Deradoorian

Durch­schnitt­li­che Lese­dauer 2 Minu­ten

Die US-ame­ri­ka­ni­sche Musi­ke­rin, Pro­du­zen­tin und Kom­po­nis­tin Angel Dera­doo­rian wurde am 18. Juli 1986 in Los Ange­les gebo­ren. Bekannt wurde sie als Sän­ge­rin, Gitar­ris­tin, Bas­sis­tin und Key­boar­de­rin der gefei­er­ten Indie-Rock-Band Dirty Pro­jec­tors, bevor sie 2013 eine Solo­kar­riere begann. Seit­dem hat sie sich als eine der inno­va­tivs­ten Stim­men im expe­ri­men­tel­len Pop eta­bliert. Ihre Musik bewegt sich zwi­schen psy­che­de­li­schem Rock, elek­tro­ni­scher Avant­garde, Kraut­rock und spi­ri­tu­el­lem Art-Pop. Mit Alben wie The Expan­ding Flower Pla­net“ (2015), Find the Sun“ (2020) und dem aktu­el­len Ready for Hea­ven“ (2025) zeigt sie sich als kom­pro­miss­lose Klang­künst­le­rin, die sowohl emo­tio­nal berührt als auch intel­lek­tu­ell for­dert. Neben ihrer Solo­ar­beit ist sie auch Teil des Pro­jekts Decisive Pink – zusam­men mit der rus­si­schen Avant-Pop-Musi­ke­rin Kate NV.

Deradoorian

Ready for Heaven

Ver­öf­fent­licht: 9. Mai 2025
Label: Fire Records

Found a little baby hidden underneath the dust
Waiting for a mommy to come near and give it love

Text­aus­schnitt aus Digi­tal Gravestone“

In kom­plet­ter Eigen­re­gie geschrie­ben, pro­du­ziert und arran­giert, klingt Ready for Hea­ven“ wie ein Streif­zug durch die jün­gere Pop­ge­schichte. Der eröff­nende Track Storm in My Brain“ bringt das klang­li­che Kon­zept auf den Punkt: schroffe Beats, flir­rende Syn­ths, ner­vö­ser Dub-Groove – und dar­über schwebt Dera­doo­ri­ans Stimme, suchend, trei­bend, ein­dring­lich. Die Stü­cke chan­gie­ren zwi­schen Trance, Post-Punk, Club-Ekstase und kon­tem­pla­ti­ver Ruhe. Die musi­ka­li­schen Inspi­ra­tio­nen sind viel­fäl­tig: Ent­spre­chend nennt die Künst­le­rin ihre Ein­flüsse: Sil­ver App­les, Charles Min­gus, ESG, das Dub-Duo Sly & Rob­bie oder Kraut­rock – und so wirkt das Album wie eine pul­sie­rende Col­lage aus all die­sen Zuta­ten, in der sich Gen­re­gren­zen lust­voll auflösen.

Von Disco zu Delirium

Sti­lis­tisch ist Ready for Hea­ven“ ein Kalei­do­skop. No No Yes Yes“ stampft in No-Wave-Manier Rich­tung Dance­f­loor, Reig­ning Down“ flir­tet mit tech­no­idem Space-Disco, Digi­tal Gra­ves­tone“ ist krau­ti­ger Dark-Pop mit dröh­nen­den Beats und schep­pern­der Orgel. Dazwi­schen das chao­tisch-schöne Lärm­stück Pur­ga­tory of Con­scious­ness“ oder das wun­der­bar ver­spielte Gol­den Tea­chers“. Und dann ist da Set Me Free“ – eine schwe­bende, fast hym­ni­sche Pop­bal­lade, getra­gen von einer Pro­col-Harum-arti­gen Ham­mond-Orgel und Dera­doo­ri­ans äthe­ri­scher Stimme, die engels­gleich durch Zei­len wie Angels on the altar /​Shine down on me“ glei­tet. Aber diese pop­pig-main­strea­mige Ver­schnauf­pause dau­ert etwas über vier Minu­ten, bevor das kon­trol­lierte Deli­rium der rest­li­chen Tracks wie­der einsetzt.

Ein Album voller Sehnsucht und Widerstand

Trotz aller Expe­ri­men­tier­freude wirkt das Album nie will­kür­lich. Jeder Song ent­fal­tet seine eigene kleine Klang­welt – mit eige­nem Rhyth­mus, eige­ner Logik – und doch wirkt Ready for Hea­ven“ in sich geschlos­sen. Das liegt nicht zuletzt an Dera­doo­ri­ans prä­zi­ser Pro­duk­ti­ons­ar­beit, die jedem Detail Tiefe ver­leiht und der Platte eine klare Hand­schrift gibt. Inhalt­lich krei­sen die Songs um Sehn­sucht, um spi­ri­tu­elle Suche, um ein Stre­ben nach Befrei­ung – per­sön­lich, emo­tio­nal, poli­tisch. Ich will alles. Ich kann alles haben.“ Die­ser Satz scheint über allem zu ste­hen. Und so wird aus dem Album auch eine leise Kampf­an­sage an ein Sys­tem, das Iden­ti­tä­ten über Maßen pflegt und Träume begrenzt. Die­ses Album han­delt teil­weise davon, wie sich die Mensch­lich­keit auf­löst“, sagt Dera­doo­rian. Es geht um psy­chi­sche Kämpfe und ist aus­drück­lich antikapitalistisch.“

Kunst mit Körper und Geist

Ready for Hea­ven“ ist ein kom­ple­xes und äußerst zugäng­li­ches Album – für den Club, für die Nacht, für die Kopf­hö­rer. Es groovt und for­dert, es hallt nach und zieht hin­ein. Vor allem aber: Es ist Musik, die nicht nur gehört, son­dern erlebt wer­den will – die fast zwangs­läu­fig fasziniert.