Psychedelic Porn Crumpets
19. Juli 2024 • Bürgerhaus Stollwerck, Köln
Eigentlich sollte die australische Psycho-Rock-Band Psychedelic Porn Crumpets bereits im März diesen Jahres im Luxor/Köln spielen, aber wie bereits an dieser Stelle berichtet, musste das Konzert verlegt werden, da Sänger Jack McEwan bei einem heftigen Hundeangriff in England durch eine Bisswunde im Gesicht schwer verletzt wurde. Mein Glück: So konnte ich für das eigentlich ausverkaufte Konzert im Luxor nun ein Ticket für das Nachholkonzert im Bürgerhaus Stollwerck ergattern. Doch zunächst muss ich erstmal raus aus Düsseldorf – hier ist Ausnahmezustand: Kirmes, am Abend ist Feuerwerk und zu allem Überfluss noch die A57 Richtung Köln gesperrt… Aber alles easy, es geht erstaunlich gut voran und ich stehe pünktlich in der ersten Reihe. Wenig später stößt Dirk, der aus Bonn angereist ist, hinzu. Dann kann‘s ja losgehen
„Dog eat Man“
Es war nicht angekündigt, aber tatsächlich betritt zunächst als Support ein Trio die Bühne: Paul & The Microcosm – eine (eigentlich vierköpfige) Noise/Post-Punk-Band aus Köln, die schon mit ihrem Debütalbum „The End Of Pangea“, einem Prog-Rock-Konzeptalbum, für Aufsehen in der Region gesorgt hat. Heute fehlt Keyboarder Cassian Leikert, aber auch zum Trio um Sänger und Gitarrist Paul Schacht geschrumpft, überzeugt ihr Noise-Rock mit seinen heftigen Sludge-Metal-Groove-Ausbrüchen. Passend zu dem Vorfall in England (siehe oben), heißt es in einem ihrer Songs „Dog eat dog eat man eat shark / Simple rules of life“. Das Wechselbad zwischen tiefem Prog-Rock und herrlichem Noise-Post-Punk mit virtuosen Gitarren-Eskapaden macht Spaß und ist ein gelungener Einstieg zu dem, was da noch kommen mag… Nach einem halbstündigen Neun-Track-Set folgt eine erfreulich kurze Umbauphase.
Kontrolliertes, virtuoses Chaos
Und dann kündigt der dröhnende Sound von Luciano Pavarottis „Nessun Dorma“ (warum?) den Auftritt der Crumpets an. Sie starten gleich mit dem energischen Prog-Rocker „Tally-Ho“ ihres 21er Albums „Shyga! The Sunlight Sound“, direkt im Anschluss folgt mit schweren Riffs und überraschenden Crescendos „(I‘m a Kadaver) Alakazam“ des aktuellen Fronzoli-Albums. So bin ich – und nicht nur ich – bereits nach dem zweiten Song durch und durch nass geschwitzt, dabei geht die Party doch jetzt erst richtig los. Die Rhythmusgruppe mit Schlagzeuger Danny Caddy und Bassist Wayan Biliondana treibt das fünfköpfige Ensemble unbarmherzig nach vorn. Gitarrist, Sänger und Frontmann Jack McEwan zelebriert maskiert hinter seiner Haarpracht seine anspruchsvollen und zum Teil chaotischen Gitarrenlinien, die souverän von Leadgitarrist Luke Parish begleitet werden. Der Sound ist hervorragend und so ist alles perfekt für das mit dem Schaffen der Band bestens vertraute Publikum, das sich wild und befreit im Moshpit bewegt – reiner, lauter Adrenalin-Spaß. Die Setlist? Eine wohl sortierte Auswahl neuer und alter Songs. Mein Highlight des Abends ist dabei „Found God in a Tomato“ aus 2016 – ein ausladendes, heftiges Stück psychedelischen Prog-Rocks, das die Australier mit vielen Improvisationen genüßlich ausdehnen. Der schräge Name der Band und ihre Songtitel lassen vermuten, dass es sich bei dem Quintett um einen gewaltigen Witz handelt. Aber ihre Live-Show und ihr Sound sprechen eine andere Sprache. Ihre Musikalität und Professionalität erzeugen ein energetisches, wohl kontrolliertes Chaos. Ihre Aufführung im Stollwerck zeigt einmal mehr, wie positiv sich Songs im Live-Set von ihrem Konserven-Pendant unterscheiden können. Nach einer über einstündigen Show gibt es noch eine Drei-Track-Zugabe und ich bin durchnäßt wie nach einem einstündigen Workout.
Nächtliches Dahingleiten
Später im Biergarten bei der „Nachbesprechung“ stimmt Dirk mir zu, dass wir gerade einer aufregenden Show beiwohnten. Danach bin ich froh, dass mir meine Shuffle-Playlist auf der Rückfahrt nach Düsseldorf „Sun Kill Moon“ empfiehlt. Genau das Richtige nach diesem überdrehten, rockigen Sound der Band aus Perth, so kann ich ruhig und entspannt zu den Erzählungen von Mark Kozelek Richtung Düsseldorf gleiten. Das Feuerwerk ist längst vorbei und ich habe freie Fahrt. Nur in die Tiefgarage komme ich nicht. Irgendwie ist das Tor defekt. Wenn weiter nichts ist…