Thee Headcoatees aus South East England entstanden Anfang der 1990er als weibliche Schwesterband zu den Garage-Rocker Thee Headcoats – mit Billy Childish an der Gitarre, Drummer Bruce Brand sowie Bassist Johnny ‘Tub’ Johnson. Ursprünglich als Spaßprojekt und Support-Act gedacht, entwickelten sich die vier Musikerinnen – Holly Golightly, Kyra LaRubia, Ludella Black und Bongo Debbie – schnell zu einer eigenständigen, scharfzüngigen Kraft innerhalb der britischen Lo-Fi- und Garage-Szene. Während Childish Songs schrieb und produzierte, prägten die Headcoatees die Musik mit ihrer frechen, ironischen und oft bewusst ungeschliffenen Art. Ihre Platten verbinden 60s-Girlgroup-Flair mit rumpeliger Punk-Attitüde, wobei Themen wie Geschlechterrollen, Popkultur-Klischees und Selbstbestimmung stets mit einem Augenzwinkern konterkariert werden. Zwischen 1991 und 1999 veröffentlichten Thee Headcoatees eine Reihe vielgelobter Alben, spielten ausgedehnte UK- und Europa-Touren und wurden zu Kultfiguren in der Garage-Underground-Szene. Nach ihrer Auflösung gingen die Mitglieder unterschiedliche Wege — am bekanntesten Holly Golightly, die später eine erfolgreiche Solo-Karriere startete. Bis heute stehen Thee Headcoatees für rohe Energie, DIY-Unabhängigkeit und eine unverwechselbare feminine Schlagkraft, die den Sound von Garagenpunk maßgeblich mitdefiniert hat. Wie aus dem Nichts tauchen sie im November 2025 mit 14 neuen Killer-Songs auf: Man-Trap.
Crack on the mirror of a teenage dream
Like a lost generation on l.s.d.
There’s a new kid on the block
And he’s taking my place
Walking on my grave
Textausschnitt aus „Walking on My Grave”
Mit „Man-Trap“ liefern Thee Headcoatees eines ihrer bissigsten, wildesten und zugleich eingängigsten Alben ab. Billy Childish’ weiblicher Gegenschlag zur Headcoats-Front verbindet die rohe Energie des 60s-Garagenpunks mit einem unnachahmlichen britischen Lo-Fi-Charme. Das Ergebnis sind knackige Songs, die weniger poliert, dafür umso wüster wirken.
Sounds like schmutziger Kneipenboden
„Man-Trap“ ist kein Album für Audiophile, sondern für Menschen, die Musik lieber spüren als analysieren. Die Gitarren beißen, der Bass stolpert herrlich über die Kante, die Drums scheppern blechern, und die Stimmen der vier Headcoatees – Holly Golightly, Kyra LaRubia, Ludella Black und Bongo Debbie – bilden ein sarkastisches, rotziges und unwiderstehliches Quartett. Der rumpelige Lo-Fi-Sound ist kein Fehler, sondern Stilmittel: „Man-Trap“ lebt von seiner Rohheit. Genauso klingt Garage eben.
Garage-Sound und Girl-Group-Vibe
Das Album startet mit dem Titeltrack „Man-Trap“ – kurz, knackig und typisch Headcoatees: rotzig, rau und irgendwo zwischen Garage-Sound und Girl-Group-Vibe. Der Song bringt den Spirit des Albums auf den Punkt: verspielt und ein bisschen gefährlich. „The Double Axe“ ist ein klassischer Rock’n’Roller, getragen von Holly Golightlys markanter Stimme. Ganz groß ist auch die trockene Ballade „Modern Terms of Abuse“ – lässig, bissig und perfekt passend zur Attitüde der Band: kein Glitzer, kein Überfluss, sondern ehrlicher, simpler Rock’n’Roll mit Biss.
Garagenpunk mit spitzen Zähnen
Die rotzige Interpretation des Stones-Klassikers „Paint It, Black“ hebt sich durch ihren dunklen Groove und die intensivere Stimmung ab. Das eigentliche Highlight des Albums ist jedoch eine anderes Cover: Dead Moons „Walking on My Grave“. Hier zeigen Thee Headcoatees, dass sie nicht nur rumpeln und Spaß können, sondern auch echten Tiefgang erzeugen. LaRubias raue Stimme, die durchzogenen Gitarren und der herrlich twangy Sound schaffen eine besondere Energie – einer der emotional stärksten Momente der Platte.
Ein wütender Spaß, der nie alt wird
Thee Headcoatees kalkulieren nicht mit emotionaler Tiefe – dafür sind sie zu sehr am reinen Rock’n’Roll-Impuls interessiert. Aber Haltung hat dieses Album bis zum Anschlag. Fast jeder Song ist ein ironischer Mittelfinger an männliche Selbstüberschätzung, unausgesprochene Regeln, romantische Erwartungen und die Tradition braver Frontfrauen. „Man-Trap“ ist ein Album, das gar nicht gefallen will – und tut es trotzdem: mit scharfen Kanten, ruppiger Energie und vier Frauen, die mehr Ausstrahlung haben als manche komplette Punk-Discographie. Wer Garagenrock liebt oder neu für sich entdeckt, bekommt hier einen rohen, zeitlosen und herrlich humorvollen Meilenstein.


