The National wurden bereits 1999 von den beiden Brüderpaaren Aaron (Gitarre/Bass) und Bryce Dessner (Gitarre) sowie Scott (Gitarre/Bass) und Bryan Devendorf (Schalgzeug) gegründet. Das Markenzeichen der aus Ohio stammenden, aber in New York lebenden Combo ist allerdings der klare, dunkle Bariton ihres Sängers Matt Berninger, der die zumeist düsteren und melancholischen Texte vorträgt. Ihr Bedürfnis, große Songs und eingängige Melodien zu schreiben, ohne dabei zwangsläufig im belanglosen Mainstream zu landen, machte sie zu Kritikerlieblingen und bescherte ihnen nebenbei dann auch glänzende Verkaufszahlen.
The National
First Two Pages of Frankenstein
Veröffentlicht: 28. April 2023
Label: Rough Trade
Textausschnitt aus „The Alcott”
It’s the last thing you wanted
(Tell me, which side are you on, dear?)
It’s the first thing you do
(Give me some tips to forget you)
You tell me your problems
(Have I become one of your problems)
„First Two Pages of Frankenstein“ ist bereits das neunte Album der Band und es stellt wieder einmal die ganz großen Fragen: Was ist wichtig, von was kann ich mich trennen, was ist bereits verloren und was bleibt? Nicht unwahrscheinlich, dass dies auch auf die Schreibblockade und die Depressionen von Matt Berninger zurückzuführen ist. Nach allem, was man hört, gaben ihm seine Bandkollegen und seine Familie die Kraft und den Rückhalt, dennoch an diesem Album mitzuwirken. Zeitweise ist dies auch deutlich den Tracks anzuhören, beispielsweise wenn Berninger singt: „Your Mind Is Not Your Friend“. Damit wiederholt er die Worte seiner Frau Carin Besser, die auch häufig als Co-Autorin mitwirkt. Bei diesem Track mit dem Mantra „Dein Verstand ist nicht dein Freund” wird Berninger ein zweites Mal nach „This Isn’t Helping“ von Phoebe Bridgers mit sanfter Stimme begleitet — ein klavierbasiertes Duett, das die Tragik des Themas förmlich spüren lässt. Ebenfalls als Gastmusiker dabei: der amerikanische Singer-Songwriter und Multiinstrumentalist Sufjan Stevens, der auf dem leisen, empfindsamen Opener „Once Upon A Poolside“ Matt Berninger unauffällig begleitet. Und mit „The Alcott“ gibt es noch ein weiteres Duett unter prominenter Beteiligung. Diesmal begleitet Taylor Swift unverkennbar und deutlich präsent Berningers Gesang. Sie löst sich immer mehr, wird eigenständiger und am Ende hat man (fast) das Gefühl, einem Swift-Song zu lauschen. Tatsächlich gab es ja bereits eine enge Zusammenarbeit zwischen der Musikerin und The National: Bei der Produktion des 2020er Swift-Albums „Evermore“ waren die Dessner-Zwillinge nicht unerheblich beteiligt. Man kennt sich also und man hört dem Song an, dass die Chemie stimmt. Insgesamt ist „First Two Pages of Frankenstein” das rundum schöne Album, das man von The National erwartet — allerdings auch ohne große Überraschungen und stilistische Ausbrüche – aber definitiv ein Album, das ich auch beim Abendessen mit Gabi bedenkenlos auflegen kann.