Pavements
Regie: Alex Ross Perry
Besetzung: u. a. mit Stephen Malkmus, Scott „Spiral Stairs“ Kannberg, Mark Ibold, Steve West, Bob Nastanovich und Joe Keery, Jason Schwartzman, Nat Wolff
Länge: 128 min
Filmstart: 11. Juli 2025 (auf Mubi)
Vor Kurzem habe ich mit Urs den experimentellen Musikfilm „Pavements“ von Alex Ross Perry auf dem Beamer geschaut. Für uns als Fans war das mehr als nur ein Musikfilm – es war ein Abend voller Nostalgie, Überraschungen und Diskussionen.
Kein gewöhnliches Musikporträt
„Pavements“ ist weder ein reines Konzertdokument noch ein klassisches Biopic. Perry kombiniert Archivmaterial, fiktionales Biopic („Range Life: A Pavement Story“), Musical-Elemente, Mockumentary und sogar Museumsinstallationen zu einem vielschichtigen Ganzen. Statt einer einfachen Nacherzählung wird die Geschichte der Band als Collage erfahrbar. Genau diese Mischung passt perfekt zu Pavement – einer Band, die nie an linearen Erzählungen oder Perfektion interessiert war. Besonders gelungen fand ich, wie der Film den Charakter der Band spiegelt. Pavement waren immer schräg, ironisch, unperfekt und unkonventionell. Perry übersetzt das in absurde, aber zugleich intime Szenen: etwa wenn ein Schauspieler den Gesangsstil von Stephen Malkmus durch ein Foto seiner Zunge und Kehle nachzuahmen versucht. So grotesk das klingt, so sehr fängt es doch die Eigenheit und den Humor der Band ein.
Fake or not?
Der Film springt zwischen Dokumentation, Fiktion, Musical und Archivaufnahmen. Manchmal verwirrend, oft faszinierend, eröffnet er Fans eine Meta-Ebene: Was ist Mythos, was Erinnerung, was Wahrheit? Diese Verschränkung zwingt einen dazu, die eigene Beziehung zur Bandgeschichte zu reflektieren. War Malkmus tatsächlich Testimonial einer Apple-Kampagne? Gibt es dieses wunderbare, professionelle Fan-Video wirklich? In dieser Hinsicht ist Urs ein kenntnisreicher Kommentator: Er weiß genau, was Fake und was „real“ ist. Er scheint bereits sämtliches Material der Band verschlungen zu haben – und hilft mir gelegentlich auf die Sprünge.
Damals im November 2022
Trotz aller Satire bleibt der Film erstaunlich warm. Vor allem die Szenen der Reunion-Tour 2022 haben mich berührt – nicht, weil Pavement plötzlich als unnahbare Legenden dargestellt werden, sondern weil sie so menschlich wirken. Für einen Fan, der die Songs seit Jahren im Ohr hat, war das auf dem großen Beamer ein besonders intensiver Moment – und natürlich haben wir die Band auf dieser Tour live gesehen: damals im November in Bremen… Natürlich hat „Pavements“ auch seine schwierigen Seiten. Die Fragmentierung kann ermüdend sein, und nicht jede Musical-Passage trägt die gleiche Spannung. Wer ein geradliniges Bandporträt erwartet, könnte enttäuscht sein. Auch die ironischen Zuspitzungen sind sicher Geschmackssache – als Fan jedenfalls ist man begeistert.
Besser als Kino
Gerade das gemeinsame Schauen machte den Film für mich so besonders. Okay, es ist kein Kino-Ambiente, aber in der großen Projektion auf der Wohnzimmerwand wirken Splitscreens und Bühnenbilder genauso einnehmend, die Musik entfaltet sich voll im Raum – und man kann Szenen kommentieren, ohne ein Publikum zu stören. Gleichzeitig war es perfekt, direkt mit Urs über absurde Details und die Frage zu sprechen, ob Perry die Band eher entmystifiziert oder mythologisiert. Überraschend auch die Melancholie, mit der Stephen Malkmus die Karriere „seiner“ Band kommentiert.
Ein Film nicht nur für Fans
„Pavements“ ist kein gefälliges Biopic, sondern eine künstlerische Reflexion über eine Band, die selbst nie gefällig sein wollte. Und so liefert er auch kein glattes Heldenporträt, sondern zeigt Pavement so, wie sie sind – widersprüchlich, ironisch, unvollkommen und gerade deshalb einzigartig. Ein Film, der nicht nur gesehen, sondern auch diskutiert werden will – am besten in Gesellschaft.