MicroPop — The Double Man
9 Oktober 2025 • Buchbinderei Mergemeier, Düsseldorf
Im Oktober verwandelt sich Düsseldorf erneut in ein Zentrum für experimentelle Musik: Die MicroPopWeek läuft – über zwanzig kleine Bühnen, Bars und Hinterhöfe öffnen ihre Türen für ein breites Spektrum an Veranstaltungen. Am 3. Oktober erlebte ich bereits eine faszinierende Show in einem Hinterhof in Flingern, mit drei ganz unterschiedlichen Duos. Heute zieht es mich in die Buchbinderei Mergemeier, die in diesem Jahr zum ersten Mal an der MicroPopWeek teilnimmt. Der Ort selbst ist ein kleines Juwel: Eine von Ulrike Meysemeyer liebevoll geführte Werkstatt mitten in der Innenstadt, versteckt in einem atmosphärischen Hinterhof. Zwischen duftendem Papier, feinem Leinen und alten Werkzeugen treten an diesem Abend The Double Man auf – ein Düsseldorfer Duo bestehend aus Felix Schumann und Constantin Wallhäuser.
Klangarchitektur aus Synths, Samples und Stimme
Schumann und Wallhäuser nutzen modulare Synthesizer, Keyboard, Gitarre und Gesang, um eine ganz eigene Klangwelt zu erschaffen. Sie selbst vergleichen ihre Arbeitsweise mit dem Spielen mit Legosteinen – Klangelemente werden verschoben, neu zusammengesetzt, aufgetürmt und verschachtelt. Dieser Vergleich trifft den Kern ihres kreativen Prozesses erstaunlich gut. Oft beginnen die Tracks mit einem Sample, gerne aus einem Spielfilm. „Das ist übrigens Paul Newman“, kommentiert Wallhäuser eines dieser Zitate augenzwinkernd. Darauf folgen sphärische Ambientflächen, bis sich langsam ein Beat aus der Tiefe erhebt und ein treibender Groove Gestalt annimmt. Aus langen instrumentalen Passagen heraus entstehen schließlich Songs, bei denen Wallhäuser auch mit seinem beachtlichen Stimmumfang überzeugt.
Höhepunkt mit Paul Newman
Ein Höhepunkt des Abends ist der lange, sich stetig aufbauende Doppeltrack „Fireworks/Time Time“ – ein Stück zwischen Spoken Word, gesampelter Snare, noisigen Pop-Anleihen und angedeuteten Drones. Der darauf folgende Track mit dem Paul-Newman-Sample bildet den emotionalen Abschluss des regulären Sets. Er ist eine Hommage an den Film Das Urteil (The Verdict), in dem Newman den Anwalt Frank Galvin spielt. Der Song wächst langsam, Schichten von Melodie und Groove verschmelzen zu einer hypnotischen Bewegung, bis das Filmzitat „No other case, this is the case“ das Stück sanft ausfaden lässt.
Zugabe mit Gänsehaut
Natürlich lässt das Publikum die beiden nicht ohne Zugabe gehen. Schumann kündigt sie mit den Worten an: „Jetzt könnt ihr tanzen. Mal sehen, ob ihr das Stück erkennt.“ – und sofort ist klar: Es handelt sich um eine wunderbar elektrifizierte, treibende Version von Leonard Cohens „Tower of Song“. Das Stück entwickelt sich zu einem langsam anschwellenden Höhepunkt des Abends – eine Hommage, die sowohl respektvoll als auch eigenständig wirkt. Nach einem letzten Instrumental verabschieden sich The Double Man unter großem Applaus.
Analoger Charme und cineastische Samples
The Double Man beweisen an diesem Abend, dass elektronische Musik nicht kalt oder abstrakt sein muss. Zwischen analogem Charme, cineastischen Samples und handwerklicher Präzision entfalten sie eine warme, organische Klangwelt, die perfekt zur intimen Atmosphäre der Buchbinderei passt. Auch wenn nicht alle Tracks über die Dauer der Spielzeit überzeugend tragen, bleibt der Abend als stiller, aber nachhaltiger Moment der diesjährigen MicroPopWeek in Erinnerung.


