Die Musikwelt nimmt Abschied

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Nach dem Tod von Shane MacGowan würdigen viele seiner Weggefährt*innen sein Werk und auch ihn als Person

Shane Mac­Go­wan, der legen­däre Front­mann von The Pogues, starb am 30. Novem­ber 2023 im Alter von 65 Jah­ren. Der Musi­ker ist das Para­de­bei­spiel des Rock’n‘Roll-Mythos. Frei nach Neil Young: „It’s bet­ter to burn out than to fade away“. Künst­le­ri­sche, rebel­li­sche Genia­li­tät scheint unwei­ger­lich mit dem Hang zur Selbst­zer­stö­rung ver­knüpft zu sein. Shane Patrick Lys­aght Mac­Go­wan, der am 25. Dezem­ber 1957 in Royal Tun­bridge Well als Sohn iri­scher Eltern zur Welt kam, trank schon als Kind zum ers­ten Mal Alko­hol und wurde früh zu einem exzes­si­ven Trin­ker, spä­ter kam noch eine Hero­in­ab­hän­gig­keit hinzu. Der Besuch eines Clash-Kon­zerts im Okto­ber 1976 inspi­rierte ihn zur Grün­dung einer eige­nen Band. Zusam­men mit der Bas­sis­tin Shanne Brad­ley rief die Punk-Band Nipple Erec­tors ins Leben, die sich spä­ter in The Nips umbe­nannte. 1981, nach sei­nem Aus­stieg bei The Nips, grün­dete er in Lon­don zusam­men mit Jem Finer (Banjo) und Peter „Spi­der“ Stacy (Tin Whistle) die „The New Repu­bli­cans“. 1982 stieß der Pia­nist James Fear­nley dazu und man gab sich den Namen „Pogue Mahone“, was aus dem Irisch-Gäli­schen abe­ge­lei­tet soviel wie „Küss mei­nen Arsch“ heißt — spä­ter nannte man sich schlicht The Pogues. 1991 musste Mac­Go­wan auf­grund sei­nes Alko­hol­pro­blems die Pogues ver­las­sen, er wurde zeit­weise von Joe Strum­mer ver­tre­ten. Seine neue Band nannte er nicht zufäl­lig Shane Mac­Go­wan And The Popes. Ab dem Jahr 2001 spielte Mac­Go­wan unre­gel­mä­ßig mit den Pogues und ab 2005 wie­der als regu­lä­res Mit­glied. Nicht zuletzt wegen sei­nes exzes­si­ven Dro­gen­kon­sums hatte Mac­Go­wans fast sein gesam­tes Leben mit gesund­heit­li­chen Pro­ble­men zu kämp­fen. Im Dezem­ber 2022 wurde er mit einer lebens­be­droh­li­chen Gehirn­ent­zün­dung ins Kran­ken­haus gebracht. Im Juli die­ses Jah­res erfolgte ein wei­te­rer Kran­ken­haus­auf­ent­halt auf­grund einer Infek­tion, die mona­te­lang inten­siv­me­di­zi­nisch betreut wer­den musste. Nach­dem er gerade erst wie­der aus dem Kran­ken­haus ent­las­sen wor­den war, ver­ab­schie­dete sich seine Frau Vic­to­ria Mary Clarke in einem offi­zi­el­len, ergrei­fen­den State­ment am 30. Novem­ber von ihm. Es endete mit den Wor­ten: „Rave on in the gar­den all wet with rain that you loved so much. You meant the world to me.“

Freunde, Wegbegleiter und Fans trauern gleichermaßen

Zahl­rei­che Fans, Musiker*innen und ehe­ma­lige Weggefährt*innen wür­dig­ten spä­ter den Pogues-Sän­ger für seine Inspi­ra­tion und bedau­er­ten den Ver­lust eines gro­ßen Künst­lers. Auch Red Hot Chili Pep­pers-Bas­sist Flea trau­erte: „Jedes Mal, wenn ich ihn sin­gen hörte, hörte ich die Wahr­heit und mein Herz hat sich mit Mensch­lich­keit gefüllt”. Der iri­sche Sän­ger Grian Chat­ten von Fon­tai­nes D.C. pos­tete „Mach’s gut, North Star. Ich werde dich immer lie­ben”. Josh Homme nannte den Pogues-Sän­ger „einen ver­damm­ten Poet“ und wei­ter „Jeder sollte wun­der­bar über Shane Mac­Go­wan den­ken”. Billy Bragg, die Drop­kick Mur­phys und wei­tere Künstler*innen aus der Folk-Szene bekann­ten sich zu dem gro­ßen Ein­fluß, den Mac­Go­wan auf ihre Arbeit hatte. Selbst Irlands Prä­si­dent Michael Hig­gins wür­digte die Musik des iri­schen Sän­gers und kon­do­lierte der Familie. 

Auch Nick Cave trauert 

Nick Cave erin­nert sich an einen gemein­sa­men Auf­tritt mit Shane und hat nur warme Worte übrig: „Ich weiß, ich sollte über das pure, unge­zü­gelte Genie von Shane Mac­Go­wan spre­chen und dar­über, dass er der größte Song­wri­ter sei­ner Gene­ra­tion war, mit der furcht­erre­gends­ten aller Stim­men – was alles wahr ist, aber was mich in die­sem Moment beein­druckte, war die außer­ge­wöhn­li­che Lie­bes­be­kun­dung für die­sen Mann, so stark und tief, die aus dem Publi­kum her­aus­strömte.“ Auf sei­nen Red Hand Files endet der Bei­trag zum Ver­lust die­ses gro­ßen Musi­kers mit den Wor­ten: „Sinéad once said of Shane, ‘He is an angel. An actual angel’. Whe­ther or not this is the case, who’s to say? But Shane was bles­sed with an uncom­mon spi­rit of good­ness and a deep sense of what is true, which was stran­gely ampli­fied in his bro­ken­ness, his human­ness. We can say of him most cer­tainly, ‘he was bel­oved on the earth,’ and Sinéad too — truly bel­oved and greatly missed, both.“ Mit die­sen Wor­ten drückt er auch noch ein­mal seine tiefe Trauer über den Tod von Sinéad O’Con­nor aus, die am 26. Juli 2023 eben­falls ver­starb. Auch Tom Waits und seine Ehe­frau Kath­leen Brennan spra­chen den Pogues, Mac­Go­wans Frau Vic­to­ria und allen, die ihn lieb­ten, ihr Bei­leid aus. U2-Front­mann Bono wür­digte ihn mit einem selbst gezeich­ne­ten Por­trät und kom­men­tierte es mit: „Shane Mac­Go­wans Songs waren per­fekt, also muss­ten er und wir, seine Fans, es nicht sein“.