Der amerikanische Musiker, Sänger, Songwriter und Produzent Jack White wird am 9. Juli 1975 als John Anthony Gillis in Detroit, Michigan geboren und wächst in einer katholischen Großfamilie mit neun Geschwistern auf. Bereits mit 5 (andere Quellen sagen 11) Jahren beginnt er, Schlagzeug zu spielen, mit 15 Gitarre. Neben seinem Studium an Detroits Cass Technical High School macht er eine Ausbildung in einem Polstereibetrieb und eröffnet 1996 seine eigene Polsterei, die Third Man Upholstery, aus der der Kreativ-Cosmos „Jack White Art & Design“ entsteht, der eine breite Palette kreativer Dienstleistungen anbietet – von Grafikdesign und Fotografie über Innenarchitektur und Möbelbau bis hin zum Instrumentenbau. Berühmt wird White allerdings vor allem als Frontmann und Gitarrist der Band The White Stripes, die er 1997 zusammen mit seiner Frau Meg White gründet. Mit ihrem minimalistischen Rock-Sound und Hits prägen sie die Musikszene der 2000er Jahre, das „ho-hoho ho-ho-ho“ ihres Hits „Seven Nation Army“ ist mittlerweile fester Bestandteil diverser Sportveranstaltungen. Über das Verhältnis der beiden kursieren zunächst unterschiedliche Angaben. Jack bezeichnet sie als seine Schwester, die amerikanische Presse indes berichtet über eine Eheschließung, die 2000 wieder aufgehoben wird. Beide Künstler schweigen sich in der Öffentlichkeit darüber aus. Neben seiner Arbeit mit The White Stripes spielt Jack White in den Bands The Raconteurs und The Dead Weather. 2012 startet er mit dem Album „Blunderbuss“ seine Solokarriere. Mittlerweile gibt es von ihm als Solokünstler sechs Studioalben, sechs Live-Alben, ein Compilation-Album und 20 Singles. Auch auf der Leinwand darf man White bewundern: In Jim Jarmuschs Film „Coffee And Cigarettes“ (2003) zeigt Jack in einer Episode seiner „Filmschwester“ Meg eine selbstgebaute Tesla-Spule („Jack Shows Meg His Tesla Coil“). In dem Science-Fiction-Comic „Mutant Swingers From Mars“, der bereits 1998 gedreht aber erst 2009 fertiggestellt wird und seine Weltpremiere feiert, übernimmt er die Rolle des Mikey. In der US-amerikanischen Filmkomödie „Walk Hard“ von 2007 mimt White die Legende Elvis Presley. Daneben ist White auch ein erfolgreicher Produzent und betreibt das Plattenlabel Third Man Records. Entsprechend weitreichend ist sein Einfluss auf die Musikszene, er wird oft als einer der innovativsten Musiker seiner Generation bezeichnet.
But you must tell seven friends
Textausschnitt aus „Archbishop Harold Holmes“
You must first bring seven friends
And don’t be selfish and keep this all to yourself
(And don’t eat shellfish!)
Als ich mir irgendwann 2014 ein Apple-Device kaufte, war ich verwundert über ein Album in meiner iTunes-Playlist: Es war U2 mit ihrem öden „Songs of innocence“. Ich wollte das nicht, aber man wurde zwangsbeglückt. Ähnlich und doch ganz anders erging es den Kunden, die im Juli 2024 im Record-Shop Third Man Records von Jack White einkauften. Der Kundschaft in den Shops in London, Detroit und Nashville wurde zu ihren eigenen Einkäufen noch ein Vinyl-Album mit dem subversiven Titel „No Name“ in die Einkaufstasche gelegt. Komplett in Weiß und ohne jegliche Hinweise versehen — auch die einzelnen Tracks haben keinen Titel — entpuppte sich das Werk als ein komplett neues Album von White selbst und war zudem mit der Bitte versehen, es zu rippen und im Netz verfügbar zu machen. Wenig später tauchte das Album in den Streaming-Diensten und den Regalen der Plattenläden zwar immer noch mit dem Titel „No Name“ aber immerhin mit einem rudimentär gestalteten blaustichigen Cover auf. Auch haben nun alle 13 Tracks einen entsprechenden Titel. Beim ersten Durchhören stellt man dann schnell fest: Das Album bietet Altvertrautes. Es sind zwar lauter neue Songs, die aber alle zu 100% nach Jack White klingen. Es scheppert und dröhnt nach Garage, nach den frühen 60ern, nach Led Zeppelin, nach den Detroit-Rockern MC5. Es mag simpler Punk’n’Roll sein, aber einer, dem eine unheimliche Dynamik und eine mächtige Wucht mit jeder Menge Verzerrungen innewohnt. Vor kurzem ist Steve Albini verstorben – diese mächtige Produktion mit ihrem vollen Raumklang könnte von ihm stammen.
Voller Kreativität wird Altes zelebriert
Und so ist dieses „Let‘s do the old rock‘n‘roll thing“ alles andere als langweilig. Die Spielfreude und die Lust des Musikers, den Bluesrock immer wieder neu zu erfinden, reißen einen beim Hören förmlich mit. White zelebriert einmal mehr seine messerscharfen wie eingängigen Riffs mit ordentlich Distortion. Dabei nimmt er sich allerdings selbst nicht allzu ernst. So heißt es im Opener, einem bedrohlichen, krachigen Blues mit dem Titel „Old Scratch Blue“, ironisch: „Nothing in this world is free“ — und dabei hatten doch gerade erst einige Hörer*innen das Album kostenlos erhalten. Im Track „Archbishop Harold Holmes” sprechsingt White „You must first bring seven friends / And don’t be selfish and keep this all to yourself / And don’t eat shellfish.“ Very funny. Danach predigt er allerdings wieder ernsthaft: „Hate is trying to take someone else’s love for yourself / But I’m here to tell you that love is / Trying to help someone else“. Wie bei dem Vinyl-Fetischisten und Liebhaber von Vintage-Equipment nicht anders zu erwarten, wurden alle Tracks in seinem Studio in Nashville analog aufgenommen, und wie immer — auch das ist deutlich hörbar — spielt Jack White auf allen die Gitarre mit viel Fuzz. Verstärkt wird er von Schlagzeuger Daru Jones, seiner Ehefrau Olivia Jean, den Percussionisten Patrick Keeler und Carla Azar, Bassistin und Tochter Scarlett White, den Bassisten David Swanson und Dan Mancini und Pianist Quincy McCrary an den Keyboards. Gemeinsam schaffen sie ein dunkles, schweres, aufregend schönes Album mit vielen knarzigen Kanten und pop-orientierter Melodien. Daher hätte Jack Whites neuestes Soloalbum das originelle Guerilla-Marketing gar nicht gebraucht, es spricht für sich selbst. Es gibt auch im Alten immer wieder Neues zu lernen und zu erkennen, könnte der Subtext dieses Albums sein.
Die gerippten Daten des Vinyl-Albums gibt es hier. Oder per Mail bei ernstliebtmusik.