Meursault
14. März 2024 • Wohnzimmer, Mönchengladbach
Heute ist ein ganz besonderes Konzert: Alex und Georg laden mal wieder in die Beckersstraße/Mönchengladbach zu einem kleinen Hauskonzert und es heißt wieder „Konzert mit Hut“, denn es gibt wie immer zwei Hüte, einen für die Musizierenden und einen für die Getränke — und es verspricht einmal mehr ein toller Abend zu werden. Eingeladen haben die beiden eine schottische Indie-Rock-Band aus Edinburgh. Meursault wurde 2006 von Singer-Songwriter Neil Pennycook gegründet. Ursprünglich galt der Bandname als eine Anspielung auf die Hauptfigur des Romans „Der Fremde“ von Albert Camus. Aber wie Neil Pennycook mir später gesteht, hat er heute keinen Bezug mehr zu diesem Namen. Damals wählte er ihn, weil der Nihilismus des Romans ihm so zusagte.
Anders als geplant, aber dennoch perfekt
Und auch gleich zu Anfang des Konzerts bemerkt Pennycook: „I am Mersault“ und mit Verweis auf die beiden Mitmusiker „we are Mersault. We all are Mersault, Mersault is the situation, Mersault is the whole thing.“ Tatsächlich ist die Bandzusammensetzung immer eine andere, einzige Konstante ist Frontmann Neil Pennycook — heute begleitet von Fionnbarr Byrne an der Gitarre und Calum Macleod an der Ukulele. British Airways ist es zu verdanken, dass das heutige Set komplett anders verläuft als geplant. Schließlich hat die Airline das Instrumentarium der Band verbummelt. Lediglich Pennycook kann auf seiner eigenen Gitarre spielen, bei den restlichen Instrumenten hilft Georg mit seinem Equipment aus. Dadurch wirkt der Auftritt weitgehend wie ein Soloprojekt von Neil Pennycook. Die beiden Mitmusiker begleiten ihn stimmlich und gelegentlich zusätzlich noch mit Gitarre und Ukulele. Diese Reduzierung auf das Wesentliche betont die Intimität dieses Wohnzimmerkonzerts und natürlich wirken die Songs deutlich fragiler als ihre Albumversionen. Sie fokussieren sich ganz auf die stimmlichen Qualitäten von Pennycook. Dieser gibt sich stimmgewaltig und souverän, bricht aber immer wieder in grimmige Intensität aus, schreit dabei. Nachdem er die ersten beiden Songs „William Henry Miller“ und „Nakhla dog“ noch zurückhaltend interpretiert, zeigt er sich schon bald in einer herzzerreißenden Direktheit, wechselt von zartem Timbre zum lautstarken, krachenden Tenor. Er singt von fehlerhaften Erinnerungen und tiefer Verzweiflung, erzählt dunkle Geschichten und alte Jugenderinnerungen – und ist dabei ein sympathischer und amüsanter Entertainer. Ein Höhepunkt ist sicherlich der Song „The Mill“, bei dem die Musiker die Bühne verlassen, um das Klavier am anderen Ende des Wohnzimmers benutzen zu können, der Frontmann wiegt sich singend im Publikum, das den Refrain schon bald lautstark mitsingt: „We have seen it all before“. Zurück auf der kleinen Bühne, beenden die Musiker mit einem letzten Song ihren Auftritt. Er endet mit „For the last time hello, leave me alone”. Natürlich gibt es dann noch eine kleine Zugabe, gewidmet Pennycooks erst vor ein paar Monaten geborenen Sohn Brodie. Alles in allem ein perfektes Konzert, das zeitweilig an die großartigen Neutral Milk Hotel erinnerte.
Zum Abschluss findet man wie immer um die Feuertonne im Garten zusammen, plaudert über das Konzert, über Musik im Allgemeinen und läßt den Abend langsam ausklingen. Vielen Dank an Georg und Alex, die das Alles wieder einmal möglich gemacht haben, an Thorsten für seine Ligthshow, an Uwe für den Sound und natürlich an Meursault für die tolle Show.
Hier noch ein paar Impressionen: