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Sleater-Kinney

Little Rope

Car­rie Brown­stein und Corin Tucker tref­fen sich in den 1990er Jah­ren auf dem Col­lege in Olympia/Washington und grün­den ein Jahr spä­ter ihr Side-Pro­jekt Slea­ter-Kin­ney, das sie nach einer Auto­bahn­aus­fahrt zwi­schen den Städ­ten Seat­tle und Port­land benen­nen, die sie zu ihrem dama­li­gen Pro­be­raum neh­men. Gitar­ris­tin Corin Tucker spielt zu der Zeit zusam­men mit Drum­me­rin Tracy Sawyer noch in dem Punk-Duo Hea­vens To Betsy, Car­rie Brown­stein in ihrer eige­nen Band Excuse 17. Mit der Drum­me­rin Lora Mac­far­lane aus Aus­tra­lien ergän­zen sie sich 1994 zu einem Trio und ver­öf­fent­li­chen 1995 ihr ers­tes, selbst­be­ti­tel­tes Album. Schnell mau­sert sich das Trio zu einem der ange­sag­tes­ten Riot-Grrrl-Acts der Stunde. 1997 ver­lässt Mac­far­lane nach zwei Alben die Band und wird durch Janet Weiss ersetzt. Im glei­chen Jahr wech­seln sie zu Kill Rock Stars, dem Label, das untrenn­bar mit der Riot-Grrrl-Szene ver­bun­den ist, und ver­öf­fent­li­chen hier mit „Dig Me Out“ ihr wohl erfolg­reichs­tes Album. 2006 ist dann erst ein­mal Schluss, bevor sie 2015 wie­der mit dem Album „No Cities to Love“ ins Musik-Biz zurück­keh­ren. Das fol­gende „The Cen­ter Won’t Hold“ (2019) ist dann das letzte Album, bei dem Drum­me­rin Janet Weiss mit­wirkt. „Path Of Well­ness“ (2021) und „Little Rope“ (2024) ver­öf­fent­li­chen Slea­ter-Kin­ney dar­auf­hin als Duo, ver­stärkt um Stu­dio- und Tourmusiker.

Sleater Kinney, Little Rop

Sleater-Kinney

Little Rope

Ver­öf­fent­licht: 19. Januar 2024
Label: Loma Vista

Hell needs no invitation
Hell don’t make no fuss
Hell is desperation
And a young man with a gun

Text­aus­schnitt aus „Hell ”

OK, nach rund 30 Jah­ren Band­ge­schichte erfin­det man sich nicht unbe­dingt neu: Auch das elfte Stu­dio­al­bum von Slea­ter-Kin­ney klingt immer noch sehr nach Riot Grrrls – nicht mehr ganz so hek­tisch und schroff wie in den 90ern, aber Corin Tucker und Car­rie Brown­stein geben sich wei­ter femi­nis­tisch, links und cool. Und sie blei­ben ihrem Sound, ihrem gitar­ren­las­ti­gen Schram­mel­rock wei­test­ge­hend treu. Das Duo wird bei der Stu­dio-Auf­nahme von Tour­mit­glied Angie Boy­lan beglei­tet, die die Schlag­zeug­parts des Albums ein­spielt. Wei­ter­hin unter­stüt­zen Galen Clark als Stu­dio-Key­boar­der und Dave Dep­per von Death Cab For Cutie an der Gitarre bei der Auf­nahme. Indie-Spe­zia­list John Con­gle­ton an den Reg­lern sorgt dafür, dass alles schön grob­schläch­tig und mit der rich­ti­gen Punk-Atti­tude rüber­kommt, schafft aber auch ein gewis­ses Pop-Flair. So gerät die­ses Album gewohnt rau und krat­zig. Wäh­rend der Pro­duk­tion des Albums erhält Brown­stein die Hiobs­bot­schaft, dass ihre Mut­ter und ihr Stief­va­ter in ihrem Urlaub in Ita­lien töd­lich ver­un­glückt sind. 

Tiefe Trauer durchzieht das Album

Zwangs­läu­fig ent­wi­ckelt sich Car­rie Brown­steins Trauer auch zu einer Art Inspi­ra­ti­ons­quelle. Gut zu hören in „Hell“, dem Ope­ner des Albums.
Der Song wirkt düs­ter und bedroh­lich, ver­liert sich im instru­men­ta­len Chaos mit stim­mungs­vol­len, gut akzen­tu­ier­ten Vocals im Refrain: „Hell don’t have no future / Hell don’t have no past / Hell don’t have no worries“. Unsi­cher­heit, Ver­wir­rung und emo­tio­nale Insta­bi­li­tät eska­lie­ren zu einem über­ra­gen­den Rock­song. Und obwohl „Dress Yours­elf“ vor dem Tod der Mut­ter geschrie­ben wurde, liest auch er sich wie ein müt­ter­li­cher, mit­füh­len­der Rat­schlag vol­ler Trauer: „Get up girl and dress yours­elf / In clo­thes you love for a world you hate.“ „Hunt You Down“ ist eine schöne, stamp­fende Blues­num­mer mit einem druck­vol­len Refrain und sägen­der Gitarre. „Small Finds“ über­zeugt mit einem kom­pro­miss­los trei­ben­den Bass und einer per­fek­ten Gitar­ren­be­glei­tung und lädt mit sei­nem Sound zu einem Trip in die 90er ein: „One more time for us to ride / And then we walk away / Every step, remem­ber it. / A memory to stay”. Auch in „Six Mista­kes“ geht es wie­der herr­lich roh und pun­kig zu. Aber nicht alle Tracks über­zeu­gen: „Say It Like You Mean It“ gerät allzu pop­pig und kommt über­aus radio­taug­lich daher. „Need­lessly Wild“ hat einen schö­nen 80er Vibe, wirkt aber trotz guter Melo­dik ein wenig belang­los, wären da nicht die fas­zi­nie­ren­den Gitar­ren­sounds. Auch „Cru­sader“ klingt sehr ein­gän­gig und banal. Aber alles in allem legen Slea­ter-Kin­ney mit „Little Rose“ ein wei­te­res Mal ein run­des, unge­schlif­fe­nes Rock­al­bum vor. Auch wenn ich per­sön­lich wohl wei­ter­hin ihre 90er­Jahre-Alben vorziehe…