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The Jesus Lizard

Durch­schnitt­li­che Lese­dauer 3 Minu­ten

The Jesus Lizard ent­ste­hen in Aus­tin, Texas, aus den Res­ten der Band Scratch Acid, die von Sän­ger David Yow, Bas­sist David Wm. Sims und Schlag­zeu­ger Rey Washam gegrün­det wor­den war. Als sich Scratch Acid 1987 auf­lö­sen, beschlie­ßen Yow und Sims, zusam­men mit dem Gitar­ris­ten Duane Den­i­son eine neue Band zu grün­den. Anfangs tritt die Band ohne einen Live-Schlag­zeu­ger auf und ver­wen­det statt­des­sen eine Drum-Machine. Dies ändert sich jedoch, als Schlag­zeu­ger McN­eilly 1989 hin­zu­stößt und der Gruppe einen rohe­ren und orga­ni­sche­ren Klang ver­leiht. Das Quar­tett ent­wi­ckelt sich schnell zu einer der ein­fluss­reichs­ten und radi­kals­ten Bands in der Under­ground-Rock-Szene der 1990er Jahre. Sie kom­bi­nie­ren Ele­mente aus Noise-Rock, Punk und Post-Hard­core und schaf­fen so einen unver­wech­sel­ba­ren Sound, der ihnen Kult­sta­tus ein­bringt. Ihre Alben „Goat“ (1991) und „Liar“ (1992) set­zen Maß­stäbe im Under­ground-Rock. Bekannt sind auch Yows über­aus wilde Büh­nen­auf­tritte. Nach einem Major-Label-Wech­sel und Span­nun­gen lösen sie sich 1999 auf, fin­den jedoch 2008 für gefei­erte Reunion-Kon­zerte wie­der zusam­men. Am 9. und 10. Mai spie­len sie auf Ein­la­dung der Kura­to­ren The Bree­ders auf dem renom­mier­ten All Tomorrow’s Par­ties Fes­ti­val im eng­li­schen Mine­head. Par­al­lel dazu erschei­nen im Mai 2009 die Alben „Head“, „Goat“, „Liar“ und „Down“ remas­te­red im CD- und LP-For­mat auf dem alten Hei­mat­la­bel. Um das Remas­te­ring küm­mert sich kein gerin­ge­rer als Steve Albini. Im Juni 2024 erscheint mit „Hide & Seek“ der erste neue Songs seit 1998 ohne große Promo. Er kün­digt das neue Album „Rack“ an, das am 13.9.2024 auf Mike Pat­tons Label Ipe­cac erscheint.

The Jesus Lizard, Rack

The Jesus Lizard

Rock

Ver­öf­fent­licht: 13. Sep­tem­ber 2024
Label: Ipe­cac

So, as I mentioned
I’ve always wondered, what if
What if the widow was kinda crazy
What if she told him she was bored

Text­aus­schnitt aus „What if“

Wie kommt es, dass eine Band nach 26 Jah­ren plötz­lich wie­der ein Album ver­öf­fent­licht? Und wie klingt das dann? Auf die erste Frage habe ich keine Ant­wort, zur zwei­ten lässt sich sagen: Mit Ihrem sieb­ten Stu­dio­al­bum „Rack“, pro­du­ziert von Paul Allen im Stil eines Steve Albini, stei­gen The Jesus Lizard mit viel Lärm wie Phoe­nix aus der Asche und machen ohne Kom­pro­misse und Zuge­ständ­nisse da wei­ter, wo sie vor fast drei Jahr­zehn­ten auf­ge­hört haben – und immer noch in Ori­gi­nal­be­set­zung. Sie sche­ren sich kei­nen Deut um den Zeit­geist oder vor­herr­schende Trends. Dabei klingt es in keins­ter Weise nach einem bemüh­ten, lau­war­men Come­back-Ver­such. Wer auf übel­lau­ni­gen, blue­si­gen und schnör­kel­lo­sen Noi­se­r­ock steht, wird sich hier auch im Jahr 2024 wohl­füh­len. Auf ihrer Label­seite heißt es dazu: „The Jesus Lizard. They might not be young, but they will never, ever get fuck­ing old.“

Weit weg vom Mainstream

Der iko­ni­sche Sound der Band wird auch im Jahr 2024 geprägt vom kan­ti­gen, phan­ta­sie­vol­len Rif­fing des Gitar­ris­ten Duane Den­i­son und dem auf­ge­dreh­ten, hyper­ner­vö­sen Gesang von Ram­pen­sau David Yow, der auch im hohen Alter seine wüten­den Tira­den unge­bro­chen und über­zeu­gend aus­spuckt. Die Rhyth­mus-Sek­tion, bestehend aus Bas­sist David Wm. Sims und Schlag­zeu­ger Mac McN­eilly, unter­mau­ert den Sound so tadel­los trei­bend wie eh und je. Gleich der Auf­takt-Track „Hide & Seek“ erwischt einen kalt mit sei­ner wüten­den Ener­gie und knüpft naht­los an frü­here Kra­cher an. Das fol­gende „Armi­stice Day“ kommt mit einem tau­meln­den Sab­bath-Groove und jau­len­der Gitarre daher, von Trauer geprägt klagt Yow dazu: „Now the pain is retur­ning / Mrs. Gay­ton died in the snow / She was buried / On Armi­stice Day“. Nach die­sem schlep­pen­den Kla­ge­ge­sang emp­fiehlt die Band zum pum­pen­dem Bass und har­ten Drum­ming: „Coll­ect con­flic­ting view­points for your stu­pid point of view, now“, um im nächs­ten Song zu fra­gen „What if“ — ein eher ver­hal­te­ner Track mit einem träge sprech­sin­gen­den Yow. Im anschlie­ßen­den „Lord Godiva“ lärmt man wie­der voll nach vorne. Auch das zyni­sche „Alex feels sick“ beginnt mit einer abso­lut ein­gän­gi­gen Bass­line, wäh­rend der Track sich lang­sam auf­baut, bis Yow brüllt „Alexis, Alexis, Alexis“ und sich wie ein durch­ge­knall­ter Rock’n’Roller auf­führt. Es ist der viel­leicht ein­gän­gigste Track des Albums, obwohl „Fal­ling Down“ sicher der klas­si­schere Song der Band ist und „Dun­ning Kru­ger“ einige der bes­ten Riffs von Den­i­son bie­tet. „Moto®“ kommt wie­der als kra­chi­ger, chao­ti­scher Rocker daher und das vor­letzte „Is That Your Hand?“ war­tet mit gerade genug Melo­die auf, um nicht völ­lig im Chaos zu ver­sin­ken. Rack endet mit dem selt­sa­men, zer­stö­re­ri­schen „Swan The Dog“, in dem das Quar­tett noch ein­mal alle Regis­ter zieht: sau­bere ein­gän­gige Riffs, häm­mernde Drums und pum­pen­der Bass.

Nicht neu, funktioniert aber immer noch

Ok, wie oben bereits bemerkt: Das kling alles weder neu, noch beson­ders auf­re­gend, aber hier zei­gen alte Kum­pels, dass sie immer noch gerne, hef­tig und mit viel Herz­blut und Ener­gie rocken wol­len. Und das haben sie kei­nes­falls ver­lernt, inso­fern ist „Rack“ das, wor­auf die Fans lange gewar­tet haben.