Magier des Indiesounds

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Yo La Tengo

23. April 2023 • Gloria, Köln

Yo La Tengo trei­ben bereits seit den 80er Jah­ren den Indie-Rock vor sich her und gehö­ren wohl zu den Bestän­digs­ten ihrer Zunft. Und nicht ohne Grund ist das Trio, bestehend aus Ira Kaplan, Geor­gia Hub­ley und James McNew, schon seit sei­nem ers­ten Stu­dio­al­bum „Ride the Tiger“ eine mei­ner Lieb­lings­bands. Daher ist klar, dass ich, obwohl ich sie schon unzäh­lige Male live gese­hen habe, am 23. April im Glo­ria auf­schla­gen muss, zumal sie mit ihrem aktu­el­len Album „This Stu­pid World“ zu ihrer bes­ten Form mit ein­gän­gi­gen Hooks und dröh­nen­der Dyna­mik zurück­ge­fun­den haben. Achim und ich hat­ten Glück, noch Tickets im Vor­ver­kauf zu ergat­tern, denn das Kon­zert war dann tat­säch­lich rela­tiv schnell ausverkauft.

Das Glo­ria selbst ist ent­spre­chend gut gefüllt, macht aber nicht den Ein­druck zu voll zu sein. Die Ver­an­stal­ter haben schein­bar dar­auf ver­zich­tet, mög­lichst viele Kar­ten zu ver­kau­fen. Rela­tiv pünkt­lich star­ten Yo La Tengo mit ihrer Show, es gibt kein Vor­pro­gramm, was sich als gute Ent­schei­dung her­aus­stel­len soll. Schließ­lich wird das gesamte Kon­zert gut zwei­ein­halb Stun­den inklu­sive einer klei­nen Zwi­schen­pause dau­ern. Das Trio, das nun­mehr seit über 30 Jah­ren zusam­men Musik macht, beginnt mit dem eher ruhi­gen Titel­stück des aktu­el­len Albums „This Stu­pid World“, um direkt im Anschluß das mit­reis­sende, lär­mig trei­bende „Sina­tra Drive Break­down“ zu bret­tern. Damit ist die Struk­tur des Abends skiz­ziert: Im ers­ten Teil des Kon­zerts domi­nie­ren ihre ruhi­ge­ren Stü­cke, wäh­rend sich die Band im zwei­ten auf ihre lau­te­ren, noi­si­ge­ren Songs kon­zen­triert. Beide Musik­stile erzäh­len die Geschichte von Yo La Tengo, und egal, um wel­chen Song es sich han­delt, das Jam­men und die musi­ka­li­sche Ver­traut­heit des Trios erzeu­gen einen Sog, dem man sich nur schwer ent­zie­hen kann. Die Musi­ka­li­tät der Gruppe ist immer noch so inten­siv, frisch und mit­reis­send wie in ihren frü­hen Jah­ren, McNews per­kus­sive Bass­li­nien sor­gen für Struk­tur und Groove, wäh­rend Kaplans Gitar­ren- und Key­board-Expe­ri­mente mit ihrer Viel­falt an lär­mi­gen und melo­di­schen Ein­fäl­len immer wie­der über­ra­schen. Schlag­zeu­ge­rin Hub­ley wie­derum expe­ri­men­tiert stän­dig mit Rhyth­mik, Struk­tur und Laut­stärke. Wobei alle immer mal wie­der — auch unter­ein­an­der — die Instru­mente wech­seln. Gegen Ende des zwei­ten Sets über­läßt Kaplan seine Gitarre dann auch noch der ers­ten Reihe im Publi­kum. Ein herr­li­ches, lär­men­des Inferno.

Bei die­ser Spiel­freude gibt es trotz der Länge des Sets noch eine Zugabe: Eine rot­zige, schnelle Cover­ver­sion eines Richard Hell and the Vovo­ids Tracks sowie die bei­den ruhig und mehr­stim­mig into­nier­ten Songs „Spee­ding Motor­cy­cle“ und „You Can Have It All”. Es ist eines der bes­ten Kon­zerte des Trios. Aber sag ich das nicht nach jedem Yo La Tengo Kon­zert? Dirk, den ich per Zufall im Publi­kum treffe, kann dem nur zustim­men. Und wir sind uns sicher: Sollte die Band wie­der ein­mal in der Nähe auf­tre­ten, wer­den wir auch wie­der dabei sein. Gerne hätte ich mir noch eines der kind­li­chen „Stu­pid World”-T-Shirts gekauft, aber der Andrang am Merch ist mir dann doch zu groß. Den­noch glück­lich, suchen Achim und ich unser Auto in der Köl­ner Innen­stadt und tre­ten die Heim­reise an.