Produzentenlegende Steve Albini ist tot

Produzent und Ikone des Rock Undergrounds Steve Albini ist im Alter von 61 Jahren an einem Herzinfarkt verstorben.

Der legen­däre Pro­du­zent und Musi­ker Steve Albini ist tra­gi­scher­weise am 7. Mai 2024 sehr plötz­lich im Alter von 61 Jah­ren ver­stor­ben. Der legen­däre Noise-Rock-Pio­nier erlitt in sei­nem Stu­dio einen Herz­in­farkt, wie sein Unter­neh­men Elec­tri­cal Audio Stu­dios gegen­über dem Maga­zin „Pitch­fork“ bekannt gab. In weni­gen Tagen wird das sechste Stu­dio­al­bum sei­ner Band Shel­lac erschei­nen, hier wird er noch­mal zusam­men mit Todd Trai­nier (Schlag­zeug) und Bob Wes­ton (Bass) zu hören sein. Albini wurde am 22. Juli 1962 in Pasa­dena, Kali­for­nien, gebo­ren und wuchs in Mis­soula, Mon­tana, auf. Als Teen­ager ent­deckte er die Ramo­nes und spielte in einer Reihe von Punk­bands. 1981 grün­dete er als Stu­dent in Chi­cago seine erste Band „Big Black“. Zuvor hatte er sich in der Szene schon als Kolum­nist in dem Fan­zine Mat­ter einen Namen gemacht. Zumeist kri­ti­sierte und pro­vo­zierte er in der Kolumne mit dem Titel „Tired of Ugly Fat?“ Prot­ago­nis­ten der Chi­ca­goer Musik­szene. Nun war er selbst akti­ves Mit­glied die­ser Szene. Auf der Debüt-EP „Lungs“ spielte er mit Aus­nahme des Saxo­phons, das von sei­nem Freund John Boh­nen gespielt wurde, alle Instru­mente selbst. Nach eini­gen wei­te­ren Stu­dio­al­ben von Big Black, die mit Jeff Pez­zati (Dave Riley ersetzte ihn spä­ter am Bass) und Sant­iago Durango zu einer „ech­ten“ Band gewach­sen waren, grün­dete Albini die kurz­le­bi­gen Rape­man. Der Band­name Rape­man war dem japa­ni­schen Comic The Rape­man ent­lie­hen, in dem die Titel­fi­gur Ver­ge­wal­ti­gun­gen zur Durch­set­zung von Gerech­tig­keit ver­wen­det. Bei Kon­zer­ten der Band kam es regel­mä­ßig zu Pro­tes­ten. Albini nannte damals diese Kri­tik idio­tisch und meinte, die Punk-Szene stehe dem Femi­nis­mus grund­sätz­lich posi­tiv gegen­über. In einem Inter­view im Jahr 2020 bedau­erte Albini die­sen Bandnamen.

Nicht Produzent, sondern Toningenieur

1992 grün­dete Albini zusam­men mit Schlag­zeu­ger Todd Trai­ner und Bas­sist Camilo Gon­za­lez, der wenig spä­ter von Bob Wes­ton ersetzt wurde, die Noise-Rock­band Shel­lac. Ihr mini­ma­lis­ti­scher, prä­zi­ser Stil vol­ler Dis­so­nan­zen und trei­ben­der Bass­läufe bleibt ein­zig­ar­tig. Er ist geprägt von einem einem rough-ana­lo­gen kno­chen­tro­cke­nen Sound ohne Elek­tro­nik, ohne Stro­phe-Refrain-Sche­mata und den sur­rea­len, bis­si­gen Lyrics Albi­nis. Ihr Debüt­al­bum „At Action Park“ wird zum Klas­si­ker des Noise-Rocks. Zwi­schen den ein­zel­nen Shel­lac-Alben lie­gen immer sehr lange Pau­sen. Denn bekannt gewor­den ist Gitar­rist Steve Albini weni­ger als Musi­ker: Er hat vor allem als Pro­du­zent weg­wei­sen­der Bands wie Nir­vana, Pixies, The Bree­ders, Songs: Ohio und PJ Har­vey Berühmt­heit erlangt, wobei er aus poli­ti­schen Grün­den die Bezeich­nung „Pro­du­zent“ ablehnte, er sah sich expli­zit als „Ton­in­ge­nieur“. Pro­du­zen­ten scha­den sei­ner Ansicht nach oft den Plat­ten, Ton­in­ge­nieure hin­ge­gen lösen Sound­pro­bleme und hel­fen Künstler*innen, ihren eige­nen Sound zu unter­strei­chen. Er hielt seine Tages­sätze nied­rig und nahm ent­ge­gen der Bran­chen­ge­wohn­heit nie Lizenz­ge­büh­ren von Plat­ten, an denen er arbei­tete — ein­schließ­lich Nir­va­nas „In Utero“, das sich über 15 Mil­lio­nen Mal ver­kaufte. In den letz­ten Jah­ren machte er sich auch als Poker­spie­ler einen Namen und gewann meh­rere hoch­do­tierte Poker­tur­niere mit statt­li­chen Gewinn­sum­men. „Poker ist Teil mei­nes Lebens, ich spiele lei­den­schaft­lich gern, aber es ist nicht mein Beruf.“ Am 17. Mai 2024 erscheint das sechste und letzte Album „To all Trains“ sei­ner Band Shel­lac – die Ver­öf­fent­li­chung wird Steve Albini nicht mehr erle­ben, er ist 10 Tage vor Ver­öf­fent­li­chung 61-jäh­rig an einem Herz­in­farkt gestorben.

Nicht ganz unum­strit­ten: „Prayer to God“ aus dem Album „1000 Hurts“ (2000)