Playlisten mit menschenverachtenden und faschistischen Inhalten werden auf nahezu allen Streaming-Diensten angeboten.
Aufgrund des Skandalvideos aus einem Sylter Lokal, in dem junge Menschen zu Gigi D’Agostinos „L’Amour Toujours“ Nazi-Parolen grölten, rücken auch die Streaming-Plattformen mit ihren Playlists in den Fokus. So konnte man bei Spotify feststellen, dass User*innen, die nach diesem Titel suchten, proaktiv Playlisten mit faschistischem, nationalistischem und menschenverachtendem Liedgut angeboten wurden – und das, obwohl Gigi D’Agostinos harmloses Liedchen eigentlich nichts mit dieser Szene zu tun hat.
„I love Hitler“
Aber Spotify hat schon länger ein „Naziproblem“. Auf der Streamingplattform findet man unzählige Playlists mit menschenverachtenden und faschistischen Inhalten. So stößt man auf Playlists mit so „wohlklingenden“ Namen wie „Hitler Jungen“, „i love Hitler“, „gas like hitler“ oder auch „Rechts for ever“, „Rechts im Regal“ und ganz schlicht „Rechtsradikal“ – und was ist von einer Playlist mit dem Titel „SS Nazi Schutzwaffe“ zu halten? In den jeweiligen Songlisten tauchen ganz selbstverständlich rechtsextrem eingestufte Bands wie FLAK, Moshpit und Übermensch auf. Um mir meinen Algorithmus nicht allzu sehr zu ruinieren, habe ich nur flüchtig nach entsprechenden Inhalten gesucht, und es ist sicher nur die Spitze des Eisbergs, die ich zu sehen bekam. Bilder von Hitler oder auch verbotene nationalsozialistische Symbole werden als Cover der Playlisten abgebildet. Bereits 2020 forderte der deutsche Verfassungsschutz zum Beispiel die Löschung der Lieder der Nationalsozialistischen Black-Metal-Band (NSBM) Übermensch, deren Tracks mit „Deutsches Herz“, „Ewiges Reich“ oder auch „Heil Dir!“ mit der Zeile „Heil dir, meine geliebte Heimat, Heil dir, mein geliebtes Land“ betitelt sind. Nach wie vor werden Songs der Band angeboten. Übermensch zieht laut Statistik mehr als 30.000 monatliche Zuhörer*innen an, die norwegische NSBM-Band Burzum bringt es gar auf 223.000 monatliche Zuhörer*innen.
Fast alle Streaming-Dienste betroffen
Einfache Recherchen legen die Vermutung nahe, dass Nazi-Musik bei nahezu allen Streaming-Diensten und Videoplattformen zu finden ist. Allerdings sollte muss man auch feststellen: Die Situation sah auch schon einmal deutlich drastischer aus. Nach vielen Beschwerden sind Dutzende extreme Bands, die in früheren Medienberichten als frei verfügbar genannt wurden, inzwischen gesperrt. Darunter Bands wie Hassgesang, Division Germania oder Sturmtruppen Skinheads. Knallharter Rechtsextremismus findet sich in der frei verfügbaren Musik mittlerweile weniger deutlich. Grundsätzlich sind die Streaming-Dienste für die angebotenen Inhalte verantwortlich, so verbieten die Nutzungsbedingungen von Spotify „Inhalte, die zu Gewalt oder Hass gegen eine Person oder eine Gruppe von Menschen aufgrund von Rasse, Religion, Geschlechtsidentität oder ‑ausdruck, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Nationalität, sexueller Orientierung, Veteranenstatus, Alter, Behinderung oder anderen Merkmalen, die mit systemischer Diskriminierung oder Marginalisierung verbunden sind, aufrufen“. Wenn solche Inhalte jedoch verschleiert werden oder die Gesinnung lediglich durch Äußerungen auf Social Media oder Auftritte bei Rechtsrock-Festivals sichtbar wird, reagiert der Konzern nicht.