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V.A.

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Klar! 80 – Ein Kassettenlabel aus Düsseldorf 1980–1982

Zwi­schen April 1980 und Okto­ber 1982 resi­dierte auf der Aache­ner Straße in Düs­sel­dorf der von Rai­ner Rabow­ski gegrün­dete und betrie­bene Laden Klar! 80. Neben Fan­zines konnte man dort vor allem selbst pro­du­zierte, kopierte und in der damals vor­herr­schen­den Do-It-Yours­elf-Ästhe­tik designte Musik­kas­set­ten kau­fen. Das Label pro­du­zierte in die­sen zwei Jah­ren ins­ge­samt 18 Kas­set­ten und eine Schall­plat­ten-Box mit drei 12″ Vinyl EPs – alle­samt heute nur zu hohen Samm­ler­prei­sen zu haben. Nun hat der Düs­sel­dor­fer Ste­fan Schnei­der, der selbst bei den Bands Kreid­ler und To Rococo Rot mitwirkt(e), die Kom­pi­la­tion „KLAR!80 — Ein Kas­set­ten­la­bel aus Düs­sel­dorf 1980–1982“ zusam­men­ge­stellt. Er macht das nicht zum ers­ten Mal: Bereits 2017 kura­tierte er den Sam­pler „SAMMLUNG — Düs­sel­dor­fer Kas­set­ten­mu­sik 1982–1989“. Beide Kom­pi­la­ti­ons erschie­nen beim Ham­bur­ger Label Bureau B, das sich unter ande­rem der Wie­der­ver­öf­fent­li­chung von Kraut­rock und Elek­tro­ni­scher Musik ver­schrie­ben hat.

klar-80

Various Artists

Klar! 80

Ver­öf­fent­licht: 14. Juli 2023 
Label: Bureau B

In einem Traum war ich ein König
In einem Traum war ich aus Gold
In einem Traum flog ich ein wenig
Dann war der Zauber plötzlich aus

Text­aus­schnitt aus „Zau­ber” von Europa

Klar! 80 – Kas­set­ten­mu­sik 1982–1989: Wer jetzt abwinkt und denkt, Musik die­ser Zeit weckt höchs­tens Erin­ne­run­gen und hat heute keine Rele­vanz mehr, der sollte hier ein­mal genau hin­hö­ren. Sicher, der Sam­pler macht die Zeit zwi­schen dem Ende des Punks und der bevor­ste­hen­den Kom­mer­zia­li­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung des musi­ka­li­schen Under­grounds wie­der leben­dig – jene Zeit, in der man selbst für die obskurs­ten Sounds offene Ohren hatte. Aber die 13 Songs, die einen Bogen von Maschi­nen­funk über Klang­col­la­gen bis hin zu Elek­tro­nik und Jazz-Expe­ri­men­ten span­nen und sämt­li­che Gen­re­gren­zen spren­gen, neh­men bereits viel von der zukünf­ti­gen Musik­ent­wick­lung vor­weg – und ja, es ist obskure Musik, aber es ist tolle obskure Musik, die man auch heute noch gerne hört. Der wahr­schein­lich bekann­teste Inter­pret des Sam­plers ist sicher Xaõ Seff­che­que, spä­te­res Mit­glied von Family 5 und im Mai 2023 ver­stor­ben. Er ist auch gleich zwei­mal ver­tre­ten: Mit dem Track „Mir feh­len die Worte“ sei­ner Band (Xaõ Seff­che­que und der Rest), einer Art elek­tro­ni­scher Free­jazz-Dub-Num­mer, und mit der groß­ar­ti­gen Band Blässe, die 1979 in Ber­lin von dem damals 13-jäh­ri­gen Alex­an­der von Borsig, alias Alex­an­der Hacke, sowie Richard Hirsch gegrün­det wurde. Elek­tro­nisch wild geht es bei vie­len Tracks zu. „OT“ von Era­ser­head mit sei­nen wüs­ten Drums würde man heute als Ver­tre­ter des Math-Rock ver­ste­hen. Der selbst­be­ti­telte Track „Rara, Axel & Ralph“ hat den Rocka­billy-Track „Be-Bop-A-Lula“ als Grund­mo­tiv, mit einem wun­der­bar ange­jazz­ten Saxo­phon dar­über. Roter Stern Bel­grad, Band des Label­grün­ders Rai­ner Rabow­ski, steu­ert ins­ge­samt drei Tracks bei, unter ande­rem das mono­tone, rum­pe­lige „Blas Dein Knie ein“ mit jeder Menge Gefiepse und Stör­ge­räu­schen. Wei­ter sind ver­tre­ten: Strafe für Rebel­lion, Und Pilo­ten, Ralph & Ernie und P‑Projekta/G. Ranz — und weil damals alle in der Szene eng mit­ein­an­der ver­drah­tet waren, klingt alles ein wenig ähn­lich … und doch ganz anders. Mit dem schnel­len, ein­fa­chen und klei­nen Medium der Kas­sette hat damals bereits die Schneise geschla­gen, die heute Produzent*innen vor allem von elek­tro­ni­scher Musik mit dem Com­pu­ter gehen. „In einem Traum flog ich ein wenig / Dann war der Zau­ber plötz­lich aus“ wie es auf „Zau­ber“ von Europa heißt. „Klar! 80“ doku­men­tiert eine Avant­garde-Bewe­gung, die damals die Ursuppe des Düs­sel­dor­fer Under­grounds war, aber bis heute noch nach­hallt. Unbe­dingt mal rein­hö­ren — den Sam­pler gibt es als Down­load, CD, Vinyl und – natür­lich – auf Kassette!