God is in the House

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Thurston Moore Group
16. März 2023 • Kulturkirche, Köln-Nippes

Thur­s­ton Moore lud in die gehei­lig­ten Hal­len der Kul­tur­kir­che in Köln-Nip­pes ein. Natür­lich mußte ich dahin. Thur­s­ton Moore habe ich zwar schon sehr häu­fig gese­hen, aber es waren alle­samt sehr gute Shows. Mit Sonic Youth natür­lich, auf sei­ner groß­ar­ti­gen, kom­pro­miss­lo­sen „Spi­rit Counsel”-Solo-Tour und eben auch schon mal in der jetzt ange­kün­dig­ten For­ma­tion und Beset­zung als Thur­s­ton Moore Group.

Lei­der komme ich ein wenig zu spät. In dem Gewirr aus Ein­bahn­stra­ßen rund um die Kul­tur­kir­che ist das Fin­den eines Park­plat­zes gar nicht so ein­fach. Zu mei­ner Über­ra­schung wur­den die Kir­chen­bänke nicht ent­fernt. Ich finde aber noch einen guten Steh­platz direkt hin­ter dem Misch­pult und habe eine gute Sicht auf die Band. Jayan Bert­rand, Gitar­rist, Band­lea­der und Sän­ger der Sea­foam Walls, bestrei­tet bereits das Vor­pro­gramm, als ich den Kir­chen­raum betrete. Viel bekomme ich nicht mehr mit von dem Sin­ger-Song­wri­ter, der sei­nen leicht nöh­li­gen, croo­ni­gen Gesang mit küh­len, nack­tem E‑Gitarrensound beglei­tet. In der Kul­tur­kir­che ist Zeit ein kost­ba­res Gut, denn um 22.30 Uhr ist hier Schluss, ent­spre­chend kom­pakt ist das Vor­pro­gramm. Mir ist das recht, kurze Umbau­pau­sen und keine lange Wartezeiten. 

Mit der Ori­gnal-Beset­zung wurde die Thur­s­ton Moore Group ange­kün­digt, zu mei­ner Über­ra­schung fehlt aber Gitar­rist James Ste­wart — krank­heits­be­dingt, wie ich spä­ter erfahre. Für ihn springt Alex Ward ein, der wäh­rend des Kon­zerts auch schon mal zur Kla­ri­nette greift. Drum­mer und Sonic Youth-Band­mate Steve Shel­ley wird (wohl dau­er­haft) durch Per­kus­sio­nist Dem Doul­ton ersetzt, wäh­rend Bas­sis­tin Den Googe von My Bloody Valen­tine und der Expe­ri­men­tal-Elec­tro­nic-Musi­ker Jon „Wob­bly” Lei­de­cker wei­ter­hin zur Group gehö­ren. Zusam­men mit dem 64jährigen Moore bestrei­ten sie die fol­gen­den 90 Minu­ten – vor einem auf­merk­sa­men, andäch­ti­gen Publi­kum, von denen wohl die meis­ten ihre Vier­zi­ger über­schrit­ten haben. Man ist halt zusam­men alt gewor­den. Und Moore und seine Band machen auch genau das, was man von ihnen und dem bekann­ten Album erwar­tet: Schöne, ein­gän­gige Melo­dien, die sich in lär­men­den Gitar­ren­or­gien ver­lie­ren, um am Ende aus dem Lärm wie­der zu neuem Leben zu erwa­chen. Ein Sound, der an Sonic Youth der spä­ten 80er erin­nert. Das Kon­zert beginnt mit dem lang­sa­men, trei­ben­den „Hyp­no­gram“, ansons­ten spielt die Band aber bis auf ein wun­der­ba­res Vel­vet Under­ground-Cover aus­schließ­lich Songs des Albums „By the Fire” — natür­lich auch das über 17minütige „Loco­mo­ti­ves“, in dem sich Gitar­ren­ak­korde und Rhyth­men all­mäh­lich ver­schie­ben, nur um mal wie­der in einer gigan­ti­schen Lärm­wand zu enden. Wie Thur­s­ton Moore und Band das alles prä­sen­tie­ren, ohne dabei zu lang­wei­len oder zu über­dre­hen, ist bemer­kens­wert. Dazu wird sich mal kurz die Nase hin­term Vor­hang geputzt („You know these Ger­man win­ters”) oder ein wenig Small Talk gemacht („We’re all weird album coll­ec­tors here on the stage”). Und auch die eine oder andere Rock­pose wird in Szene gesetzt. Das Ganze geht dann doch viel zu schnell vor­bei. Weil hier im Kir­chen­haus alles eng getak­tet ist (siehe oben) gibt es nach einem 90minütigen Kon­zert nur noch das wun­der­bare „Speak to the wild“ vom Album „The best Day“ als Zugabe.

Und habe ich jetzt genug Kon­zerte von und mit Thur­s­ton Moore gese­hen? Ich denke nicht, beim nächs­ten Mal bin ich wie­der dabei. Viel­leicht fahre ich nur ein biß­chen frü­her los, damit ich einen guten Platz bekom­men und auch den Sup­port kom­plett mit­ver­fol­gen kann.

spiralstairs100 hat einen Aus­schnitt des Kon­zerts auf You­Tube gestellt. Vie­len Dank dafür!