Lambrini Girls

Durch­schnitt­li­che Lese­dauer 3 Minu­ten

Die bri­ti­sche Punk-Band Lam­b­rini Girls wurde 2019 in Brigh­ton gegrün­det und bestand ursprüng­lich aus der Sän­ge­rin Flora Kim­berly, der Gitar­ris­tin Phoebe Lunny, der Bas­sis­tin Lilly Macieira und der Schlag­zeu­ge­rin Catt Jack. Schon bald jedoch schrumpfte das Quar­tett zum Duo: Gitar­ris­tin Phoebe Lunny über­nimmt zusätz­lich den Gesang und Lilly Macieira spielt wei­ter Bass. Für das Schlag­zeug holen sie sich zumeist die Akti­vis­tin Banksy dazu. Die Band machte sich schnell einen Namen mit ihren ener­gie­ge­la­de­nen Live-Auf­trit­ten und kom­pro­miss­lo­sen Büh­nen­shows. Sie spielte im Vor­pro­gramm von Amyl and the Snif­fers auf deren Nord­ame­rika-Tour und war Sup­port der Idles im Lon­do­ner Alex­an­dra Palace. Ihr Name geht übri­gens auf einen Wein zurück. Eine Stu­die aus dem Jahr 2009 über in Super­märk­ten und Schank­wirt­schaf­ten im Nord­os­ten Eng­lands ver­kauf­ten Alko­hol ergab, dass Lam­b­rini, gemes­sen am Preis einer Ein­heit Alko­hol, der bil­ligste Alko­hol in der Kate­go­rie Wein ist. Na dann: Prost!

Lambrini Girls, Who Let The Dogs Out

Lambrini Girls

Who Let The Dogs Out

Ver­öf­fent­licht: 16. Januar 2025
Label: City Slang

Big dick energy, big dick energy
You know what mate,
stay the fuck away from me Why?
You’re really not that big

Text­aus­schnitt aus Big Dick Energy“

Das Debüt­al­bum des bri­ti­schen Punk-Duos Lam­b­rini Girls, Who Let the Dogs Out“, ist ein 29-minü­ti­ger Rund­um­schlag gegen Miso­gy­nie, Homo­pho­bie, Kapi­ta­lis­mus und all die Frus­tra­tio­nen des All­tags. Dabei bewe­gen sich Phoebe Lunny und Lilly Macieira mit ihrem Humor und einem guten Gespür für ein­gän­gige Riffs zwi­schen Riot Grrrl, Post-Punk und noi­si­gen Gitar­ren­wän­den. Ihre Wut ist ein State­ment, eine Party und ein femi­nis­ti­sches Mani­fest, das dem Patri­ar­chat den Mit­tel­fin­ger zeigt. Schon mit ihrer ers­ten Sin­gle Help Me, I’m Gay“ aus dem Jahr 2022 zeigte das Duo, wo es lang­geht: quee­rer Into-Your-Face-Riot-Grrrl-Punk mit einer guten Por­tion Iro­nie und ganz viel Spaß. In Songs wie No Homo und Filthy Rich Nepo Baby lie­fern sie bis­sige Kom­men­tare über toxi­sche Männ­lich­keit und die Absur­di­tät von Vet­tern­wirt­schaft in der Musik­in­dus­trie – und das mit einem Sound, der an die unge­schlif­fene Power von Bands wie Bikini Kill und den frü­hen Slea­ter-Kin­ney erinnert.

Rohe, ungeschliffene Energie

Die Pro­duk­tion des Albums über­nahm Daniel Fox, Bas­sist der Gilla Band, das Mixing lag bei Seth Man­ches­ter (Mdou Moc­tar, Batt­les, Model/​Actriz). Ihnen ist es gelun­gen, die rohe, unge­schlif­fene Ener­gie ein­zu­fan­gen. Beson­ders ein­drück­lich ist der Ope­ner Bad Apple“, ein Song über Poli­zei­ge­walt, der von der Ermor­dung Sarah Ever­ards durch einen Poli­zis­ten im Jahr 2021 inspi­riert wurde. Mit hoch­g­e­pitch­tem Tempo und ver­zerr­tem Bass brin­gen Lam­b­rini Girls ihre Wut über struk­tu­relle Gewalt zum Aus­druck. Min­des­tens genauso ein­dring­lich ist Not­hing Tas­tes as Good as It Feels“, in dem die bei­den Musi­ke­rin­nen über ihre Erfah­run­gen mit Ess­stö­run­gen sin­gen und sich mit der Model­in­dus­trie und deren toxi­schen Schön­heits­idea­len anle­gen. Rot­zig rech­nen sie mit den weit ver­brei­te­ten Diät­pro­duk­ten ab: Diet drinks taste like abso­lute fuck­ing shit /​Give me full fat, you fuck­ing bas­tards.“ Auch auf Big Dick Ener­gie“ gibt sich das Duo schwer ange­pisst: Why am I the one crossing the street /​Because I’m scared of the man right behind me /​Who really thinks he’s big“ – ein wüten­der Schlag gegen toxi­sche Männlichkeitsfantasien.

Punk, Wut und jede Menge Spaß

Doch so ernst die The­men sind, so viel Spaß macht das Album. Das Finale Cun­to­logy 101“ ist eine Hymne an que­ere und femi­nis­ti­sche Selbst­er­mäch­ti­gung, gespickt mit iro­ni­schen Selbst­be­schrei­bun­gen („Get­ting the­ra­pi­sed is cunty“), mit­rei­ßen­den Chants und sogar elek­tro­ni­schen Beats. Ist Who Let the Dogs Out“ nun ein wirk­lich inno­va­ti­ves Punk-Album? Nicht unbe­dingt, aber es ist ein wüten­der, lau­ter und zugleich ver­dammt spa­ßi­ger Bei­trag zur aktu­el­len bri­ti­schen Punk-Szene, die mit Bands wie Petrol Girls, Chisel oder Idles gerade ein ech­tes Revi­val erlebt. Und natür­lich: Auch die Lam­b­rini Girls lie­fern keine neuen Ant­wor­ten auf die alten Pro­bleme der Welt – aber sie machen sich laut und wütend Luft. Und laut gegen Miss­stände und Unge­rech­tig­kei­ten anzu­schreien, ist ein ers­ter Schritt, sie zu überwinden.