Greatest Hits ohne dicke Hintern

Die Dis­kus­sion über eine dis­kri­mi­nie­rungs­freie Spra­che läuft ja schon län­ger und muß auch geführt wer­den. Dabei geht es auch um Mög­lich­kei­ten sozia­ler und poli­ti­scher Teil­habe. Gerade in Demo­kra­tien ist eine sol­che Debatte von zen­tra­ler Bedeu­tung. Beson­ders Inhalte für Kin­der ste­hen dabei im Fokus, denn hier könn­ten dis­kri­mi­nie­rende Vor­stel­lun­gen in der Gesell­schaft zemen­tiert wer­den. Auf die­sem Ter­rain wird die Aus­an­der­set­zung beson­ders hart und inten­siv geführt. Erst im Februar die­ses Jah­res wurde die Debatte vom bri­ti­schen Puf­fin Ver­lag neu ange­facht. Der Ver­lag ver­öf­fent­lichte die belieb­ten Kin­der­bü­cher des 1990 ver­stor­be­nen Best­sel­ler­au­tors Roald Dahl in einer kom­plett ange­pass­ten Neu­auf­lage. Alle ent­hal­te­nen Ste­reo­ty­pen bei The­men wie Gen­der, Haut­farbe oder Gewalt flo­gen raus oder wur­den dis­kri­mi­nie­rungs­frei ersetzt. Längst hat sich der Kampf um eine gerech­tere Spra­che auch im musi­ka­li­schem Umfeld breit­ge­macht. So ver­kün­dete das Plat­ten­la­bel Uni­ver­sal Records, dass auf der Wie­der­ver­öf­fent­li­chung des „Grea­test Hits”-Albums von Queen der Track „Fat Bot­to­med Girls“, der 1978 auf dem „Jazz“-Album erschien und als B‑Seite der Sin­gle „Bicy­cle Race“ auf Platz 11 der UK-Sin­gle-Charts lan­dete, nicht mehr erschei­nen wird. Hin­ter­grund: Das Album der legen­dä­ren Band wird auch auf der Audio-Platt­form Yoto, einer digi­ta­len Juke­box für Kin­der, bereit­ge­stellt.
Wei­tere Queen-Songs wie „Bohe­mian Rhap­sody“ und „We Will Rock You“ erschie­nen mit Warn­hin­wei­sen: „HINWEIS: Bitte beach­ten Sie, dass die Texte in eini­gen die­ser Lie­der The­men für Erwach­sene ent­hal­ten, ein­schließ­lich gele­gent­li­cher Hin­weise auf Gewalt und Dro­gen. Dies sind die ori­gi­na­len und unbe­ar­bei­te­ten Auf­nah­men. Es wer­den zwar keine Schimpf­wör­ter ver­wen­det, aber wir raten zu elter­li­cher Dis­kre­tion, wenn Sie diese Inhalte jün­ge­ren Kin­dern vor­spie­len.“ Natür­lich sind die Schul­di­gen für diese Maß­nah­men für die kon­ser­va­tive Presse schnell aus­ge­macht: die Sprach­na­zis und woken Can­cel-Cul­ture-Krie­ger. Na denn, bleibt die Frage: Wer will heute sol­che Tracks noch hören?

In dem Zusam­men­hang sei noch erwähnt, dass auch die ARD in ihrer Media­thek aktu­ell flei­ßig Warn­hin­weise ver­teilt. Dabei trifft es bei­spiels­weise alte Fol­gen aus Otto Waal­kes‘ „Otto-Show“ aber auch „Schmidtein­an­der“, die ehe­ma­lige Come­dy­show von Harald Schmidt. Vor Start der Sen­dun­gen warnt ein Hin­weis vor dis­kri­mi­nie­ren­der Spra­che bzw. Ele­men­ten, die heute als dis­kri­mi­nie­rend emp­fun­den wer­den. Und damit längst nicht genug: Jetzt traf es auch den „Tat­ort”: Vor der Folge „Duis­burg-Ruhr­ort“ mit Götz George als Kom­mis­sar Schi­man­ski erscheint nun fol­gende War­nung: „Das fol­gende fik­tio­nale Pro­gramm wird, als Bestand­teil der Fern­seh­ge­schichte, in sei­ner ursprüng­li­chen Form gezeigt. Es ent­hält Pas­sa­gen mit dis­kri­mi­nie­ren­der Spra­che und Hal­tung.“ Der Rund­funk­ver­bund bie­tet ver­mehrt Retro-Con­tent aus den Pro­gram­men der 70er und 80er an. Nun ist Spra­che immer auch ein Spie­gel der Zeit und der Gesell­schaft ist. Es liegt also auf der Hand, dass sie sich mit der Ver­än­de­rung der Gesell­schaft eben­falls ver­än­dert. Und als mün­di­ger Zuschauer sollte man in der Lage sein, den Con­tent zeit­lich ein­zu­ord­nen. Abge­se­hen davon wird ein Alt-Her­ren­witz auch durch einen Warn­hin­weis nicht bes­ser. Ande­rer­seits: Spra­che lenkt unsere Wahr­neh­mung, und eine bewusst gen­der­neu­trale und dis­kri­mi­nie­rungs­freie Spra­che hilft uns dabei, unsere Wahr­neh­mun­gen und Auf­fas­sun­gen von der Welt zum Posi­ti­ven zu verändern.

Für alle, die sich das noch­mal antun wol­len, hier der Song „Fat Bot­to­med Girls“ von Queen: