clubs mit dem unverkennbaren Sound der Klassiker.
Hip-Hop im zarten Jazzgewand
Für das musikalische Pre-Opening geht es in die Rudas Studios im Düsseldorfer Medienhafen. Hier tritt Thomas D von den Fantastischen Vier mit der Hamburger Band The KBCS im kleinen Rahmen auf (mit „Die Fantastischen Vier“ spielte der Hip-Hopper auch schon mal vor mehr als 250.000 Menschen). Der erste Eindruck: Das einstige Film- und Tonstudio entpuppt sich als mittelgroße, hochmoderne Eventlocation mit gigantischer Lichtanlage und diversen Großmonitoren. Und dann stellen wir auch noch fest, dass wir bevorzugt behandelt werden. Getränke sind für uns genauso kostenlos wie die Currywurst (oder die vegane Alternative) vom Düsseldorfer Curry. Die Party kann also beginnen: Gut aufgelegt betritt Thomas D pünktlich die Bühne – unterstützt von The KBCS, einem Quartett, das er, wie er erläutert, 2019 kennenlernte und deren warmer Vintage-Sound ihn so begeisterte, dass er sie kurzerhand für seine Projekte engagierte. Und tatsächlich harmoniert ihr Sound perfekt mit Thomas Ds zeitlosen Texten. Die Band entwirft mit trockenen Drums und erdigen Basslines, spacigem Keyboard und filigranen, melodiösen Gitarren einen perfekten Sound für die engagierten Lyrics von Thomas D, die vor allem in den ruhigeren Tracks vielleicht etwas zu missionarisch wirken. Es ist ein lässiges, entspanntes Jazzgewand, das die Band hier ausbreitet. Ihre musikalischen Finessen stellen sie im Mittelteil des Konzerts unter Beweis, als der Stuttgarter Rapper ihnen die Bühne überlässt und sie sich rein instrumental präsentieren. Insgesamt wechseln die Musiker geschickt zwischen leiseren Tönen und lauten, intensiven Momenten, zwischen instrumentalen und wortgewaltigen Tracks, zwischen typischen Thomas-D-Songs wie „Gott ist mein Zeuge“ und „Gebet an den Planet“ und Klassikern wie „Rückenwind“ oder „Liebesbrief“ oder auch Fanta-Vier-Hits wie „Es wird Regen geben“. Irritierend allein ist das zeitweise doch recht laute (VIP-)Publikum. Aber mein Freund Thomas meint dazu: Eine Band dieses Formats sollte in der Lage sein, das Publikum zu fesseln und zu faszinieren. Das scheint heute Abend zumindest auf dem VIP-Podest nicht immer zu gelingen – dennoch ein cooler, sympathischer Auftritt.
Ende gut, alles gut
Thamas und Martina hatten in den folgenden Tagen noch die Gelegenheit, sich andere Acts des Festivals anzuschauen und waren insgesamt begeistert. Vor allem die Show des Pianisten und Komponisten Bill Laurance hat sie umgehauen, aber auch das Musikkollektiv Botticelli Baby aus Essen sei großartig gewesen. Und Chelsea Wolfe? „War phantastisch“, wie Klaus mir versicherte und diverse Youtube-Videos scheinen ihm Recht zu geben. Aber – zum Schluss noch mal ein blöder Boomer-Spruch – „man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen“. Hoffentlich ergibt sich für mich noch einmal die Gelegenheit, diese begnadete Musikerin live zu sehen.