Der britische Bestseller-Autor Nick Hornby hat einen kleinen Essayband geschrieben, in dem er Dickens und Prince gegenüberstellt.
Es liegt nicht gerade auf der Hand, in einem Buch nach Gemeinsamkeiten zwischen dem wohl bedeutendsten englischen Schriftsteller Charles Dickens und der Pop-Ikone Prince zu suchen. Allerdings verspricht ein solcher Ansatz, spannend und ungewöhnlich zu sein, zumal sich dieser Aufgabe kein geringerer als der britische Bestseller-Autor Nick Hornby widmet. Er hat diesen kleinen Essayband über zwei seiner Helden geschrieben. Spätesten seit seinem Bestseller „High Fidelity“, verfilmt mit John Cusack und Iben Hjejle, gilt er ohnehin als Musikmaniac. Nun konzentriert er sich auf Prince Roger Nelson, den wir alle nur als Prince — einen der größten Musiker des 20. Jahrhunderts — kennen und stellt ihm mit Charles Dickens einen viktorianischen Romancier gegenüber. Zwei Genies auf völlig unterschiedlichen Gebieten und aus völlig anderen Zeiten – und dennoch haben sie eine ähnliche Vita.
Kunst, Kreativität und die überraschenden Gemeinsamkeiten
Hornby untersucht die persönlichen Tragödien dieser Ausnahmetalente, vergleicht ihre Kindheit, ihren sozialen Status und ihre nahezu grenzenlose Produktivität und stößt auf eine Menge magischer Verbindungen und Gemeinsamkeiten. Und in der Tat – sie sind überraschend, verblüffend und irgendwie auch einleuchtend: beide werden sehr früh von der Mutter verlassen, wachsen in äußerst prekären Verhältnissen auf und stürzen sich schnell in ihre künstlerischen Leidenschaften. Zufälligerweise verändert sich zu ihren Lebzeiten auch grundlegend die Distribution der verwendeten Medien: So werden Dickens Romane zunächst als beliebte Serienhefte vertrieben, Prince erlangt seine weltweite Popularität nicht zuletzt über den neu gegründeten Musikvideo-Sender MTV. Später dann hadern beide mit ihrer Entlohnung und verbittern trotz ihres riesigen Erfolges. Dickens Romane werden in den USA raubkopiert und er verdient daraufhin an ausgedehnten Lesetourneen, Prince will nicht mehr der „Sklave“ seiner ausbeuterischen Plattenfirma sein und wird nunmehr durch Konzerte reich. Und so wird eine Parallele nach der anderen aufgezeigt.
Sie steckten die Welt in Flammen
Ich kenne die Vita der beiden Künstler nicht im Detail, glaube aber, dass Hornby wohl keine großen Geheimnisse enthüllt oder bisher Unveröffentlichtes preisgibt. Insofern ist die vielleicht interessanteste Beobachtung, dass beide Künstler absolut keine Perfektionisten waren. Getrieben von ihrem Schaffensdrang, kreierten sie unermüdlich Neues, ohne lange daran herumzufeilen und zu verbessern. Ihre unbändige Kreativität trieb sie immer wieder voran oder wie Hornby es ausdrückt: „Mehr oder weniger in dem Augenblick, in dem sie dem Teenageralter entwuchsen, entflammten sie beide und steckten die Welt in Brand.”
Ein bißchen viel Schwärmerei
Nick Hornby ist unumstritten ein großer Erzähler, in diesem Fall entpuppt er sich auch als Nerd, der einfach alles über die beiden weiß und sie daher bis ins kleinste Detail vergleichen kann. Und obwohl man dabei kaum Neues erfährt, gerät das Büchlein in seiner lässigen Erzählweise recht unterhaltsam und amüsant, wenn auch nicht ganz so humorvoll, wie man bei Titel und Autor annehmen könnte. Man hört allerdings auch aus jeder Zeile, dass Hornby zu sehr Fan und Verehrer beider Künstler ist, um ihre Arbeit kritisch zu durchleuchten oder zu hinterfragen. Er selbst gesteht im Buch, Fotos von beiden an der Wand seines Arbeitszimmers hängen zu haben und „Sie werden dort bleiben, solange ich sie brauche, also bis an mein Lebensende.“ Insofern hätte der kurzweiligen „Vergleichs-Show” etwas weniger Liebe zum Sujet sicherlich ganz gut getan.
Andere Meinungen:
Man folgt Hornby gerne bei seiner ziemlich exzentrischen Idee, vor allem dann, wenn er über sein eigenes künstlerisches Schaffen reflektiert und ganz persönlich wird.
Dirk Schneider, SWR Kultur, 9. Mai 2023
Nick Hornby, der Popnerd unter den Bestseller-Autoren, weiß, dass seine Helden Prince und Charles Dickens nichts verbindet — und hat gerade deshalb versucht, sie zu vergleichen.
Willi Winkler, Süddeutsche Zeitung , 13. Juli 2023