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Party Dozen

Durch­schnitt­li­che Lese­dauer 3 Minu­ten

Party Dozen ist, anders als der Name ver­mu­ten lässt, ledig­lich ein Duo bestehend aus der Saxo­pho­nis­tin Kirsty Tickle und Jona­than Bou­let an Per­cus­sion und Sam­pler. Sie grün­de­ten sich 2017 in Sydney/Australien und sind dort für ihre auf­rüt­teln­den Live­shows bekannt. Wirk­li­che Par­ty­mu­sik machen sie auch nicht. Ist es Doom, Jazz, Hard­core, No-Wave oder Indus­trial? Wie immer man es nen­nen will, auf jeden Fall sind es oft gewal­tige Noise-Bret­ter, die das Duo in sei­nem ein­zig­ar­ti­gen Set­ting raus­haut. Und obwohl sie größ­ten­teils instru­men­tal spie­len, wer­den ihre Sets von Kirs­tys Vocals unter­stri­chen, indem sie zumeist in die Glo­cke ihres Saxo­phons schreit und das Ganze zusätz­lich noch durch diverse Effekt­ge­räte jagt.

Party Dozen, Crime in Australia

Party Dozen
Crime In Australia

Ver­öf­fent­licht: 06. Sep­tem­ber 2024
Label: Tem­po­rary Residence

Crime In Aus­tra­lia — Album Review

Nach ihrer gro­ßen Welt­tour­nee lie­ßen sich Party Dozen in Mar­rick­ville nie­der und began­nen hier mit der Arbeit an „Crime In Aus­tra­lia“. Laut Per­cus­sio­nist Jona­than Bou­let war Mar­rick­ville in den 1960er-70er Jah­ren ein berüch­tig­ter kri­mi­nel­ler Hot­spot. „Wenn ein Auto gestoh­len wurde oder jemand ver­misst wurde, hat man in Mar­rick­ville nach­ge­forscht“. Mitt­ler­weile sei das Gebiet stark gen­tri­fi­ziert und von mons­trö­sen Wohn­blö­cken mit Pal­men durch­zo­gen. Inspi­riert von der Geschichte des Orts und in Anleh­nung an den Sound­track einer Kri­mi­se­rie der 1970er Jahre wid­met sich das vierte regu­läre Stu­dio-Album von Party Dozen der Kri­mi­na­li­tät, Kor­rup­tion und Ver­bre­chen ihres Hei­mat­lan­des. Ver­ste­hen kann man das Ganze nicht wirk­lich, denn wie so oft jagt Kirsty Tickle ihre dekon­stru­ier­ten Vocals durch ihr Saxo­phon und diverse Effekt­ge­räte und berei­chert so den Sound um ein laut­ma­le­ri­sches Element. 

Crime Stories

Der Eröff­nungs­track „Coup De Gronk“ spielt auf klas­si­sche, aus­tra­li­sche Ban­den­filme an, soge­nannte Ozplo­ita­tion-Filme, und mag eine Meta­pher für einen kraft­vol­len, über­ra­schen­den Coup sein. Gron­kow­ski, genannt „Gronk“, ist ein ame­ri­ka­ni­scher Foot­ball­spie­ler, der für seine phy­si­sche Spiel­weise und sei­nen humor­vol­len Cha­rak­ter bekannt ist. Der fol­gende Track „Wake In Might“ ist eine Hymne auf lie­bens­werte Anti­hel­den und bedeu­tet soviel wie „Heute läuft alles gut“. „The Big Man Ups­tairs“ erzählt von dem „Hill­billy-Dik­ta­tor“ Joh Bjelke-Peter­sen, der den aus­tra­li­schen Bun­des­staat Queens­land zwei Jahr­zehnte lang regierte — eine macht­hung­rige Regie­rung vol­ler Kor­rup­tion, die eine unver­meid­li­che explo­sive Reak­tion von Punk­rock, Akti­vis­mus und Gegen­kul­tur her­vor­rief. Das Thema Kri­mi­na­li­tät schlägt sich zumeist schon im Track­ti­tel nie­der, ob „Les Cri­mes“, „Judge Ham­mer“ oder „Bad News Department“. 

Order and Disorder

„Crime In Aus­tra­lia“ klingt wie­der mäch­tig ver­zerrt und noi­sig. Laut dem Duo ist das Album in zwei kon­tras­tie­rende Sei­ten unter­teilt: Die erste Hälfte „Order” bie­tet die „ver­dau­li­che­ren“ Songs, die zweite Hälfte „Dis­or­der“ klingt hin­ge­gen „chao­ti­scher, noi­si­ger und lau­ter” und bie­tet mehr impro­vi­sa­to­ri­sche Momente. Party Dozen nahm das Album live in einem 12 Qua­drat­me­ter gro­ßen Stu­dio in Mar­rick­ville auf und es fängt per­fekt die rohe Inten­si­tät der Live-Auf­tritte die­ses Noise-Rock-Duos ein. Wie immer erstreckt sich das DIY-Ethos des Duos auf die gesamte Pro­duk­tion, wobei Tickle und Bou­let die Auf­nahme, das Mischen und das Mas­tern selbst über­neh­men. So behiel­ten sie jeder­zeit die Hoheit über ihren Sound. „Crime In Aus­tra­lia“ ist ein kraft­vol­les und wil­des Album mit so nie gehör­ter Musik. Ich liebe diese Ozzies.

Party Dozen, The Real Work

Party Dozen
The Real Work

Ver­öf­fent­licht: 8. Juli 2022
Label: Tem­po­rary Residence

The Real Work — Album Review

„The Real Work“ klingt dann auch ganz nach har­ter, schwe­rer Arbeit. Müs­sen die bei­den doch ganz allein für eine Sound­wall sor­gen, für die gewöhn­lich eine kom­plette Combo zustän­dig ist. Gleich der Ein­stiegs­song „The Iron Boot“ bret­tert schön nach vorn, ein bedroh­li­cher, über­steu­er­ter Doom-Metal-Kra­cher, der einen auch gleich auf die fol­gen­den Tracks ein­stimmt. Beim zwei­ten Album­track „Macca The Mutt“ gibt sich ein alter Bekann­ter die Ehre: Für sei­nen kur­zen Auf­tritt am Ende des Songs kehrt Nick Cave in seine alte Bir­th­day Party-Hoch­phase zurück und bellt die Titel­zeile als Man­tra ins Mikro und lässt den „Köter namens Macca” so rich­tig los. „Fruits of Labour” gibt sich dann ruhi­ger, groovt aber gewal­tig, ist fast schon funky, beste Erin­ne­run­gen an die Via­gra Boys wer­den wach. Dane­ben gibt es auch ruhige, fast schon tran­cige Momente. In der Mitte des Albums wird es etwa mit „Early Times“ leicht spa­cig, psy­che­de­lisch, und das dann fol­gende, blue­sige „The Big Quit“ ist eben­falls weni­ger hek­tisch. Zum Ende kommt „Risk Beha­viour“, das mit düs­ter-dra­ma­ti­schen Strei­chern beginnt, sogar rich­tig jaz­zig-melan­cho­lisch daher. Die­ser Sound mit sei­ner unbe­schreib­lich vita­len, häm­mern­den Ener­gie schreit förm­lich nach einer Live-Auf­füh­rung, und ich hoffe, dass die­ses Saxo­phon-Schlag­zeug-Duo bald mal durch Deutsch­land tourt. Ich wäre dabei.