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caroline

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caro­line ist eine expe­ri­men­telle Post-Rock-Band aus Lon­don. Sie wird 2017 ursprüng­lich als Trio – Jas­per Lle­wel­lyn, Mike O’Malley und Cas­per Hug­hes – gegrün­det. Im Laufe der Zeit wächst die Beset­zung mit dem Trom­pe­ter und Bas­sis­ten Freddy Words­worth, den Geiger*innen Mag­da­lena McLean und Oli­ver Hamil­ton, dem Per­kus­sio­nis­ten Hugh Ayns­ley und dem Kla­ri­net­tis­ten und Saxo­pho­nis­ten Alex McKen­zie zu einem acht­köp­fi­gen Ensem­ble. Die Band kom­bi­niert Ele­mente aus Folk, Mini­mal Music, Math Rock und Ambi­ent mit kol­lek­ti­vem Song­wri­ting und einem beson­de­ren Fokus auf Klang­tex­tu­ren und Dyna­mik. Das selbst­be­ti­telte Debüt­al­bum erscheint 2022 beim renom­mier­ten Label Rough Trade. Ende Mai 2025 erscheint caro­line 2 – ein Album, das die emo­tio­nale Tiefe und klang­li­che Weite der Band noch wei­ter auslotet.

caroline, Caroline 2

caroline
Caroline 2

Ver­öf­fent­licht: 30. Mai 2025 
Label: Rough Trade


Taking it in your stride
I know that you don’t mind
Left out since that first time
Promise that you’ll be fine
Take notes on the finish line
To go, to go down

Text­aus­schnitt aus Total euphoria”

Drei Jahre nach dem gefei­er­ten Debüt folgt nun der zweite Streich: caro­line 2 erscheint am 30. Mai 2025 erneut bei Rough Trade. Die Band arbei­tete über 18 Monate hin­weg an dem Album – mit Schreib­ses­si­ons in ganz Groß­bri­tan­nien, auf­ge­nom­men vor allem in den Big Jelly Stu­dios in Rams­gate. Pro­du­ziert wurde es von den Grün­dungs­mit­glie­dern Jas­per Lle­wel­lyn, Cas­per Hug­hes und Mike O’Malley, mit tech­ni­scher Unter­stüt­zung von Syd Kemp, gemischt von Jason Agel und gemas­tert von Heba Kadry in New York.

Klassische Harmonien: Fehlanzeige

Wer beim Ope­ner Total Eupho­ria“ einen kon­ven­tio­nel­len Rock­auf­takt erwar­tet, wird rasch aus die­ser Illu­sion geris­sen. Ein klas­sisch anmu­ten­der Akkord mar­kiert den Ein­stieg – doch kurz dar­auf zer­fa­sert das Klang­bild: Gitar­ren schram­meln gegen­ein­an­der, Drums pol­tern aus dem Takt, Strei­cher flir­ren durch den Raum, Blä­ser trei­ben träge im Hin­ter­grund. Ein Sound, der sich jeder Glät­tung wider­setzt – irgendwo zwi­schen Post-Rock und dem anar­chi­schen Charme von Neu­tral Milk Hotel.

Auf falscher Fährte

Auch Track zwei, Song two“, ver­wei­gert sich klas­si­schen Song­struk­tu­ren – trotz sei­nes Titels, der an Blurs Brit­pop-Hymne den­ken lässt. Statt Mit­sing-Refrain gibt es fra­gile Vocals, sägende Gitar­ren, rum­pelnde Drums und krei­schende Gei­gen. Schmerz trifft auf Dring­lich­keit, Dis­so­nanz auf Intui­tion. Gerade die­ser irri­tie­rend-schöne Klang­tep­pich aus Avant-Folk, Kam­mer­pop, Post-Rock und purem Expe­ri­ment macht das Album so beson­ders. Die acht­köp­fige Band führt den Ansatz ihres Debüts kon­se­quent wei­ter: Songs, die mäan­dern, kol­la­bie­ren, sich neu zusam­men­set­zen. Sobald sich ein Anflug von Melo­die zeigt, schlägt der Song einen Haken – Musik nicht als Pro­dukt, son­dern als Prozess.

Ein eklektischer Soundteppich

Die Brü­che sind hör­bar: Demos, Field Recor­dings, vokale Skiz­zen – alles bleibt bewusst unge­schönt. Statt Pop­for­mel: impro­vi­sier­tes Patch­work. In Cold­play Cover“ – keine Cover­ver­sion, son­dern ein bewusst irre­füh­ren­der Titel – schei­nen zwei Teile der Band in getrenn­ten Räu­men zu spie­len. Erst das wan­dernde Mikro­fon bringt sie zusam­men. Anfangs klingt das wie ein Witz, doch dann: Hey – es funk­tio­niert.“ Jas­per Lle­wel­lyn erklärt dazu: Die­ser Song han­delt von den vie­len schein­bar inkon­gru­en­ten, dis­so­nan­ten Din­gen, die unsere Erfah­rung aus­ma­chen – wie wir sie im Bewusst­sein hal­ten und dar­aus eine kohä­rente Rea­li­tät for­men. In die­sem Fall gibt es zwei Lie­der, gespielt in Küche und Wohn­zim­mer des­sel­ben Hau­ses in Süd­ost-Lon­don. Das Mikro­fon wan­dert zwi­schen den Räumen.“

Schönheit im Chaos

Immer wie­der zer­stö­ren caro­line bewusst jeden Ansatz von Har­mo­nie – nur um dann Momente hyp­no­ti­scher Schön­heit zu erschaf­fen. Etwa in der Zusam­men­ar­beit mit der US-ame­ri­ka­ni­schen expe­ri­men­tel­len Song­wri­te­rin Caro­line Pol­a­chek: Tell Me I Never Knew That“ erhebt sich wie aus dem Nichts zu einer fast pop­pi­gen Zer­brech­lich­keit. Oder im fina­len Beau­tiful Ending“, das zart schwebt – und lang­sam im Nichts ver­klingt. caro­line 2“ ist ein radi­ka­les Cross­over, aber auch ein Ver­such, im Lärm der Gegen­wart eine gemein­same Spra­che zu fin­den. Nicht jede*r wird sie sofort ver­ste­hen – doch wer genau hin­hört, ent­deckt darin eine tiefe Schön­heit im Unfertigen.